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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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Bosch nickte kaum merklich.
    »Bitte kommen Sie doch alle herein.« Ingrid geleitete den Trupp in das Fachwerkhaus, das sie selbst bewohnte. In ihrem großzügigen Wohnzimmer bat sie, Platz zu nehmen, und fragte nach Wünschen. Nur Miriam Bosch sagte zum ersten Mal etwas und bat leise um ein Glas Wasser. Sie legte den Mantel nicht ab, schlug nicht einmal die Kapuze zurück. Desirée holte das Wasser.
    »Wir haben«, sagte der weibliche Lieutenant mit reizendem Akzent, »einen Fall   plus   gefunden, bei uns in Frankreich, Colmar in   Alsace .«
    »Claudine Henz«, bestätigte die Oberkommissarin des   BKA . »Dreiundvierzig Jahre alt, zwei Kinder, Altenpflegerin auf der anderen Rheinseite in Deutschland. Vor drei Jahren als vermisst gemeldet von ihrem Mann.«
    Sie holte ein Foto heraus.
    »Wieder ein dunkler Typ«, kommentierte Dr.   Bläsius und gab es weiter. »Hat tatsächlich ein bisschen Ähnlichkeit mit Audrey Hepburn, finden Sie nicht?«
    »Dazu müsste man vielleicht etwas Phantasie aufbringen«, meinte Ingrid, »aber ganz absurd ist es nicht.« Sie gab das Foto der Oberkommissarin zurück.
    »Gab es einen Brief?«, fragte Professor Rind.
    »Ja, auf Deutsch«, bestätigte die Oberkommissarin.
    »Monsieur Henz kann Deutsch wie die meisten   Alsaciens «, bemerkte der weibliche Lieutenant, »aber eigentlich wird in der   famille   französisch gesprochen.«
    »Ich möchte es hinter mir haben«, hauchte Miriam Bosch kaum vernehmbar.
    »Also, wie soll es ablaufen?«, wollte der Vernehmungsspezialist wissen.
    »Frau Bosch könnte sich mit Herrn Bosch an dieses Fenster zum Innenhof stellen«, übernahm Ingrid. »Sie, Herr Hauptkommissar, können an ihre andere Seite treten. Was die Damen und Herren des   BKA   und der französischen Polizei tun, weiß ich nicht. Wir anderen sind verständlicherweise furchtbar gespannt, aber wir verlassen den Raum, wenn Sie es wünschen, Frau Bosch.«
    »Zivilpersonen sind nicht –«, begann der Hauptkommissar.
    »Es ist doch sowieso inoffiziell«, unterbrach ihn Dr.   Bläsius. »Ich bleibe auf jeden Fall hier.«
    »Bitte bleiben Sie alle«, hauchte Miriam Bosch. »Viele Leute hinter mir, wenn vielleicht   er   vor mir steht.«
    Der Hauptkommissar tauschte einen Blick mit Dr.   Bläsius, sah seine Leute an und hob die Schultern.
    »Und weiter?«
    »Wenn alles bereit ist, mache ich einen Anruf. Wenige Minuten später kommt ein weißer Sprinter. Von der Ladefläche steigen fünf Männer. Sie alle tragen eine blaue Arbeitsjacke für Landarbeiter. Das«, fügte sie entschuldigend hinzu, »ist leider das einzige identische Kleidungsstück, das hier in ausreichender Zahl und verschiedenen Größen auf die Schnelle zu finden war.«
    »Reicht völlig. Und dann?«
    »Nun, ich würde sagen, ab dann ist es Ihre Angelegenheit. Ich weiß nicht, was dann geschehen soll.«
    »Sehr gut.« Der Hauptkommissar gab ein paar Anweisungen an die   BKA -Leute. »Machen Sie diesen Anruf.«
    Als der Sprinter auf den Hof rollte, setzte Miriam Bosch eine große Sonnenbrille auf. Die Oberkommissarin, die neben dem Hauptkommissar am Fenster mit dem Rücken an der Wand lehnte, zog und entsicherte ihre Dienstwaffe, hielt sie beidhändig hoch und blickte nach links, das Profil des Hauptkommissars an, der ein Funkgerät in der Hand hielt. Miriam Boschs Mann hatte den Arm um seine Frau gelegt.
    Die übrigen Polizisten standen alle um den Hof verteilt. Einer hatte ebenfalls ein Funkgerät, die übrigen zogen und entsicherten ihre Dienstwaffen, hielten sie aber hinter dem Rücken verborgen.
    Desirée, Ingrid, Professor Rind und Dr.   Bläsius hatten ihre Sessel zum Fenster gedreht und gaben keinen Mucks von sich.
    Jörg stieg aus, ging nach hinten, öffnete die Hecktüren. Zuerst stieg Andreas von der Ladefläche, dann Ollie, gefolgt von Karras und Baginski, Prinz war der Letzte. Sie stellten sich mit den Gesichtern zu dem Fenster nebeneinander auf, sahen aber nicht direkt hin.
    »Lassen Sie sich alle Zeit der Welt«, sagte der Hauptkommissar leise.
    Mehr als eine Minute verging, bis Miriam Bosch, lauter und mit kräftigerer Stimme als zuvor, selbst für das Publikum hinter ihr verständlich sagte: »Der große Dickliche ganz rechts auf keinen Fall, der kleine Dünne links auch nicht. Der Zweite von rechts … nein. Die beiden anderen in der Mitte … Sie haben beide die richtige Größe. Auch … auch ungefähr die Statur. Die Haare sind bei beiden völlig anders. Ich … sie müssten … ich …

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