Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfried
Vom Netzwerk:
Dann wandert sein Blick tatsächlich wieder an mir runter! Zu allem Überfluss zuckt mein Schwanz zustimmend.
    „Dafür sind wir hier – zum Arbeiten.“
    „Na, das hast du aber da oben über den Dächern nicht gemacht, oder?“
    „Halt einfach die Fresse und komm mit, okay?“
    „Ich sag ja nur. Das ist sicher nicht gut, ständig mit geladener Waffe herumzulaufen. Bestimmt bist du deshalb auch immer so nervös und …“
    „Ich sag’s noch ein einziges Mal: Halt die Fresse, okay?“
    Meine Stimme klingt wohl bedrohlich genug, denn Bennys Grinsen verschwindet und er sagt tatsächlich nichts mehr.
    „Okay“, nicke ich. „Wir gehen jetzt in den Pausenraum und rechnen den Wareneinsatz aus. Hier drüben stehen die Tranchen. Hayo hat dir ja sicher erzählt, dass wir die alle paar Tage von einer anderen Produktion bekommen.“
    „Ja. Voll krass, dass das woanders Abfall ist und hier daraus wieder ein Produkt gemacht wird.“
    Ich nicke nur und gehe voran. Mich ärgert es tierisch, dass Benny offenbar gesehen hat, dass mir meine Hose momentan zu eng ist. Überhaupt ist dieser Unfall , dass er jetzt ausgerechnet hier arbeitet, absolut beschissen. Ich kann dem Kerl nicht eine Sekunde ins Gesicht sehen, ohne ihm eine reinhauen zu wollen. Ständig dieses bescheuerte Grinsen! Dass er so plötzlich in einen geschäftsmäßigen Ton umschwenkt, fuchst mich auch, obwohl es natürlich eindeutig besser ist. Aber ich ahne schon, dass vor ein paar Minuten meine anstrengendsten Semesterferien überhaupt begonnen haben.
    Im Raucherraum will Vitto gerade mit dem Rechenblatt anfangen.
    „Hey!“, halte ich ihn schnell davon ab. „Lass uns das machen. Ich muss dem Neuen zeigen, wie wir das ausrechnen.“
    „Mmh“, macht Vitto und lässt von dem Blatt ab. Genüsslich zieht er an seiner sicher hundertsten Zigarette des Tages.
    „Wir sind dann mal nebenan.“ Ich schnappe mir den Taschenrechner und den Vordruck. Kurz darauf sitzen wir im Nichtraucherzimmer und ich rechne Benny vor, wie der Wareneinsatz ermittelt wird.
    „Heute haben wir nur einen Container, also brauchen wir nur die Daten von diesem Label.“ Ich zeige Benny das Etikett, auf dem das Gewicht der Ware steht und der Wasseranteil. „Wenn wir zwei Container haben, dann müssen wir die Berechnung halt zweimal machen, logisch. Also, am Anfang rechne ich das Wasser raus, damit wir auf hundert Prozent kommen. Kannst froh sein, heute liegen wir bei über achtzig Prozent Ware, da ist das Schaufeln schön leicht. Dafür staubt’s aber ziemlich. Manchmal haben wir fast die Hälfte Feuchtigkeit, da schaufelt man sich …“
    „Bei so viel Feuchtigkeit wird man schnell feucht, verstehe“, unterbricht mich Benny und sieht mich provozierend an.
    „Wir hatten einen Deal, oder?“
    „Darf ich nicht mal zum besseren Verständnis die wichtigsten Punkte zusammenfassen?“
    Ich beiße die Zähne zusammen und fange mit der Rechnung an. Auf große Erklärungen habe ich keine Lust mehr. Soll Bumsbenny schauen, wie er zurechtkommt.
    „Hey! Was machst du denn jetzt?“
    Innerlich zähle ich bis zehn und kläre ihn kurz und knapp auf. Eigentlich sind die Rechenaufgaben absolut billig, man muss halt nur den Gedanken dahinter verstehen. Wasser rausrechnen, von der reinen Ware den Einsatz abziehen, dann wieder hochrechnen, wie viel vom vorliegenden Produkt eingesetzt werden muss. Entsprechend der Feuchtigkeit dann die Zugabe von Salzsäure und Lauge ermitteln. Die Zugabe von Wasser und Aktivkohle ist vorgegeben, da unabhängig vom Wareneinsatz. Das Ganze ist in vielen Einzelschritten über das Rechenblatt ausgebreitet, sodass man wie beim Malen nach Zahlen zum gewünschten Ergebnis geführt wird. Am Ende hat man alle Angaben fein säuberlich auf der rechten Seite stehen und kann loslegen.
    „Ich glaub, da musst du mir noch mal Nachhilfe geben, ich war in Mathe schon immer schlecht.“ Benny grinst wieder blöd.
    „Verarschen kannst du dich selbst …“
    „Willst du dabei etwa zusehen?“
    „Wobei?“ Noch während ich die Frage ausspreche, wird mir klar, dass das ein Fehler war.
    „Na, wie ich mich selbst ver arsche. “ Benny macht mit dem Mittelfinger eindeutige Bewegungen. „Kannst auch jederzeit mit einsteigen, wenn du …“
    Ich schnappe mir die Unterlagen und renne wortlos raus. Ich will nicht, dass Vitto oder einer der anderen mitbekommt, dass mich der Neue auf die Palme bringt. Wenn ich auch nur eine Sekunde gezögert hätte, ich glaube, ich hätte laut aufgeschrien und

Weitere Kostenlose Bücher