Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
Vom Netzwerk:
hier irgendwo finden würde. Wenn es stimmte, was Chessy gesagt hatte, und heute Abend tatsächlich eine Art Zusammenkunft zwischen dem König und einer Handvoll Auserwählter stattfand, würde April in diesem Gebäude die Antworten auf all ihre Fragen bekommen. Aber weshalb war alles dunkel? Das Gebäude wirkte wie eine ganz normale, über Nacht geschlossene Schule. Vielleicht hatten die Blutsauger nur geprahlt. Doch April konnte ihre Gegenwart förmlich spüren – sie wusste , dass sie hier waren. Sie wusste es einfach.
    Einen Moment lang kehrten ihre Gedanken zu Silvia zurück, zu den Dokumenten, den Fotos. Wieso hatte sie selbst so wenig Interesse an ihrer Kindheit gezeigt? Dass Silvia keine andere Wahl gehabt hatte, als ihr die Wahrheit vorzuenthalten, mochte nachvollziehbar sein, aber weshalb hatte April all die Jahre verdrängt, was sie immer gewusst haben musste? Es war, als hätte sie instinktiv geahnt, was ihre Mutter und ihr Vater taten, und einfach dasselbe getan – geschwiegen.
    »Verrückt«, flüsterte sie. Aber dies war nur eine Frage, auf die sie später noch eine Antwort würde finden müssen. Jetzt galt es erst einmal, Gabriel aufzustöbern. Das war das Einzige, was zählte.
    In diesem Moment erhellten Scheinwerfer eines Wagens die Dunkelheit. Eilig zog April sich tiefer in die Schatten zurück. Sie sah zu, wie ein schwarzer Mercedes in die Einfahrt bog und zwei Männer in Anzügen ausstiegen – sie hörte ihre Stimmen und ihr Gelächter, als wären sie unterwegs zu einer Party. Die Eingangstür wurde geöffnet, und für einen kurzen Moment war die Treppe in gelbliches Licht getaucht.
    Tja, immerhin weiß ich jetzt, dass dort drin irgendetwas vor sich geht, dachte sie und holte tief Luft .
    Sie schlüpfte durch das Schultor und pirschte rechts um das Gebäude herum, in der Hoffnung, dass niemand aus dem Fenster sah. Aber weshalb sollte jemand das tun? Wenn sich in Ravenwood tatsächlich die Vampirversion einer Massenkundgebung abspielte, waren gewiss sämtliche Blicke auf die Bühne, auf den Thron gerichtet – oder worauf der König auch immer Hof halten mochte.
    Der König der Vampire . April blieb stehen, eine Hand auf den Mund gepresst. Wie um alles in der Welt hatte ihr das entgehen können? Andererseits hatte sie noch nicht einmal mitbekommen, dass ihre eigene Mutter eine verdammte Vampirin war, oder? Wenn sich ihr Verstand geweigert hatte, diese Tatsache zu erkennen, war es nur logisch, dass sich der König unmittelbar vor ihrer Nase hatte aufhalten können, obwohl sie so lange nach ihm gesucht hatte. April schüttelte den Kopf. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Gedanken sie lähmten, sonst war Gabriel endgültig verloren.
    Am Ende der Turnhalle blieb sie stehen und spähte um die Ecke. Das Hockeyfeld auf der rückwärtigen Seite des Gebäudes war in helles Licht getaucht, das aus den Fenstern der Aula drang. Hier findet also die Party statt , dachte sie. Sie würde es unmöglich schaffen, an den Fenstern vorbeizukommen, außerdem musste sie ohnehin ins Gebäude gelangen. Deshalb machte sie kehrt und ging ein paar Stufen zu einem Seiteneingang hinunter, den sie sonst benutzte, wenn sie mit Caro zu ihrer Lieblingsbank ging. Als sie das letzte Mal hier gesessen hatten, war alles noch blanke Theorie gewesen, ein Detektivspiel. Doch nun war tödlicher Ernst daraus geworden.
    »Hast du Feuer?«
    April duckte sich hinter einen Busch, als zwei Männer heraustraten. Eilig flüchtete sie hinter einen Strauch. Bitte, lieber Gott, mach, dass sie mich nicht gesehen haben , dachte April und wagte kaum zu atmen. Die beiden standen rauchend am Fuß der Treppe. April stieg der Geruch nach Tabak in die Nase: Zigarren. Typisch, dachte sie. Sie hasste Zigarren, weil ihr davon immer übel wurde. Sie presste sich die Hand auf den Mund – nicht gerade der perfekte Zeitpunkt für einen Hustenanfall.
    »Und was unternehmen wir wegen der anderen königlichen Familie?«, fragte der eine Mann. Er hatte eine hohe Stimme, und April konnte ihn nur mit Mühe ausmachen; er war groß und dünn.
    Der andere lachte. »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte er. April fiel auf, dass er einen ausgeprägten schottischen Akzent hatte. »Vielleicht schlage ich mich ja auf ihre Seite. Die Alternative würde ihnen bestimmt nicht gefallen.«
    »Apropos – wir sollten lieber wieder reingehen. Schließlich wollen wir nicht, dass man uns vermisst.«
    Sie warfen ihre Zigarren ins Gebüsch und verschwanden, während April

Weitere Kostenlose Bücher