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Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten

Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten

Titel: Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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Panzer gestanden und seinen
prächtigen Bart - den Stolz aller Stadtbewohner - gekämmt hatte, stand nun ein klobiger
Holzsoldat mit abgeblätterter Farbe auf Brust und Rücken.
Kaggi-Karr, die nach ihrem langen Flug starken Hunger verspürte, suchte vor allen Dingen
das Schloß auf, wo sie ihren Freund, den Koch, zu finden hoffte, der einst Goodwin
gedient und dann, unter der Herrschaft des Weisen Scheuchs, die Krähe stets freigebig
bewirtet hatte. Kaggi-Karr hatte sich nicht geirrt: Baluol, der Koch, konnte sich nach dem
Sturz des Scheuchs nicht entschließen, die prächtige Schloßküche mit ihren
schmackhaften Gerichten zu verlassen, und war - wenn auch schweren Herzens - in den
Dienst des Tyrannen getreten.
Der feiste Baluol freute sich über das Wiedersehen und setzte seiner alten Bekannten einen
Haufen Speiseabfälle vor.
Während Kaggi-Karr sie gierig verschlang, erzählte der Koch, der sich in letzter Zeit sehr
einsam fühlte, seine Neuigkeiten.
Seit Urfin sich der Stadt bemächtigt hatte, gehe es ihren einst so fröhlichen und sorglosen
Einwohnern sehr schlecht. Jetzt bereuen sie es schrecklich, daß sie dem Feind keinen
Widerstand geleistet hatten. Aus ihren Herzen ist das letzte bisschen Freude verschwunden, der neue Herrscher hat es ihnen durch seine kleinlichen, bösen Kniffe geraubt.
Aber auch Urfin hat an der Herrschaft über die Smaragdenstadt keine Freude, fuhr Baluol
fort. Beim Auftragen der Speisen habe er gesehen, wie mürrisch sich der Diktator die
Schmeicheleien seiner Höflinge anhöre. Es sei klar, daß er sich jetzt nicht weniger einsam
fühle als zu der Zeit, wo er noch ein gewöhnlicher Tischler im Lande der Käuer war.
Damals hätte er sich die Herzen der Menschen wohl leichter gewinnen können als heute,
wo die Leute ihn haßten oder ihm nur aus Eigennutz dienten.
Die Krähe, die sich inzwischen satt gegessen hatte, bedankte sich und nahm von Baluol
Abschied. Morgen, sagte sie, wolle sie wiederkommen. Diesmal hatte Kaggi-Karr mit
keinem Wort erwähnt, wozu sie die Smaragdenstadt aufgesucht habe.
Dann trieb sie sich in der Stadt herum. Bald setzte sie sich auf ein Fensterbrett, bald auf die
Schwelle einer offenen Tür und horchte, was die Leute sprachen. Die Einwohner, stellte
die Krähe fest, bereuten es, dem Aufruf des Scheuchs nicht gefolgt zu sein, als die Feinde
die Stadt belagerten. Jetzt tat es ihnen um die verlorene Freiheit leid, und sie waren bereit,
alles für sie zu opfern.
Kaggi-Karr war es aber auch klar, daß Urfin sich verrechnet hatte, als er den Holzfäller
und den Scheuch in den hohen Turm verbannte, wo man sie von weit her sehen konnte. Er
hatte gedacht, bei ihrem Anblick würden die Städter seine, des Herrschers, Kraft und
Großmut zu preisen beginnen. Es kam aber anders. Die Bürger verwünschten seine Tücke
und bewunderten den Heldenmut der Gefangenen.
Kaggi-Karr beging jedoch wieder eine Unvorsichtigkeit, als sie dem Scheuch ihre
Wahrnehmungen mitteilte.
Diesem stieg nämlich die eigene Tapferkeit zu Kopf, und eine Kampflust überkam ihn, die
seine Strohbrust zu sprengen drohte. Vor dem Turm hatten sich ein paar Menschen
versammelt. Bei ihrem Anblick steckte der Scheuch seinen Kopf durch die Gitterstäbe und
schrie, man solle mehr Volk herbeiholen, denn er wolle eine Rede halten.
Die Nachricht verbreitete sich schnell in der Stadt und auf den anliegenden Farmen.
Vor dem Turm versammelte sich eine große Menge, und wenn die Wachen keinen
Argwohn schöpf ten, so war das nur dem Umstand zu verdanken, daß ihre Köpfe aus Holz
waren.
Der Scheuc h hielt eine zündende Rede. Er erinnerte die Einwohner der Smaragdenstadt an
ihr schmachvolles Verhalten während des feindlichen Überfalls, rief sie auf, mutig zu sein
und den Eindringlingen Widerstand zu leisten. Dabei vergaß er, was er der Krähe
versprochen hatte, und verkündete seinen Zuhörern, daß Elli bereits im Lande der Käuer
sei und demnächst ihn und den Eisernen Holzfäller befreien werde.
Der Scheuch war so sehr im Gang, daß alle Bemühungen des Holzfällers und der Krähe,
seinem Redeschwall ein Ende zu setzen, nichts nützten. Der Strohmann schimpfte
fürchterlich und stieß immer heftigere Drohungen gegen Urfin aus.
Die Holzköpfe verstanden nicht, was er sagte. Doch da tauchte wie zum Unglück Ruf
Bilan auf. Er begriff sofort, daß sich hier eine gute Gelegenheit bot, dem Diktator einen
Dienst zu erweisen, wofür dieser ihn gewiß belohnen würde, und befahl

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