Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
keine
Kraftausdrücke.“
    „Ich wollte doch nur sagen:
Ausgerechnet auf meinem Fahrradsattel haben sie Geschäfte gemacht.“
    Unschuldsvoll blinzelte
Klößchen in die Mittagssonne. Lachend gab Gaby ihm ein Papiertaschentuch.
    „Danke!“ sagte Klößchen. „Aber
ich bin nicht erkältet.“
    „Du sollst dir nicht die Nase
putzen, sondern den Fahrradsitz säubern.“
    „Gute Idee!“
    Er tat’s, wollte das schmutzige
Tuch unauffällig fallen lassen, fing Gabys mahnenden Blick auf, seufzte tief
und brachte es zum Abfallkorb.
    Tarzan saß bereits im Sattel,
hatte beide Füße auf den Pedalen, fuhr aber nicht, sondern hielt mit
ausgestreckten Armen wie ein Seiltänzer das Gleichgewicht.
    „Wir können los“, meinte Karl. „Oder
strebst du einen Rekord im Rad-Balancieren an?“
    „Ich wollte nur mal sehen, ob
meine Ohren in Ordnung sind“, lachte Tarzan.
    „Deine Ohren?“ fragte Klößchen.
    „Klar. Wußtest du nicht, daß
der Gleichgewichtssinn in den Ohren liegt?“
    „Bei mir liegt er mehr hier.“
Klößchen klatschte auf seinen „Schokoladen-Friedhof.“
    Gemütlich fuhren sie durch die
Stadt, kreuz und quer, ohne festes Ziel.
    Oskar lief neben Gabys Rad an
der Leine, wechselte zwischen Trab und ulkigen Galoppsprüngen und schien sehr
zufrieden.
    Sie kamen in einen Außenbezirk,
wo der Schlachthof war. In kleinen, wenig ansehnlichen Grundstücken standen
passende Häuser: auch sie klein und unansehnlich.
    Die Straßen waren nahezu leer.
Dösige Mittagsstille lag über der Gegend.
    Als sie in eine langgestreckte
Straße einbiegen wollten, mußten sie einem Wagen die Vorfahrt überlassen.
    Der Fahrer hatte sich übers
Lenkrad gebeugt.
    Tarzans Blick streifte die
verbiestert-grimmige Miene. Der Mensch schien entschlossen, irgendwem die
Meinung zu geigen.
    „Das war Kommissar Reichart“,
rief Gaby.
    Sie deutete dem Wagen nach,
obschon niemand anders in Frage kam.
    „Ob der sich ärgert, daß er
Ankes Vater gehen lassen mußte“, meinte Karl. Auch ihm war die unwirsche Miene
aufgefallen.
    „Nein!“ widersprach Gaby. „Der
bestimmt nicht. Er kann sich irren. Aber er ist ein sehr befähigter
Kriminalbeamter. Mein Papi hat mal gesagt: Wenn’s um die Wahrheit geht, macht
Reichart Überstunden.“
    „Finde ich gut“, sagte Tarzan.
„Aber wie ich deinen Vater kenne, Pfote, arbeitet er die Nächte durch — wenn’s
um Wahrheit und Gerechtigkeit geht.“
    Gaby war ganz entzückt von dem
Lob. Sie sagte zwar nichts, wurde aber rot vor Freude.
    Sie strampelten weiter.
    Tarzan beobachtete den Wagen.
    Er hielt weit vorn, am Ende der
Straße. Reichart stieg aus, betrat eins der Grundstücke und verschwand —
nachdem er sich offenbar an der Tür bemerkbar gemacht hatte — in dem kleinen
Einfamilienhaus.
    Die TKKG-Bande radelte heran.
    Vor dem betreffenden Haus
zweigte rechter Hand eine lange, sandige Gasse ab. Sie führte nach etwa 200
Metern auf eine parallel verlaufende Straße, die noch stiller und verkehrsärmer
zu sein schien als diese hier.
    Hinter dem Einfamilienhaus
erstreckte sich ein handtuchschmaler Garten — bis zur Parallelstraße. Die
Bezeichnung Garten verdiente dies Fleckchen Erde kaum, obwohl es umzäunt war.
Ein paar kahle Stachelbeerbüsche kränkelten vor sich hin. Drei verwitterte
Wäschepfähle standen nutzlos herum. Der vierte war umgeknickt, aber sicherlich
schon vor langer Zeit. Stoppeliger Rasen bildete hier und da eine Insel. Aber
selbst dort sah er aus wie ein geflickter Teppich. Das war alles.
    Das Haus wirkte, als bestünde
Einsturzgefahr.
    Als die vier Freunde vorbei
fuhren, spähten Tarzans scharfe Augen zu dem Schild an der Pforte.
    G. PRIEWE — las er und hielt
ruckartig an.
    „Freunde! Der Reichart ist bei
dem zweiten Verdächtigen, von dem Anke erzählt hat. Dieser Gert Priewe blieb ja
nur auf freiem Fuß, weil ihm jemand das Alibi...“
    Weiter kam er nicht.
    Klirrend zerbarst an der Rückseite
des Hauses eine Scheibe. Eine Tür schlug gegen die Wand, daß es krachte.
    „Stehenbleiben!“ brüllte eine
Männerstimme. „Polizei! Stehenbleiben! Oder...“
    Tarzan fuhr die engste Kurve,
die ihm jemals gelungen war. Schon nach wenigen Metern konnte er am Haus vorbei
sehen.
    Zwei Typen rannten, als säße
ihnen der Teufel im Nacken.
    Es mußten Priewe und dessen
Komplice sein. Mit Jeans und Pullover waren sie nahezu gleich gekleidet.
    Was das Zeug hielt, wetzten sie
durch den Garten, zur Parallelstraße hin.

    Reichart humpelte einige
Schritte hinterher. Schneller

Weitere Kostenlose Bücher