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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Ihre Bewegungen und ihre Stimmen störten den späten Abend. Auch die Kollegen von der Spurensicherung waren bereits da. Und alle entwickelten eine rege Geschäftigkeit.
    Sämtliche Fenster der Fabrik waren hell erleuchtet. Bert fühlte eine Gänsehaut auf den Armen. Hinter diesen Mauern erwartete ihn der Mord, der in den kommenden Tagen, Wochen, vielleicht sogar Monaten seinen Alltag beherrschen würde. Alles, was mit Berts Leben zu tun hatte, veränderte sich mit dem Auffinden eines ermordeten Menschen. Am meisten er selbst. Er atmete noch einmal tief ein und betrat das Haus.
    Die Leiche lag auf der Schwelle zwischen Wohnzimmer und Flur. Grotesk verdreht. Wie eine übergroße Puppe, vom Kind eines Riesen achtlos beiseitegeworfen. Der Kopf wies eine schwere Verletzung auf. Der Blutverlust war so stark gewesen, dass sich eine breite Lache auf dem Boden gebildet hatte.
    Bert trat näher heran. Der Tote trug eine schwarze Hose  und ein Hemd, das einmal weiß gewesen war. Jetzt war es blutgetränkt. Und in Fetzen geschnitten. Bert beugte sich vor. Er gab es rasch auf, die Einstiche zählen zu wollen. Der Oberkörper des Mannes war übersät damit.
    »Vierundzwanzig«, hörte er Doktor Haubrich hinter sich sagen. »Mit enormer Kraft zugefügt.« Die Stimme des Arztes klang beiläufig. Als gäbe es eigentlich Wichtigeres zu tun.
    Bert richtete sich auf und drehte sich um. Der Arzt hatte seine Tasche schon wieder gepackt. Er war einer von der schnellen Truppe. Fuhr an einem Tatort vor, tat seine Arbeit und verschwand. Kein Wort, keine Geste zu viel. Aber Bert warf ihm die Nüchternheit nicht vor. Sie tat ihm sogar gut.
    »Etwa zwischen zwölf und sechzehn Uhr. Die Wunde am Kopf stammt von einem massiven, stumpfen Gegenstand. Wahrscheinlich der Kerzenleuchter, den Sie im Wohnzimmer finden werden. Das Messer, das vermutlich verwendet wurde, ist unter die Heizung geschleudert worden. Ein Küchenmesser, sehr scharf. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Noch Fragen?«
    »Die Reihenfolge«, sagte Bert.
    Der Arzt sah ihn mitleidig an. »Schlag auf den Kopf, um ihn außer Gefecht zu setzen, dann die Stiche. Was eigentlich logisch ist, nicht wahr? Sie haben es mit einem Täter zu tun, um den ich Sie nicht beneide. Dieser Mord zeugt von einer unheimlichen Wut.«
    Bert nickte. Ihm war schlecht. Die Wut war überall spürbar. Sie schien im ganzen Haus zu vibrieren. Das Haus. Er würde sich jeden einzelnen Raum vornehmen müssen. An Schlaf war nicht mehr zu denken.
    »Der Täter.« Bert tastete nach seinem Notizbuch. »Reden wir hier mit Sicherheit von einem Mann?«
    »Oder von einer äußerst kräftigen Frau.«
    »Im Sinne von umfangreich?«
    »Im Sinne von stark.«
    »Danke, Doktor.«
    »Keine Ursache.«
    Doktor Haubrich war schon an der Haustür, winkte Bert noch einmal zu und verschwand.
    Bert blieb mit dem Toten zurück. Für eine Weile waren sie allein miteinander. Der stille Körper. Die riesige Wut. Das kalte, große Haus. Das düstere Zimmer.
    »Wer hat dich so gehasst, dass er dir das angetan hat?«, murmelte Bert. Er wunderte sich schon lange nicht mehr darüber, dass er die Angewohnheit hatte, Tote zu duzen. Es lag am Tod. Er stellte vom ersten Augenblick an eine intime Verbindung her zwischen Bert und dem Ermordeten.
    Bert beugte sich wieder über den Toten und betrachtete sein Gesicht. Er mochte es nicht. Und er fühlte sich schuldig deswegen. Langsam wandte er sich ab, dem Schutzpolizisten zu, der sich schon zweimal dezent geräuspert hatte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
    »Ja?«
    »Haben Sie jetzt Zeit für Herrn Gaspar? Das ist der Mann, der den Toten gefunden hat. Und dann ist auch noch einer von der Presse da.«
    Bert folgte dem Beamten nach unten. Seine Arbeit hatte begonnen.
     
    Ich konnte nicht schlafen. Mondlicht lag im Zimmer. Die Möbel standen so reglos, dass ich mir fast wünschte, sie würden sich bewegen. Ein leichter Wind ließ den Vorhang über den Boden schleifen. Ich beobachtete die Schatten an den Wänden, bis mir die Augen brannten, aber der Schlaf wollte nicht kommen.
    Schließlich stand ich auf, zog meine Jogginghose an und  ging in die Küche. Die Nacht hatte ihr alle Farbe genommen und sie fremd gemacht. Als betrachte man sie im Traum. Alles war da, doch nichts war wie sonst.
    Ich stellte mich ans Fenster und sah auf die Straße hinunter. Kein Auto, kein Mensch, nicht mal ein Vogel, der über den Gehsteig hüpfte. Die Gedanken wirbelten mir im Kopf herum. Ich war so wach,

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