Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
dass du Hunger hast!«
»Mein kleiner Amir, trink jetzt bei Samia. Danach kommst du wieder zu mir. Ich möchte dich schnell wieder in die Arme schließen, denn du bist mein schönes Baby«, fügte meine Mutter hinzu und warf mir einen heimtückischen Blick zu.
»Mama, für das Baby bin ich nicht Samia. Ich bin seine Mutter, und es braucht mich«, antwortete ich gereizt.
Sie brach in ein hysterisches Gelächter aus.
Ich ging in mein Zimmer, um meinen Sohn in aller Ruhe zu stillen. Nach einer Weile erschien mein Ehemann und warf mir vor, ich hätte meine Mutter schlecht behandelt, obwohl sie doch so viel für mich getan hätte!
»Ich werde alles lernen«, begehrte ich auf. »Keine Frau wird als Mutter geboren. Auch Mütter wachsen nach und nach in ihre Rolle hinein. Ich bin sehr wohl in der Lage, meinen Sohn so gut wie jede andere Mutter aufzuziehen.«
»Du bist nicht einmal in der Lage, dich um dich selbst und um deinen Ehemann zu kümmern, und jetzt willst du dir auch noch ein Baby aufhalsen!«
Als meine Mutter das Geschrei des Babys hörte, mischte sie sich in unser Gespräch ein und gab Abdel recht. Nun gingen sie zu zweit auf mich los.
»Für eine erzwungene Heirat war ich dir nicht zu jung! Dass ich einen Haushalt führen kann und für einen Ehemann sorge, hieltest du ebenfalls für selbstverständlich! Und es war dir ja wohl klar, dass nach der Heirat auch irgendwann Kinder kommen werden! Nun ist es so weit! Jetzt habe ich ein Kind, ich akzeptiere die Situation und werde meinen Sohn vernünftig aufziehen!«
»Es ist nicht nur dein Kind«, entgegnete mein Ehemann. »Ich habe schließlich auch ein Wörtchen mitzureden, und ich behaupte, dass du nicht fähig bist, allein mit dem Baby zurechtzukommen.«
Der Lärm ängstigte Amir, und so bemühte ich mich, ruhig zu bleiben. Ich stellte mir vor, ich wäre mit ihm allein. Auf diese Weise gelang es mir, ihn weiter zu stillen.
Abdel und meine Mutter zogen sich zurück, und ich hörte, wie sie draußen miteinander tuschelten. Schreckliche Ahnungen beschlichen mich. Seit ich die Schwelle des Hauses überschritten hatte, spürte ich, dass die beiden hinter meinem Rücken Pläne schmiedeten.
Am Abend legte ich mich völlig entkräftet ins Bett. Das Baby war trocken, es hatte getrunken und schlief nun mit geballten Fäustchen. Mein Ehemann legte sich neben mich. Wie es der Zufall wollte, begann Amir im selben Augenblick zu weinen, ohne dass es einen Grund gegeben hätte.
»Steh auf! Mach schon, sonst weckt er noch das ganze Haus auf!«
Ich nahm meinen Kleinen auf den Arm, aber er hörte nicht auf zu schreien. Ich gab ihm noch einmal die Brust und kontrollierte die Windel. Er wollte einfach nicht still sein. Ich ging in die Küche, um ihm ein Fläschchen zu bereiten, denn meine Mutter hatte bereits die Unsitte eingeführt, ihm zwischen zwei Stillzeiten ein Fläschchen zu geben. Mein Ehemann folgte mir. Nachdem er die Küchentür geschlossen hatte, ohrfeigte er mich mit solcher Wucht, dass ich zu Boden stürzte.
»Der Kleine weint, weil er weiß, dass du eine schlechte Mutter bist, die sich nicht richtig um ihn kümmern kann. Du bist unfähig, dein Kind zufriedenzustellen, und unfähig, die Bedürfnisse deines Ehemannes zu befriedigen. Wozu bist du überhaupt zu gebrauchen? Nur dazu, mir das Leben schwer zu machen! Aber die Frau, die das schafft, ist noch nicht geboren! Ich würde die Frau umbringen, die das versucht! Mach nur so weiter, dann weißt du, was dir blüht! Im Übrigen wäre das auch für niemanden ein Verlust!«
Nun misshandelte er mich mit Fußtritten in Gesicht und Bauch. Ich rief nach meiner Mutter, aber offenbar war sie zu weit entfernt, um mich zu hören. Ich brüllte vor Schmerzen und schrie, doch sie kam nicht.
Abdel war außer sich. Blind vor Wut, schlug er immer heftiger zu. Dann zerrte er mich halb ohnmächtig ins Schlafzimmer, wo er mich aufs Bett warf. Nur das verzweifelte Weinen meines Kindes mahnte mich, dass ich am Leben bleiben musste, dass ich nicht das Bewusstsein verlieren durfte, dennes brauchte mich. Fast schien es mir, als hätte das Baby meine Gedanken erraten, denn seine Schreie ebbten allmählich ab … Undeutlich nahm ich wahr, dass Abdel mir meine Schlafanzughose auszog.
»Du gehörst mir, und ich habe das Recht, das zu verlangen, was mir zusteht.«
Dann verlor ich das Bewusstsein …
Im Krankenhaus kam ich wieder zu mir. Meine Vagina schmerzte furchtbar, und mein ganzer Körper fühlte sich zerschlagen an. Meine
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