Der schlaue Pate
Schäfers schienen sehr vertraut miteinander.«
Baginski starrte ihn an. »Ellen hat mir nie erzählt, dass sie eine Richterin kennt. Obwohl sie sehr verwundert über meine Berufswahl war. Wir kennen uns schon –«
Andreas schnitt ihm das Wort ab. »Die Vorgeschichte werden Professor Rind und Desirée in den nächsten Tagen ausführlich mit Ihnen durchgehen. Heute konzentrieren wir uns erst mal auf den 30. und den 31. Dezember letzten Jahres. Ich möchte Sie bitten, ausführlich darzulegen, was in welcher Reihenfolge passiert ist. Bitte lassen Sie nichts aus, alles könnte wichtig sein. Aber das wissen Sie ja.« Er drückte seinen Zigarillo aus. »Krieg und Goldmann wollen Sie nächste Woche vernehmen. Wir werden von unserem Recht Gebrauch machen, die Aussage zu verweigern. Was Sie jetzt uns erzählen, sollen die zum ersten Mal vor Gericht hören. Aber wir müssen alles wissen.«
Baginski zündete eine Zigarette an. Er hatte vor zehn Jahren aufgehört, aber jetzt wieder angefangen. Er sah nach oben und blies nachdenklich Rauch aus.
»Ellen und ich treffen uns seit sechzehn Jahren immer zwischen den Jahren, weil meine Frau mit ihrem Sohn am zweiten Weihnachtsfeiertag immer zu ihren Eltern nach Eutin fährt und erst Silvester zurückkommt.«
»Ein Ritual, hm?«, sagte Professor Rind und machte eine Notiz. Seine leise Stimme war äußerst angenehm, einschmeichelnd.
»Könnte man sagen«, bestätigte Baginski. »So hat Ellen fast eine Woche Zeit, das zu organisieren, und sagt nie ab. Sonst sagt sie sehr oft ab. Bei vier Kindern kann immer was dazwischenkommen, aber zwischen den Jahren verschieben wir dann halt um einen oder zwei Tage.« Möglicherweise war ihm gar nicht bewusst, dass er von der toten Frau in Gegenwartsform sprach. »Da ich allein bin, braucht sie auch nicht zu befürchten, dass meine Frau ans Telefon geht. Wir sind beide keine Handymenschen, obwohl wir natürlich welche haben.«
»Wusste Ihre Frau von Ellens Existenz?«, fragte Andreas.
Baginski lächelte. »Von Anfang an. Ich habe einen Standardspruch über Ellen: Sie ist die schönste Frau, die ich jemals live zu Gesicht bekommen habe, und in der Glitter- und Glamourwelt gibt es auch nicht viel ernsthafte Konkurrenz.« Er blickte in die Runde. Alle lächelten zustimmend, obwohl sie sie nur von Fotos kannten. »Ich hatte meiner Frau schon erzählt, bevor sie wieder in meinem Leben auftauchte, dass ich auf dem Internat mal mit einer echten Schönheit zusammen war.«
Andreas hob die Brauen. »Sie waren auf einem Internat? Auf welchem denn?«
Baginski sagte es ihm. »Das wird Sie bei einem Staatsanwalt verwundern, aber ich habe eine ganze Reihe Jugendstrafen. Ich galt mal als schwer erziehbar, und …«
Prinz lächelte. »Andreas und ich haben uns ein paar Jahre nach Ihnen auf demselben Internat kennengelernt.« Baginski war sieben Jahre älter.
»Diese Jugendstrafen«, fragte Rind, »war, hm, Gewalttätigkeit im Spiel?«
»Nie«, sagte Baginski mit Entschiedenheit. »Es waren alles Diebstähle. Ich habe, und das müssen Sie mir wirklich glauben, nie einem Menschen etwas zuleide getan!«
»Haben diese Jugendstrafen Ihnen keine Schwierigkeiten gemacht, als Sie sich bei der Staatsanwaltschaft bewarben?«, fragte Andreas.
»Es war alles nur Kleinkram, der nach fünf Jahren getilgt wurde.«
Andreas nickte. »Zurück zum 30. Dezember.«
Baginski zündete die nächste Zigarette an der Glut an und sah wieder nach oben. »Ich war allein zu Haus und krankgeschrieben, ein ekelhafter Virus. Aber seit Weihnachten ging es mir deutlich besser, und ansteckend war ich bestimmt nicht mehr. Eigentlich wollten wir uns schon am Mittwoch treffen, aber Ellen rief an und verschob auf Freitag. Einer ihrer Jungs war auch krank, der kleinere, der übrigens nach mir mit zweitem Vornamen Ewald heißt.« Er lächelte versonnen. »Außerdem hat sie sich was aus der Apotheke besorgt und festgestellt, dass ihre fruchtbaren Tage dieses Mal Donnerstag, Freitag und Samstag sein würden.«
»Sie wollten …«, sagte Ingrid verblüfft, die zum ersten Mal den Mund aufmachte.
»Ja«, bestätigte Baginski schlicht. »Wir wollten. Sie wollte unbedingt noch ein Kind, und diesmal sollte es von mir sein. Wenn es klappen würde. Ich habe …« Er räusperte sich angestrengt, schaffte es aber nach einigen Sekunden, die Verlegenheit abzuschütteln, und sah erst Desirée, dann Ingrid offen an. »Ich habe eine gewisse Erektionsschwäche. Und ich neige zur Detumeszenz.
Weitere Kostenlose Bücher