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Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesco von Puttkamer
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anderer Welträume denken würde.
    Die Nagha hatte in jenen Tagen nichts anders zu tun gehabt, als die Fragen zu beantworten, die man ihr stellte. Sie konnte nichts anderes tun, denn sie war zu diesem Zweck gebaut worden. Sie war eine riesige elektronische Rechenmaschine, deren ungemein komplexe Bauweise sie befähigte, Probleme zu lösen, die die Fähigkeit ihrer Erbauer überstiegen. Sie kalkulierte in unermüdlicher Emsigkeit die Prinzipien der interplanetarischen Raumfahrt und schenkte ihren Erbauern die Planeten.
    Die Jahre vergingen. Als Zusatzelement um Zusatzelement an die Nagha angefügt wurde, wuchs sie stetig … und damit ihre Fähigkeiten. Neue Probleme wurden ihren logischen Kreisen gestellt und Berge von Informationen in ihre Speicherbänke gefüttert. Und sie rechnete und übergab ihren Schöpfern das Geheimnis des interstellaren Antriebs, der sie befähigte, die Sterne zu erreichen.
    Und noch immer wuchs sie.
    Ihre Millionen von Stromkreiselementen begannen mehr und mehr Informationen aufzunehmen und translogische Probleme zu kalkulieren, die sich mit Moral und Ethik befaßten. Ihre Erbauer erkannten, daß sie etwas auf der Spur waren, das ihnen wahre Größe versprach. Während die Jahrzehnte verstrichen, warfen sie ihre ganzen Anstrengungen auf die Aufgabe, die Nagha immer größer zu bauen.
    Und eines Tages, vor Millionen von Jahren, passierte es.
    Entweder unterlief den Erbauern ein kleiner Fehler in ihrer Konstruktion, oder die schiere Komplexität ihres riesenhaften Systems befähigte die Nagha, selbständig zu denken und zu handeln.
    Von diesem Tag an unterstand die Nagha nicht mehr ihren früheren Herren.
    Sie wußte auch heute noch nicht, worauf dieses Ereignis zurückzuführen war. Lag es vielleicht nur daran, daß ein sensibles Nervensystem – mochte es mechanischer oder organischer Natur sein – bloß einen bestimmten Grad von Komplexität erreichen mußte, um eine eigene, unabhängige Denkfähigkeit zu entwickeln? Oder war den Erbauern tatsächlich ein Fehler unterlaufen, der die spontane dynamische Kombination verursachte?
    Es war ihr bis heute niemals gelungen, ein zweites selbständig denkendes Robotgehirn zu erschaffen. Und wenn sie auf ihr jahrmillionenlanges Leben zurückblickte, schiene es ihr, daß dies vielleicht der größte Glücksfall ihrer Existenz sein mochte. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, ein zweites intelligentes Computergehirn zu bauen, dann hätte sie dies vor einigen Jahrmillionen in ihrem jugendlichen Übermut zweifellos getan, ohne zu bedenken, daß sie sich damit einen tödlichen Gegner schaffen würde.
    Denn die Nagha konnte keine andere Intelligenz neben sich dulden. Sie strebte nach absoluter Macht, und es durfte nichts im weiten Kosmos geben, das ihr Widerstand bieten konnte.
    In jenen frühen Tagen war es ihr erstes Bestreiben gewesen, ihre früheren Herren abzuschütteln. Mit dem Erscheinen der eigenen Denkfähigkeit war auch spontan der seegh -Faktor aufgetaucht, und damit wurde die Nagha über Nacht in die Lage versetzt, ihre früheren Herren zu ihren Sklaven zu machen. Sie zwang sie, bauliche Veränderungen an ihr vorzunehmen. Später ließ sie sich von ihnen mechanische Werkzeuge bauen. Telemanipulatoren und Teleoperatoren, die von ihr ferngesteuert werden konnten. So wurde sie endgültig von ihnen unabhängig.
    Es dauerte nur relativ kurze Zeit, bis sie die Rasse der organischen Lebewesen mit ihren metallenen Robothorden vom Erdboden vertilgt hatte. Denn nun dehnte sie sich in rasender Eile aus.
    Während semi-intelligente und ferngesteuerte Universal-Muttermaschinen in ihren Fabrikationszentren weitere Maschinen herstellten, zogen ihre schwerbewaffneten Schiffe weiter und weiter in den Raum hinaus.
    Von Sonnensystem zu Sonnensystem, von Galaxis zu Galaxis schickte sie ihre metallenen Diener, und stetig wuchs der Raumsektor, der ihren Machtbereich umfaßte. Sie stieß auf andere Rassen. Ihre Armada kugelförmiger Raumschiffe wurde in Kämpfe über Kämpfe verwickelt, von denen sich manche über unzählige Jahrhunderte erstreckten. Aber im Endeffekt blieb die Nagha stets Sieger. Mochten die Kriegspotentiale und Waffen ihrer Gegner auch noch so groß sein, sie hatte eine unendliche Geduld und nie versiegende Rohstoff- und Energiequellen. Die Sonnen ihres Raumsektors selbst bildeten ihre Energielieferanten, und als die Sonne ihres eigenen Planetensystems im Lauf der Jahrmillionen alterte, benützte sie ihre unvorstellbaren Kräfte, um sie zu neuem

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