Der Schmetterlingsthron
Heiligkeit, dass ich hiermit keine Kritik an Eurem Regime in Tarxia üben möchte; ich berichte lediglich Ereignisse, wie sie geschehen sind.
Doubri war nicht zufrieden, nur Aussar zu ›säubern‹, wie er die gewaltsame Unterdrückung von Alkoholkonsum, Würfelspiel, gewerblicher Unzucht und anderer Manifestationen der Sünde nannte. Die Götter, so sagte er, hätten ihm die Pflicht auferlegt, andere Nationen zu erretten. Und als er sich so umschaute, wollte ihm scheinen, dass Kortoli seiner Hilfe am dringendsten bedürfte. Der König dort war mit seiner Kunst beschäftigt, das Volk sündigte in unvorstellbarem Maße, die Armee war vernachlässigt.
Also marschierten die Aussarier in Kortoli ein, dessen Armee kampflos floh und in der Hauptstadt Zuflucht suchte, die bald von Doubris Streitkräften belagert wurde. Die Aussarier bereiteten Rammen und Belagerungstürme und andere Gerätschaften vor, um die Stadt zu nehmen. Als der Kampf schon fast verloren schien, segelte die Flotte, die von Forimars Bruder Fusonio kommandiert wurde, in den Hafen. Fusonio war in das sagenumwobene Salimor vorgestoßen und hatte einen Freundschaftspakt mit dem Sophi dieses Landes ausgehandelt. Als er nun die Stadt erreichte, umarmte ihn König Forimar und flehte ihn an, das Land zu retten.
Als Fusonio die Situation erfasste, war er nicht sonderlich ermutigt: die Armee war ein feiger, unorganisierter Haufen, die Arsenale enthielten kaum verwertbare Waffen, die Stadtmauern waren alt und baufällig, und in der Schatzkammer war nur noch ein geringer Betrag.
›Warum haben wir kein Geld?‹ verlangte Fusonio zu wissen. ›Wir hatten doch einen ziemlich großen Betrag zur Verfügung, als ich abreiste.‹
Forimar berichtete ihm von dem Kunstwettbewerb. Fusonio enthielt sich einer Bemerkung, doch sein Blick sagte klar genug, dass er seinen Bruder für einen Idioten hielt. Und er sagte: ›Ehe wir uns ergeben, will ich die Proklamation sehen, mit der Doubri seinen Angriff begonnen hat!‹ Und er las das Dokument, in dem all die schlimmen Taten aufgezählt waren, die Doubri der Makellose den Kortoliern vorwarf:
›… Männer und manchmal auch Frauen begeben sich in Häuser, wo sie alkoholische Getränke zu sich nehmen, anstatt gesundes abgekochtes Wasser zu trinken. Sie verschwenden ihre Mittel auf Glücksspiele und andere lächerliche Beschäftigungen, anstatt ihre ganze Freizeit der Reue ihrer Sünden und den Gebeten zu ihren Göttern zu widmen. Männer und Frauen baden öffentlich zusammen und entblößen sich dabei in unsäglicher Weise. Sie kommen ungestraft zum Beischlaf zusammen. Sogar im Stand der Ehe liegen sie unbekleidet beieinander, zum sinnlichen Vergnügen, anstatt zum einzigen und rechtmäßigen Zwecke, zum Lobe der Götter Kinder zu zeugen. Sie tragen bunte Kleidung und eitle Juwelen anstelle der keuschen und nüchternen Kleidung, die den Göttern gefällt. Sie verleihen Geld zu Zinsen.‹
›Also‹, sagte Fusonio, ›wenn uns dieser Priester besiegt, steht uns eine hübsche Zeit bevor. Was soll die Bemerkung über das Badehaus? Wir Kortolianer haben immer zusammen gebadet.‹
›Oh‹, sagte Forimar. ›Doubri hat es besonders auf die Nacktheit abgesehen – das ist für ihn schlimmer als der Beischlaf. Also, in Aussar muss jedermann im Hemde baden, auch wenn er allein ist. Verheiratete haben im Bett lange Gewänder zu tragen, die an den entsprechenden Stellen Schlitze haben, wenn sie zum Ruhme der Götter Kinder zeugen wollen.‹
Fusonio überlegte eine Zeitlang und sagte schließlich: ›Zeig mir mal die Astis-Statuen, auf die du unseren Staatsschatz vergeudet hast.‹ Und der König führte seinen Bruder in den Tempel der Astis, wo Fusonio einige Zeit verweilte, wobei er hier und dort mit der Hand über eine besonders gelungene Rundung strich.
›Gut‹, sagte Fusonio schließlich. ›Ich weiß, was wir machen. Aber um unseren Kummer mit der Wurzel auszureißen, muss ich dich bitten, zu meinen Gunsten abzudanken. Sonst kehre ich auf meine Schiffe zurück und fahre einfach wieder fort.‹
Forimar versuchte seinen Bruder umzustimmen; er fluchte und drohte und raufte sich das Haar aus. Aber Fusonio gab nicht nach, und so unterzeichnete der König schließlich die Abdankungsurkunde, schleuderte seinem Bruder das königliche Siegel an den Kopf und marschierte entrüstet davon, um ein Musikstück zu komponieren, das noch heute als ›Wütende Sonate‹ bekannt ist.
König Fusonio gab nun Anweisung, dass alle Statuen
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