Der schlaue Pate
Regisseure, Originaldrehbücher und so. Auch neue. Er hat nicht ein Wort über Film verloren.«
»Nun ja, über seine, hm, Hobbys haben wir nicht gesprochen«, sagte Rind.
Desirée wandte sich an Ollie. »Hört ein Filmbesessener, der sich weiter englische Spezialbücher kauft, mit so was auf, nur weil er kein berühmter Regisseur geworden ist?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Der würde sich immer das neuste Equipment zulegen.«
»Oder würde er alte Filme seiner Traumfrau wegschmeißen?«, fragte sie in die Runde.
Andreas räusperte sich ungemütlich. »Bei der polizeilichen Durchsuchung wurden weder Filme noch irgendwelches Equipment gefunden.«
»Und im ganzen Haus gibt es nur einen alten Fernseher mit kleinem Bildschirm, nachlässig in eine Ecke im Bücherregal gequetscht, man muss einen Stuhl rumdrehen, um fernsehen zu können. Nicht einmal einen alten Videorekorder, erst recht keinen DVD -Player.« Desirée lehnte sich zurück. »Das gab es alles nur im jetzt leer geräumten Zimmer des Stiefsohns. Der hatte einen Flachbildfernseher.«
Prinz hatte seine Tochter nicht aus den Augen gelassen. »Du meinst, er hat noch irgendwo Räumlichkeiten, wo er alle seine Filme und das entsprechende Gerät aufbewahrt. Er macht immer noch Filme und sieht sie sich immer wieder an.« Es war keine Frage. »Im Haus war so etwas nicht zu finden. Es gab auch keine verschlossene Tür zu irgendwelchen Räumen, die wir nicht betreten konnten. Wenn es irgendwo anders ist, kommt er mit der Fußfessel jetzt nicht hin.«
Rind schüttelte energisch den Kopf. »Ein solcher Stress hätte Symptome ausgelöst, die mir nicht entgangen wären, verlassen Sie sich darauf!«
Alle schwiegen und sahen woandershin, während Rind seinen zweiten Ausbruch kurz hintereinander abkühlte.
Schließlich meinte Ingrid: »Desirée, mein Gefühl sagt mir, dass du auf dem Holzweg bist.«
»Ich habe ihn genau beobachtet«, sagte Prinz, »als Karras und diese Psychologin ihn gestern in die Mangel nahmen. Nicht mal ich hätte so lange so cool bleiben können, und als er endlich explodierte, war das glaubwürdig.«
»Dem kann ich nur zustimmen«, bekräftigte Rind. »Auch sein Verhalten, als ich heute Morgen bei ihm war. Er ist erschüttert über diesen Verdacht, natürlich, aber nicht, weil er befürchtet, man könnte ihm, nun, hm, auf die Schliche gekommen sein.«
»Na schön«, beendete Prinz das Thema. »Wir alle sehen ihn uns noch mal ganz genau an. Sollte Desirées Verdacht sich irgendwie erhärten, nehmen wir ihn selber in die Mangel und stellen sein Haus auf den Kopf. Jetzt zu Karras.«
Desirée sah alle der Reihe nach an. Prinz hatte ein völlig ausdrucksloses Gesicht. Ingrid und Andreas sahen weg. Rind schien stumm wütend auf sie zu sein. Nur Ollie nickte ihr aufmunternd zu. Sie atmete aus, zuckte die Schultern und räusperte sich.
»Wie ihr wollt. Karras und diese Dr. Bläsius.« Sie blätterte in dem Ordner. »Sie sind beide fünfundvierzig Jahre alt und stammen aus Erlangen.«
»Wissenswertes über Erlangen.« Prinz grinste sie an.
»Was?«, fragte sie irritiert.
»Äh, nichts.« So hieß ein Neue-Deutsche-Welle-Song aus seiner Jugend, den sie nicht kennen konnte. »Du machst das super, Desirée. Lass dich nicht ablenken.«
Sie nickte. Er wollte ihr sagen, es hat nichts zu bedeuten, wenn wir alle mal nicht deiner Meinung sind.
»Okay. Ich hatte gestern den Eindruck, dass sie ihn anhimmelt. Sie sind beide nicht bei Facebook oder StayFriends und selbstverständlich twittern sie nicht, aber es könnte sein, dass sie sich irgendwann bei Wer-kennt-wen wiedergefunden haben. Sie gingen auf dasselbe Gymnasium, in Parallelklassen. Sachen über die Frau rauszufinden ist leicht, der irre Name muss einzigartig sein. Ich hab im Netz alle möglichen Tagungen gefunden, an denen sie teilgenommen oder sogar Vorträge gehalten hat, und sie hat ihre eigene Website mit Lebenslauf. Hat in München studiert, ist jetzt dort Paartherapeutin, offenbar eine gute, wohnt auch da. Zum zweiten Mal verheiratet, ein Sohn aus erster Ehe, eine Tochter aus der jetzigen, hat den Mädchennamen behalten. Wenn ich so heißen würde, würde ich den Namen von dem ersten Kerl annehmen, der mich heiraten will. Anscheinend Ibsen-Fan, die Kinder heißen Nora und Hendrik. Der zweite Mann ist auch Paartherapeut, sie haben eine gemeinsame Praxis. Keinerlei Hinweis, dass sie schon mal für die Polizei oder das BKA gearbeitet hat. Ich glaube, das ist eine
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