Der Schluss-Mach-Pakt
auftreten würde. Von der perfekten Fassade, die ich der Welt präsentiert hatte, bröckelte nun der Putz ab, und allmählich zeigte sich die Wahrheit – nämlich dass ich dem Druck nicht länger standhalten konnte. Wenn es mal Schwierigkeiten gab, dann rannte man in meiner Familie einfach davon.
Ich beugte mich vornüber und legte die Stirn aufs Lenkrad. Dabei presste ich die Augen ganz fest zu und wünschte mir, ich könnte diesen ganzen Tag ungeschehen machen.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Zac.
»Verschwinde.«
»Wie bitte?«
Ich holte stockend Luft und mühte mich ab, die Panik niederzuringen, die in mir hochstieg. »Ver-schwin-de. Nur eine Minute. Ich brauche einen Moment für mich.«
Einen Augenblick sagte er nichts. Dann fragte er: »Warum hast du solche Angst davor, dass die Menschen dich so sehen könnten?«
Warum stieg er jetzt nicht einfach aus und ließ mich in Ruhe, damit ich ungestört ausrasten konnte? Reichte ihm denn ein Zusammenbruch in der Öffentlichkeit noch nicht?
»Ich geh nicht weg, Avery. Aber es tut mir leid, dass ich dich auf die Bühne locken wollte.«
Ich wandte ihm den Kopf zu und sah ihn an. »Was?«
»Im Diner«, erklärte er. »Ich dachte, es würde dir helfen, wenn du mal auf der Bühne stehst, damit du … Keine Ahnung, damit du dich nicht länger versteckst. Vielleicht um dir klarzumachen, dass nicht jeder Augenblick des Lebens im Voraus durchgeplant sein muss. Manchmal ist es ganz gut, alles einfach so auf sich zukommen zu lassen. Sich einfach treiben zu lassen.«
Ich stellte meinen Becher in der Getränkehalterung ab und ließ den Motor an. Dann setzte ich zurück auf die Straße und fuhr ein ganzes Stück, ohne ein Wort zu sagen.
»Und was, wenn jeder über mich lacht, wenn ich auf der Bühne stehe?«, fragte ich, nachdem wir uns von der Tankstelle entfernt hatten.
»Das ist doch eine Comedyshow. Da ist es gut, wenn man das Publikum zum Lachen bringt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine, was, wenn ich auf der Bühne stehe und es vermassle? Was, wenn die Leute nicht über meine Witze lachen, sondern über mich? Was, wenn ich denen nicht gut genug bin? Was dann?«
Zac gähnte und zuckte mit den Schultern. »Dann gehst du eben ein anderes Mal wieder da hoch und versuchst es erneut. Keiner erwartet, dass du perfekt bist.«
»Hannah ist perfekt«, sagte ich.
»Hannah möchte dich nur gern glauben lassen, dass sie perfekt ist. Glaub mir, in Wirklichkeit ist sie genauso verkorkst wie du und ich.«
Als wir bei mir zu Hause ankamen, hielt ich in der Einfahrt an. Zacs Wagen stand am Straßenrand, doch keiner von uns beiden machte Anstalten auszusteigen. Ich stellte den Motor ab und griff nach dem Becher. Dann starrte ich in das langsam dahinschmelzende Getränk. »Kein Mensch ist so verkorkst wie ich, unmöglich.«
»Jeder ist irgendwie verkorkst. Das Witzige ist nur, dass keiner will, dass die anderen das wissen, deswegen tun wir alles, um es zu verbergen.« Er gähnte wieder und lehnte seinen Kopf gegen den Sitz.
Ich musste an all die Menschen denken, die ich kannte, und auf was für unterschiedliche Arten sie verkorkst waren. Mein Dad war der Ansicht, Ratgeberbücher würden ihm helfen, das klaffende Loch in seinem Herzen zu flicken. Ian wünschte sich sehnsüchtig eine Mutter, die die Lücke in seinem Leben füllte, die er ansonsten mit Süßigkeiten und Junkfood zu stopfen versuchte. Molly hackte sich regelmäßig in das E-Mail-Konto ihrer Mutter ein, um Nachrichten von ihrem Vater zu löschen, damit sich die beiden nicht erneut um sie oder die Scheidungsbedingungen streiten konnten.
Vielleicht hatte Zac tatsächlich recht. Vielleicht versteckten wir uns alle nur vor uns selbst und vor den anderen.
»Ich bin mir gar nicht mehr sicher, ob ich wirklich nach Costa Rica gehen soll«, murmelte ich dann vor mich hin. »Was, wenn ich da ankomme und dann finde ich zufällig meine Mom und … nichts hat sich verändert? Was, wenn ich ihr dann immer noch nicht gut genug bin, um sie dazu zu bringen, zurückzukommen?«
Als er nicht antwortete, sah ich zu ihm rüber und stellte fest, dass er schlief. Zac Greeley, der Junge, der niemals still hielt, war endlich mal ruhig. Seine Augen waren geschlossen, die dunklen Wimpern berührten das Obere seiner Wangen. Sein Mund war leicht geöffnet und sein Atem ging langsam und gleichmäßig.
Ich streckte die Hand aus, um ihm den Slushie abzunehmen, den er immer noch festhielt. Dann stellte ich ihn in den
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