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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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Krähfuß, der auf mich zusteuerte.
    »Na, halten Sie auch die Zivilisation aufrecht?«, sagte er, gab dem Regierungspräsidenten Feuer und steckte sich eine an.
    »Eigentlich ist das mein Spruch«, sagte ich.
    Tatsächlich hatte er ihn von mir. Die meisten Ärzte, die ich kannte, waren bemerkenswert unbesorgt um ihre Gesundheit. Der Artikel über den Mann, der Evita nicht retten konnte, hatte ihm gut gefallen.
    Andreas kam aus der Tür, zündete sich einen seiner Zigarillos an, blies Rauch in die Höhe und blickte zu mir. Dann nickte er zu Krähfuß, der mit dem Rücken zu ihm stand.
    Ach so. Der weißhaarige Typ war nirgends zu sehen, möglicherweise hielten ihn die anderen drinnen irgendwie auf. Na, bitte sehr.
    »Kennen Sie eigentlich Andreas Viehmann, den bekannten Strafverteidiger?«
    Krähfuß wandte sich um. Andreas setzte das auf, was ich immer als sein Politikerlächeln bezeichne, und kam mit ausgestreckter Hand auf uns zu. Ich machte sie miteinander bekannt. Den Regierungspräsidenten kannte er schon.
    »In der Zeitung steht, Sie sind der Anwalt von meinem früheren Freund Baginski«, bemerkte Krähfuß.
    »Jetzt ist er nicht mehr Ihr Freund?«
    »Na, hören Sie, man kann doch nicht mit einem Mörder befreundet sein!«
    »In meiner Branche gibt es so etwas wie eine Unschuldsvermutung, bis ein rechtskräftiges Urteil gefällt ist.« Andreas lächelte unentwegt. »Wer weiß, vielleicht stellt sich ja im Prozess tatsächlich seine Unschuld heraus.«
    Krähfuß musterte ihn skeptisch. Der Regierungspräsident, auch ein alter Freund von Klaus, der vor dreißig Jahren als Student in der Pressestelle der documenta 7 gearbeitet hatte, als Klaus zum zweiten Mal documenta-Pressesprecher gewesen war, folgte dem Austausch mit Interesse.
    »Sie sind der Erste, von dem ich so etwas höre, aber als sein Verteidiger müssen Sie wohl so reden.«
    »Wenn er die Tat gestanden hätte, würde ich auf zumindest eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit unter Alkoholeinfluss im Zustand der Raserei plädieren.«
    »Er streitet ab?« Nun wirkte auch der Regierungspräsident verblüfft.
    »Er besteht auf seiner Unschuld«, bestätigte Andreas, weiterhin lächelnd.
    »Es ist ja auch schon vorgekommen«, warf ich ein, »dass die Unschuld selbst eines Verurteilten später bewiesen wird.«
    »Richtig.« Der Regierungspräsident nickte mir zu. »Sie haben ja das Buch geschrieben.«
    »Na ja, ich kannte Baginski sowieso nur von Veranstaltungen wie dieser hier«, rechtfertigte sich Krähfuß. »Wirklich befreundet waren wir nicht.«
    »Und ich habe schon zu viel gesagt«, meinte Andreas. »Wechseln wir mal das Thema. Was für eine Art Professor sind Sie denn?«, fragte er Krähfuß.
    Der Professor setzte ihn mit unüberhörbarem Stolz ins Bild. Ich grinste verstohlen in mich hinein. Wenn sie, aus welchem Grund auch immer, an ihm interessiert waren, hatte Desirée ihn längst unter die Lupe genommen.
    »Leber«, sagte Andreas nachdenklich und wandte sich an mich. »Hast du nicht den letzten Artikel von Klaus über einen Leberexperten ein bisschen aufgepeppt? Irgendwas mit Evita?«
    »Einer meiner Vorgänger«, nickte Krähfuß.
    »Leber«, wiederholte Andreas. »Machen Sie auch Transplantationen?«
    »Seltener, als ich gern würde. Es gibt leider viel zu wenig Spenderorgane.«
    »Ich habe in Berlin einen lieben Freund, der Aids hat.« Dass Andreas schwul war, wusste die ganze Stadt. »Die erkranken dann ja an allem Möglichen. Bei ihm hat irgendein Infekt die Leber erwischt. Es könnte so schlimm werden, dass er vielleicht eine neue Leber braucht. Aber wie ich höre, wollen sie ihn als Aidspatienten nicht mal auf die Liste setzen.«
    »Eigentlich hat jeder das gleiche Recht, aber die Erwägung kann ich schon nachvollziehen«, meinte Krähfuß. »Was ist das sonst für ein Mann, Ihr Freund?«
    Andreas zuckte die Achseln, als wäre das nicht wichtig. »Noch keine dreißig und der Sohn eines dieser Immobilien-Tycoons da. Einziges Kind. Wirklich eine saublöde Ironie: Geld würde keine Rolle spielen, aber leider spielt es auch keine Rolle.«
    Krähfuß nickte. »Das ist in der Tat so.« Er schmiss die Zigarette weg, zückte seine Brieftasche und fischte eine Visitenkarte heraus. »Rufen Sie mich mal an. Vielleicht kann ich irgendwie helfen.«
    Am nächsten Tag hockten Prinz und Ollie in Ollies Bastelbude vor einer Reihe mit neun Monitoren. Auf einem war Baginskis Haus zu sehen, die anderen waren aus. Das Garagentor schwang auf, der Kangoo rollte

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