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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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zeigte uns den Weg zu Ballade & Fugue, dem Laden seines Freundes in der Trollope Street. Ich schloss meinen Anzug im Wagen ein. Der Laden bestand aus einem großen Raum mit
schmalen Gängen zwischen Kästen voller Grammofonplatten. Es roch muffig, und die Schaufenster hätten wieder einmal geputzt werden müssen. Auf einem Grammofon hinter dem Ladentisch lief Musik; ich wusste nicht, von welchem Komponisten sie stammte. Eine Tafel vermeldete, was NEU HE-REINGEKOMMEN war. Auf der Theke stand ein Riesending von einer Registrierkasse. Hans und Randall Webb begrüßten einander auf Deutsch, wechselten noch zwei, drei deutsche Sätze und lachten. Mir fiel auf, dass ein Kunde, ein Mann um die dreißig mit einer RCN-Uniform, plötzlich erstarrte, dann kramte er rasch in einem der Kästen, sagte schließlich: »Sorry, nichts für mich dabei« und ging hinaus.
    Randall zuckte die Achseln. »Er hat nach – wie soll ich sagen? Nach einer etwas populäreren Musik gefragt«, erklärte Randall. »Na ja.«
    Randall war gut eins fünfundachtzig groß, schlaksig und wirkte ein bisschen ungepflegt mit seinen schlecht sitzenden Kleidern, doch er hatte ein lebhaftes, waches Gesicht, eine Drahtgestellbrille und langes schwarzes Haar, das er in der Mitte gescheitelt trug. Ich konnte in den Lagerraum sehen. Da war ein Waschbecken, eine Zahnbürste in einem Wasserglas und ein Pyjama auf einer Stuhllehne. Bestimmt gab es da irgendwo auch noch eine Matratze oder ein Klappbett. Ich glaube, Randall Webb wohnte in seinem Laden, oder zumindest übernachtete er gelegentlich hier. Hans stellte ihm Tilda und mich vor.
    »Tee?«, fragte Randall.
    Wir lehnten dankend ab. »Ich habe da eine Liste, Randall«, begann Hans. »Es wäre schön, wenn du die hierhättest.«
    »Hans, mein Freund, lass mich mal lesen«, sagte Randall. Er nahm die Liste, studierte sie eine Weile und blickte schließlich auf. »Bei den meisten hast du Glück. Leider nicht mit Schumanns
Klavierquartett in Es-Dur und dem Klavierquintett in Es-Dur – dieselbe Scheibe enthält übrigens auch noch Schumanns drei Streichquartette. Ich habe sie schon seit einem Jahr nicht mehr hier, aber es gibt ein Geschäft in Montreal, mit dem ich Kontakt habe. Ich kann dort nachfragen. Du zahlst das Ferngespräch – das andere mache ich.«
    »Fangen wir mit dem an, was du da hast«, schlug Hans vor.
    Randall sah auf der Liste nach und ging zwischen den Kästen hin und her. Ein paar Studenten kamen hereinspaziert, sahen sich um und plauderten auf Französisch, kauften aber nichts.
    »Wie lange hast du das Geschäft schon?«, fragte ich Randall, und er sagte: »Schon fast acht Jahre.«
    Während ich Randall beim Suchen zusah, fiel mir etwas ein, was Constance vor ihrer Abreise gesagt hatte – »Man sollte immer ein bisschen Platz für einen Einkauf lassen« –, und ich nahm mir vor, ihr eine Postkarte zu schreiben oder sogar das Geld für ein Telefongespräch oder ein Telegramm nach Neufundland auszugeben. Ich würde ihr empfehlen – falls sie noch dieses bisschen Platz in ihrem Koffer hatte –, im Ballade & Fugue vorbeizuschauen. Hier würde sie vielleicht ein Geschenk für meinen Onkel finden, und für sich selbst natürlich.
    Die Fülle an Grammofonplatten in dem Laden überwältigte mich. Da waren jede Menge Werke, die ich noch nie gehört hatte und von denen ich gar nicht gewusst hatte, dass es sie gab; der Laden führte mir vor Augen, wie wenig ich eigentlich über Musik wusste. Ja, eigentlich kannte ich fast nur die Musikstücke, die Donald jeden Abend abgespielt hatte, und noch ein paar aus der Classical Hour im Radio. Es schien Tilda richtiggehend peinlich zu sein, als ich mich mit einer Frage an den Inhaber des Ladens wandte: »Randall, kannst du mir sagen,
wer der größte Komponist ist, der je in Neuschottland geboren und aufgewachsen ist, und wo ich seine Schallplatten finde?«
    »Die Frage lässt sich wahrscheinlich nicht so einfach beantworten, Wyatt«, warf Hans ein, »und so viel Zeit hat Randall im Moment nicht.«
    Seine Reaktion machte mir mein Unwissen noch schmerzlicher bewusst. Umso freundlicher war es von Randall, dass er sagte: »Ich finde gern alles heraus, was mit klassischer Musik zu tun hat. Ich muss zugeben, ich kenne keinen örtlichen Komponisten, Wyatt. Es kommen zwar öfter Professoren von der Musikhochschule in meinen Laden, und der eine oder andere hat auch schon erwähnt, dass er talentierte Studenten im Fach Komposition hat, doch die stammen meistens aus

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