Der schlaue Pate
Journalisten über die Öffentlichkeit einzubringen.
Krieg und Goldmann wussten ebenfalls, dass er Unsinn geredet hatte, und würdigten ihn keiner Antwort.
Zurück auf der Verteidigerbank musterte Andreas die beiden vom BKA unauffällig. Die Frau schien winzig zu sein, ihr Kopf ragte kaum über die Trennwand. Dunkles Haar, etwas scharf geschnittenes Gesicht mit kleiner, nach oben ragender Nase, schmale Schultern. Vielleicht Anfang oder Mitte vierzig. Irgendwie wirkte sie auf Andreas intellektuell. Der Mann war von normaler Größe, auch eher schmale Schultern, er trug als Einziger im Zuschauerraum einen Anzug mit Schlips. Stechende blaue Augen, ein etwas verbissen wirkendes Bürokratengesicht, kurz geschorenes blondes Haar. Ebenfalls Anfang oder Mitte vierzig.
Baginski wurde hereingebracht und schüttelte Andreas die Hand.
»Sehen Sie nicht auffällig hin, aber in der ersten Reihe sitzen zwei Leute vom BKA . Ein Kriminaldirektor, der Matthias Karras heißt, verkniffenes Gesicht, daneben eine winzig kleine Frau. Haben Sie eine Ahnung, was das soll?«
Baginski sah gar nicht hin. »Vielleicht wissen sie etwas darüber, wer hinter der Erpressung steckt.«
»Oder haben Sie sonst etwas angestellt, was das BKA anlocken könnte?«
»Ich? Natürlich nicht.« Baginski setzte sich und linste vorsichtig hinüber.
Um neun kam das Gericht herein. Staatsanwältin Goldmann hatte keinen Rückruf erhalten und schaltete ihr Handy aus. Als alle wieder saßen, begann die Vorsitzende.
»Wie Sie alle wissen, hat es ein Vorkommnis gegeben, das eigentlich nicht eintreten soll. Die Medien haben über Dinge berichtet, die dem Gericht laut Aktenlage nicht bekannt sind, aber möglicherweise einen Bezug zum vorliegenden Fall haben. Die in den Medien angestellten Spekulationen wird das Gericht vorerst ignorieren. Kein Gericht kann es leiden, wenn neue Beweismittel anonym und über die Zeitung eingebracht werden sollen. Doch nach ausgiebiger Beratung ist das Gericht zu dem Schluss gekommen, dass es die Verpflichtung zur Wahrheitsfindung in diesem Fall gebietet, die dort abgedruckten Urkunden und Augenscheinsobjekte als Beweismittel einzuführen. Ist die Staatsanwaltschaft inzwischen in deren Besitz gelangt?«
Andreas atmete aus.
Überraschenderweise sagte Melanie Goldmann zum ersten Mal etwas.
»Ja, Frau Vorsitzende, wir haben es von der Polizei bekommen, der dieser Zeitungsschreiber es ausgehändigt hat. Bei den Urkunden handelt es sich um Kopien.«
Sie überreichte den Umschlag mit Originalinhalt dem Gericht, verteilte Kopien an Nebenklage, Gutachter und Verteidigung. Krieg saß finster brütend da. Vielleicht wollte er mit diesen Dingen, die seinen Fall zerschießen konnten, gar nicht in Berührung kommen.
»Wurde alles bereits auf Fingerabdrücke untersucht?«
»Ja. Es finden sich nur die des Zeitungsschreibers und weiterer Zeitungsleute.«
Die Vorsitzende nickte, als hätte sie nichts anderes erwartet. »Wurde die Echtheit der Unterschrift des Angeklagten überprüft?«
»Das Schriftsachverständigengutachten steht noch aus, doch der Augenschein spricht für die Echtheit. Allerdings könnte die Unterschrift von anderen Urkunden stammen und hineinkopiert worden sein. Die entsprechende kriminaltechnische Untersuchung läuft gerade, ein Ergebnis steht noch aus.«
Das konnte sich in der Tat als Haken erweisen. Andreas hatte von Prinz erfahren, die Sicherheitschefin des schlauen Paten habe versichert, es sei eine Kopie von Romingers Exemplar des ursprünglich von Baginski unterschriebenen Vertrages, doch Andreas wusste weder, ob die Kriminaltechniker etwas anderes feststellen würden, noch, ob Rominger je das Original herausrücken würde.
»Gut.« Die Vorsitzende wandte sich an den Angeklagten. »Die Verteidigung versichert glaubhaft, nichts davon zu wissen und nichts damit zu tun zu haben, und angesichts der Tatsache, dass der Brief an einem Verhandlungstag in der Schweiz abgestempelt wurde, hat das Gericht entschieden, dies als Tatsache zu betrachten. Herr Baginski, was haben Sie zu diesen neuen Beweismitteln zu sagen?«
Baginski berichtete, wie er in seinem Safe im Büro einen Umschlag vorfand, den er selbst nicht hineingelegt hatte, in dem nur die drei Fotos waren, woher er die beiden anderen Frauen kannte, dann den Brief des Schweizer Anwalts Beat Rominger erhielt, sich mit ihm traf, bei dieser Gelegenheit den Vertrag unterschrieb, obwohl ihm klar war, dass er sich auf eine Erpressung mutmaßlich der
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