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Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfried
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können. Ich achte bei der Arbeit sorgfältig darauf, dass sich unsere Hände nicht berühren. Aber offenbar hat Benny einen konzentrierten Moment und ist ganz bei der Arbeit.
    „Siehst du die Markierung da am Kesselrand? Bis dahin müssen wir mit Wasser auffüllen. Das Rad für den Wasserzulauf findest du hier …“ Ich ducke mich unter die Leitungen neben dem Kessel und zeige auf ein rotes Ventil.
    Benny nickt und grinst schon wieder, weil ich meine Jacke ausziehe. Innerlich zähle ich runter – zehn, neun, acht … Ich darf mich von ihm nicht provozieren lassen! Wortlos hole ich mir eine Schaufel, stecke einen Trichteraufsatz ins Mannloch und beginne damit, das Zeug in den Kessel zu schaufeln. Ich weiß, dass Benny mich beobachtet. Aber wirklich spannend kann es nicht sein, schließlich trage ich ja noch ein Shirt.
    „Ganz schön anstrengend, was?“, fragt er nach ein paar Minuten.
    „Nein“, gebe ich trocken zurück, obwohl mir meine Arme schon weh tun. Mit Tom habe ich mich immer abgewechselt. Und wenn ich allein war, konnte ich zwischendurch ja Pause machen. Die Blöße will ich mir jetzt jedoch nicht geben. Meine Bewegungen allerdings werden stetig langsamer.
    „Na?“, fragt Benny blöd. „Soll ich dich ablösen?“
    Ich stelle die Schaufel neben den Kessel und wische mir den Schweiß von der Stirn. Dann fahre ich den Container zurück zur Waage und sehe, dass ich schon über die Hälfte geschafft habe.
    Plötzlich tätschelt Benny mich von hinten am Bauch und will mich vom Hubwagen wegziehen.
    „Was soll der Scheiß?“, fahre ich ihn wütend an.
    „Los, lass mich weitermachen.“ Er grinst. „Das ist doch jetzt sicher mehr Sport gewesen, als du in den letzten drei Monaten getrieben hast, oder?“
    „Leck mich!“
    Benny leckt sich über die Lippen. „Jetzt sofort?“
    In meinem Kopf blitzt es vor Wut. Krampfhaft versuche ich, meine Impulse zu unterdrücken. Aber wenn ich meinen Job hier behalten will, dann muss ich wohl oder übel mit diesem Arschloch klarkommen – es sei denn …
    „Willst du eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz riskieren?“
    Benny zieht den Container zum Kessel zurück. „Du bist echt süß, wenn du so in Rage gerätst.“
    „Ich mein’s ernst!“
    „Schön, ich auch.“ Wieder leckt er sich über die Lippen. „Ich biete meine Dienste nicht jedem an. Erst recht nicht, wenn es ums Arschlecken geht. Aber bei dir …“
    Okay, mit Sex kenne ich mich ja aus, aber das ist mir gerade ein wenig zu viel der Offenheit. Ich spüre, dass ich rot werde, und schaue mich um. Das wäre die Katastrophe, wenn meine Kollegen oder Werner davon erfahren, dass der neue Werkstudent mir sexuelle Dienste anbietet.
    „Nicht rot werden!“ Er zieht sich lachend Jacke und Shirt aus.
    Es dauert einen Moment, bis ich mich aus meiner Starre löse. Benny steht jetzt tatsächlich mit nacktem Oberkörper am Kessel. Dann beginnt er zu schaufeln und das Gespräch ist wohl beendet. Für einen Augenblick habe ich wirklich gedacht, dass er auch noch die Hose fallen lässt und mir einen Ständer präsentiert. Das Schlimme daran ist, dass er nicht mal schlecht aussieht. Ohne den Kopf würde er mir aber deutlich besser gefallen. Vielleicht würde es auch genügen, ihn zu knebeln, damit er endlich die Fresse hält.
    „Na? Gefall ich dir?“
    Ich wende mich schnell ab und will schon die Kohle abwiegen, als Benny mich erinnert, dass wir ab sofort alles gemeinsam machen müssen. Also stehe ich da und schaue ihm doch beim Schaufeln zu. Komisch, bei Tom habe ich mich nie unwohl gefühlt. Bei ihm war es immer ganz normal, dass wir uns für die körperliche Arbeit freigemacht haben. Die Anlagen hier strahlen einiges an Wärme ab und beim Schaufeln muss nun wirklich keine Schutzkleidung getragen werden. Aber Tom habe ich auch nie beobachtet. Er und ich waren ein eingespieltes Team. Immer wenn der eine nicht mehr konnte, hat der andere übernommen. Und in den Verschnaufpausen haben wir die weniger anstrengenden Arbeiten erledigt, wie das Abwiegen der Aktivkohle oder Einsaugen der Säure oder Lauge. Im Sommer veranstalteten wir beim Saubermachen regelmäßig eine Wasserschlacht. Ich muss grinsen, als ich daran denke, wie Werner einmal hereinkam und Tom reflexartig das Wasser aufgedreht und ihn abgespritzt hat. Da hat der Schichtleiter gebrüllt, dass es noch drei Werkshallen weiter zu hören war, und Tom ist nur knapp an einer Abmahnung vorbeigekommen. Danach war es nicht mehr so

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