Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
hatten sie sich auf
Schleichwegen den Versammlungsplätzen genähert und, in Schluchten und hinter Steinen
verborgen, gelauscht, was die Leute sprachen. Auf diese Weise erfuhren sie, daß
demnächst eine Armee aus mehreren Hundert Zwinkerern unter Führung des Scheuchs , des
Eisernen Holzfällers, des Langbarts Din Gior und eines geheimnisvollen Riesen namens
Holzfuß gegen Urfin antreten würde. Die Vorbereitungen seien in vollem Gange, erzählten
sie, man arbeite an einer besonderen Waffe, die Zwinkerer würden unter Din Giors Leitung
militärisch ausgebildet.
Urfin hielt die qualvolle Unruhe nicht länger aus und beschloß, eine Entscheidung
herbeizuführen. Er ließ seinen Obersten Zeremonienmeister Ruf Bilan sowie den General
Lan Pirot zu sich kommen und sagte zu ihnen:
„Ich habe beschlossen, meine Armee in den Kampf zu führen! Es ist an der Zeit, den
Rebellen zu zeigen, wer der Herrscher im Wunderland ist.”
Der Oberste Zeremonienmeister erbleichte. Er hatte als erster die Kundschafter ausgefragt
und wußte über die Lage viel me hr, als er dem König mitzuteilen für ratsam hielt.
Bilan hatte begriffen, wie gefährlich es war, dem Feind auf offenem Felde
entgegenzutreten, und hub vorsichtig an:
„Mächtiger König, Herrscher …”
„Ohne Titel’.” fuhr ihn Urfin an.
„Zu Befehl! Der Feind ist sehr stark. Wäre es nicht besser, uns in der Stadt zu
verbarrikadieren …”
„Elender Feigling!” brüllte Lan Pirot, die Augen rollend. „Meine tapfere Armee wird jeden
Feind zerschlagen!”
„Richtig!” ermunterte ihn Urfin. „Lernt doch beim General, Herr Zeremonienmeister, was
Tapferkeit ist!”
„Aber ich hab ermittelt, daß Din Gior …”
„Mund halten!! Wie sprecht Ihr zu mir? Wo sind meine Titel? Oder bin ich etwa nicht
mehr König`?!”
Ruf Bilan schwieg verwirrt. Der Feldzug war beschlossen.
Eiligst wurde der Staub von den Holzköpfen abgebürstet, der General hielt eine markige
Rede, und die Armee, bestehend aus hündertdreiundsechzig Soldaten, siebzehn
Unteroffizieren und einem Palisandergeneral, brach in Richtung Osten auf. Die Soldaten
stapften mit ihren Holzfüßen über das Backsteinpflaster, schwangen ihre Knüppel und
schnitten entsetzliche Grimassen. Urfin ritt daneben auf deinem treuen Meister Petz.
Die Armee übernachtete auf einem Feld. Soldaten und Unteroffiziere standen die ganze
Nacht über in Reih und Glied und stierten in das Dunkel. Urfin wälzte sich unruhig auf
seinem Lager. Am Morgen stand er völlig erschöpft auf. Er hatte schlimme Vorahnungen,
doch ein Zurück gab es nicht.
Die Schlacht fand auf einem großen Feld des SmaragdenLandes statt. In der Ferne
erblickte Urfin einen violetten Streifen, der immer größer und breiter wurde: Es war das
Heer der Zwinkerer. An der Spitze hinkte der Riese Holzfuß, gefolgt von dem Mädchen,
dem Scheuch, dem Eisernen Holzf älter, dem schwarzen Hündchen und dem Löwen, der
sich mit dem Schweif grimmig die Flanken peitschte. An der Seite der Zwinkerer schritten
der Langbart Din Gior und der Hüter des Tores.
Urfin erbleichte. Er wünschte jetzt, daß alles, was sich seit der Nacht zugetragen hatte, als
der Sturm die Saat des unbekannten Unkrauts in seinen Garten geweht hatte, nur ein böser
Traum wäre. Er hätte jetzt viel darum gegeben, in seinem friedlichen Häuschen
aufzuwachen, von dessen Schwelle aus man die herrlichen schneebedeckten Gipfel sehen
konnte …
„General! Gebt den Rückzugsbefehl!” schrie Urfin. „Wir werden uns in der
Smaragdenstadt einschließen, mit unseren Kräften können wir einer langen Belagerung
standhalten!”
„Kehrtmachen!” kommandierte Lan Pirot, und die Unteroffiziere wiederholten den Befehl.
Die Holzarmee machte kehrt. Aber was war das? Urfin begann an allen Gliedern zu zittern:
Hinter den grünen Häuschen traten, von Gras und Strauchwerk kaum zu unterscheiden, die
aufständischen Einwohner des Smaragdenlandes hervor.
Städter und Farmer, mit Spaten, Heugabeln, Sensen, Zaunlatten und -pflöcken bewaffnet,
überschwemmten das Feld. Urfins Armee war der Rückzug abgeschnitten.
Die erste Reihe der Zwinkerer trat auseinander, und eine riesige Kanone wurde
aufgefahren, die die tüchtigen Waffenschmiede Lestars aus einem dicken Baumstamm
gefertigt hatten.
Die Holzköpfe erstarrten. General Lan Pirot sperrte den Mund auf, brachte aber kein Wort
hervor.
Ein Zittern ging durch die Kanone, das immer stärker wurde, es folgte ein Schuß, das Rohr
spie eine
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