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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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zerstritten. Die Familie wird beim Begräbnis nicht dabei sein. Es werden nur Reverend Plumly und ich da sein. Hans und ich, wir können das Geld wirklich gebrauchen.«
    »Warum habt ihr nicht einfach gewartet, bis Constance zurückkommt? «
    »Weil Reverend Plumly nach dem Begräbnis zu seiner Schwester nach Quebec City fährt. Wir haben alle gefragt, die mir sonst noch eingefallen sind – aber es wollte uns keiner trauen. Zwei Friedensrichter – nein. Reverend Mann in Glenholme – von seiner Gemeinde sind drei Männer im Krieg gefallen. Er hat zu Hans ganz direkt Nein gesagt. Verstehst du, wir müssen froh sein, dass es Reverend Plumly gemacht hat.«
    »Also habt ihr die einzige Gelegenheit genutzt. Dann hat es ja am Ende geklappt, nicht?«
    »Mom hätte die Trauung sowieso verpasst«, sagte sie. »Schon komisch, mir fällt gerade eine Plattitüde ein: Wenn sich eine Hochzeit und ein Begräbnis auf der Straße begegnen, sollte das
Begräbnis immer zur Seite treten . Nur bin in diesem Fall ich ausgewichen und habe die Hochzeit wegen einer Beerdigung verschoben, nicht wahr?«
    »Das kannst du sehen, wie du magst, Tilda.«
    »Außerdem habe ich dir eine Nachricht im Baptist Spa hinterlassen, Wyatt. Es war das erste Ferngespräch, das ich je gemacht habe. Ich wusste, dass du nicht rechtzeitig wieder da sein konntest. Trotzdem wollte ich dir wenigstens Bescheid geben.«
    »Ich habe die Nachricht nicht erhalten.«
    »Hast du nach Nachrichten gefragt?«
    »Ich hab die Nacht bei Prostituierten verbracht. Bitte, erzähl’s nicht Tante Constance.«
    »Oh, ja. Du musst mir irgendwann von dieser Erfahrung erzählen, Wyatt. Wenn es dann noch wahr ist.«
    »Ich werde es Hans erzählen, von Mann zu Mann.«
    »Ich bin sicher, mein Mann wird etwas Neues dabei lernen.«
    »Weiß dein Vater, dass du schon geheiratet hast?«
    »Genau deswegen haben wir auf das Honorar für Reverend Plumly noch ein bisschen was draufgelegt. Er ist rübergefahren und hat es ihm erzählt.«
    »Aber du hast nicht selbst mit Donald gesprochen.«
    »Nein. Und es ist auch keine Überraschung, dass er die Jungverheirateten nicht besucht hat.«
    »Habt ihr eine Hochzeitsreise geplant?«
    »Wir hoffen, dass es sich vielleicht in zwei Jahren machen lässt. So wie es momentan mit unseren Finanzen steht.«
    »Dann werdet ihr wahrscheinlich nach Halifax ziehen.«
    »Hans muss sein Studium abschließen. Und Dalhousie ist in Halifax. Ein Mann und eine Frau leben nun mal zusammen, nicht wahr?«
    Hans kam in die Bäckerei, er sah selbst ein bisschen mitgenommen
aus, aber er war überrascht und sichtlich erleichtert, so als hätte er Tilda eine Ewigkeit nicht gesehen. »Noch einmal guten Morgen, mein Engel«, sagte er. Er küsste Tilda die Hände. Er hatte einen Schal mitgebracht, den er ihr um die Schultern legte. Er selbst trug einen Wintermantel. »Hallo, Wyatt«, sagte er. »Tilda ist jetzt meine Frau. Aber du kannst dich jeden Morgen mit ihr zum Frühstück treffen. Wenn sie es will. Ihr habt Glück, ihr zwei, als Cousin und Cousine. Ich wäre froh, wenn ich auch Cousins in der Nähe hätte.«
    »Wo sind denn deine Cousins?«, fragte ich.
    »In Dänemark und Deutschland.«
    »Nein, Dänemark und Deutschland liegen wirklich nicht gerade in der Nähe von Neuschottland, was?«
    »Ich habe neulich einen Satz geschrieben«, sagte Hans. » Uns trennt ein Meer .«
    »Du schreibst ja wirklich ganze Hefte voll. Mach nur weiter so, Hans«, sagte ich. »Tilda, wo steckt eigentlich Cornelia Tell?«
    »Sie ist einkaufen. Das Mehl war ihr ausgegangen«, antwortete Tilda.
    »Wyatt«, sagte Hans. »Ich habe da eine Idee und wollte mit dir darüber reden, ob du mir vielleicht helfen kannst. Frühstücken wir doch alle zusammen – und Wyatt, musst du nachher gleich wieder an deinen Schlitten arbeiten, oder hättest du ein bisschen Zeit, damit wir zwei reden können?«
    »Meine Arbeit hängt momentan ziemlich in der Luft.«
    »Ich hoffe, sie kommt bald wieder auf festen Boden«, meinte er.
    »Worum geht es denn, dass du nicht in Gegenwart deiner Frau darüber reden willst? Wenn du mich fragst – das ist nicht gerade der ehrlichste Weg, ein Eheleben zu beginnen, oder?«
    Hans setzte sich an den Tisch. Tilda brachte auf einem Tablett
eine Kanne Kaffee und Tassen für uns drei. Sie stellte die Kanne auf einem Topfhandschuh auf den Tisch. Dann öffnete sie die Glasvitrine und nahm einen Teller mit Scones vom Vortag heraus, den sie ebenfalls auf den Tisch stellte. »Also gut«,

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