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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nicht den Blödmann, du
Weihnachtsmann!“ Karpf riskierte nach eigenem Vortrag ein Jahr Gefängnis. Aber das
schien ihn nicht zu kratzen. „Es geht um den Besitz meiner Vorfahren. Er steht
mir zu. Aber die Kirche gibt ihn nicht her. Eben habt ihr ihn gesehen, den
Dieb. Der weiß, was sie wert sind, meine Holzheiligen. Deshalb! Aber... hähäh!
... Das Blättchen wendet sich. Der Pope denkt, meine Möglichkeiten wären
erschöpft. Irrtum, Herr Pfarrer! Schon am nächsten Sonntag werden Sie in einem
ziemlich karg möblierten Gotteshaus den Gläubigen erklären müssen, wieso die
Wände plötzlich so kahl sind. Hähäh!“
    Den hat’s aber erwischt! dachte
Klößchen. Völlig plemplem!
    ...nächsten Sonntag! notierte
Karl auf seinem Block. Es wurde dreimal unterstrichen.
    Aber zufriedenstellend war das
nicht.
    Sechs Nächte hatte die Woche
noch.
    Damit war völlig offen, wann
die Herren Malowitz und Gerlich die schöne Wallfahrtskirche heimsuchen würden.
Der radelnde Pfarrer hatte Karpf die Laune verdorben. „Wollt ihr noch was
wissen?“ blaffte er die Jungen an. „Nein? Gut! Ist sowieso alles gesagt. Wenn
noch Fragen sind, kommt wieder. Aber nicht diese Woche! Ende der Durchsage!
Raus.“
    Eiligst stolperten die beiden
ins Freie. Hatten sie doch das Gefühl, er werde gleich mit harten Gegenständen
nach ihnen werfen.
    Als sie fast bei den Rädern
waren, rief Karl zurück: „Und vielen Dank! War sehr interessant!“
    Mit ungewöhnlichem Tempo hopste
Klößchen in den Sattel.
    Sie fuhren außer Hörweite.
    Keuchend meinte Klößchen: „Der
hat ja nicht alle Tassen im Schrank, dieser Dreckskerl, Giftzwerg, Halunke und
Knallkopf! Auch das sind beliebte deutsche Schimpfwörter. Stimmt’s oder habe
ich recht?“
    „Beides!“ rief Karl. „Verflucht
und zugenäht!“

14. Kein feiner Graf
     
    Tarzan kannte Neuettering. Mit
seinen Freunden vom TKKG war er auf weiten Ausflügen schon häufig durch das Dorf
geradelt. Das Schloß hatten sie bisher nur aus der Ferne gesehen.
    Er überholte einen Traktor, der
die Landstraße entlang tuckerte. In den Chausseebäumen saßen tschilpende
Sperlinge. Die Sonne brannte warm auf den Rücken.
    Die Straße gabelte sich. In Richtung
Schloß stieg sie an. Es lag auf einem kegelartigen, bewaldeten Hügel.
Falkensteins Vorfahren hatten gewußt, was sie taten, als sie ihren Stammsitz
dort oben errichteten. Weit reichte der Blick ins Land. Was sich ringsum in den
Dörfern tat, war den gräflichen Altvorderen bestimmt nicht entgangen.
    Im Wiegeschritt fuhr Tarzan die
kurvenreiche Straße durch den Wald hinauf. Am Pullover trug er ein ansteckbares
Plastikschild mit dem Aufdruck PRESSE. Den Jux machte er sich. Daß das Schild
irgendwo im finstersten Winkel einer Schublade lag, war ihm gerade noch
eingefallen. Ein Reporter vom TAGEBLATT, einer der städtischen Zeitungen, hatte
es ihm anläßlich einer Sportveranstaltung geschenkt.
    Das Schloß lag auf einem — nach
allen Seiten steil abfallenden — Plateau ( Hochebene ). Es war u-förmig
angelegt und architektonisch eher langweilig. Die Seitenflügel umschlossen
einen kopfsteinpflaster-buckligen Hof, der für Tarzans hart gefedertes Rennrad
eine Zumutung war.
    Er stieg ab, wischte mit dem
Ärmel über das Presseschild, schob sein Rad zum Haupteingang und lehnte es an
einen Steinpfeiler mit eisernem Ring.
    Ehedem hatte man hier
sicherlich Pferde angebunden, wenn die gräflichen Herrschaften ausgeritten
waren.
    Jetzt standen ein
lehmbespritzter Range Rover und ein Mini bereit.
    Tarzan nahm seine lederne
Umhängetasche vom Gepäckträger und stieg die fünf Stufen einer breiten Treppe
hinauf.
    Durch das offene Portal blickte
er in eine Halle mit abgelatschten Dielen. Türen zweigten ab. Im Hintergrund
führte eine pompöse Freitreppe aufwärts.
    Irgendwo sprach eine Frau. Sie
schien zu telefonieren. Denn außer ihr war niemand zu hören.
    „...doch, doch! Hubi macht das
schon. Ja, er ist da. Wann kommt ihr? Gegen vier. Ist ja sonnig von euch! Aber
natürlich bleibt ihr über Nacht. Die Gästezimmer sind fertig. Nein, jetzt ist
er beschäftigt. Der Reporter einer Schülerzeitung hat sich angemeldet. Servus,
meine Lieben! Bis daaahaaan!“
    Sicherlich nimmt sie
Gesangsunterricht, dachte Tarzan.
    Er trat ein und räusperte sich.
    Die Frau kam aus der zweiten
Tür links.
    Sie war noch ziemlich jung und
sah keß aus in ihrem grünen Trachtenkostüm. Das silberblonde Haar war
hochgesteckt, das Gesicht mondän.
    Eine Dame von Welt,

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