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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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essen sie Chips, von denen sie dick werden, trinken Cola, wovon sie Karies kriegen, sehen gewaltverherrlichende Sendungen im Fernsehen und kampieren auf dem unhygienischen Fußboden der Oakleys, alles im Interesse der Versöhnung unserer Familien.«
    »Na schön. Vielen Dank.«
    »Keine Ursache.«
    Die Dusche ging wieder an, sie schäumte sich noch einmal die Haare ein. Die Dusche ging aus.
    »Und nach dem Squash widme ich mich, denn heute ist Donnerstag, meiner Arbeit; ich muß noch Señor Delgados Termine für die nächste Woche planen und aufeinander abstimmen.«
    »Das hast du bereits gesagt. Offenbar hat er ja einen reichlich vollen Terminkalender. Sehr beeindruckend.«
    Den Vorhang aufreißen. Ihr versprechen, daß er sich künftig nur noch an die Realität halten werde. Aber Realität war längst nicht mehr Pendels Thema, falls es das je gewesen war. Auf dem Weg zur Schule sang er alle Strophen von »My object all sublime«; die Kinder dachten, er sei wahnsinnig gut gelaunt. Als er seinen Laden betrat, wurde er zum verzauberten Fremden. Die neuen blauen Läufer und das elegante Mobiliar überraschten ihn, ebenso die Sportabteilung in Martas Glaskasten und der glänzende neue Rahmen um Braithwaites Porträt. Wer hat das bloß alles angeschafft? Ich selbst. Der Duft von Martas Kaffee, der von oben aus dem Clubraum wehte, entzückte ihn ebenso wie der Anblick eines neuen Berichts über studentische Protestaktionen in der Schublade seines Arbeitstischs. Bereits um zehn Uhr begann verheißungsvoll die Ladenglocke zu läuten.
     
    Als erstes mußte er sich um den amerikanischen Geschäftsträger und seinen blassen Adjutanten kümmern und ihm den neuen Smoking anprobieren, den der Geschäftsträger einen Tuxedo nannte. Vor dem Laden stand sein gepanzerter Lincoln Continental, in dem ein finsterer Fahrer mit Bürstenschnitt wartete. Der Geschäftsträger war ein komischer, wohlhabender Bostoner, der sein Leben damit verbracht hatte, Proust zu lesen und Krocket zu spielen. Sein heutiges Thema war das verflixte Thanksgiving-Grillfest der amerikanischen Familien samt anschließendem Feuerwerk, eine Angelegenheit, die auch Louisa alljährlich Kopfschmerzen bereitete.
    »Wir haben keine kultivierte Alternative, Michael«, beteuerte der Geschäftsträger mit seinem Bostoner Akzent, während Pendel mit Kreide eine Linie auf den Kragen zog.
    »Genau«, sagte der blasse Adjutant.
    »Entweder behandeln wir sie wie stubenreine Erwachsene, oder wir bezeichnen sie als böse Kinder, denen wir nicht trauen können.«
    »Genau«, wiederholte der blasse Adjutant.
    »Die Leute mögen es, wenn man sie respektiert. Wenn ich davon nicht überzeugt wäre, hätte ich nicht meine besten Jahre der Komödie der Diplomatie gewidmet.«
    »Wenn wir freundlicherweise ein wenig den Arm beugen würden, Sir«, murmelte Pendel, die Handkante sacht an die Innenseite des geschäftsträgerlichen Ellbogens legend.
    »Die Militärs werden uns verabscheuen«, sagte der Adjutant.
    »Beult das Revers auch nicht aus, Harry? Sieht mir ein wenig zu üppig aus. Was meinen Sie, Michael?«
    »Einmal bügeln, und das Problem ist ein für allemal behoben, Sir.«
    »Sieht doch großartig aus«, sagte der blasse Adjutant.
    »Und die Ärmellänge, Sir? Etwa so, oder ein klein wenig kürzer?«
    »Ich weiß nicht so recht«, sagte der Geschäftsträger.
    »Wegen der Militärs oder wegen der Ärmel?« fragte der Adjutant.
    Der Geschäftsträger wedelte mit den Handgelenken und beobachtete sich dabei kritisch.
    »So ist es gut, Harry. Genau so. Wenn es nach den Jungs von Ancón Hill gehen würde, Michael, würden zweifellos fünftausend von ihnen in Kampfausrüstung die Straße bewachen; die würden sich in Panzerwagen dort hin- und wieder abtransportieren lassen.«
    Der Adjutant lachte grimmig auf.
    »Aber wir sind schließlich keine Barbaren, Michael. Nietzsche ist nicht gerade das richtige Vorbild für die einzige Supermacht der Welt auf dem Weg ins einundzwanzigste Jahrhundert.«
    Pendel drehte den Geschäftsträger halb herum, damit der seinen Rücken besser bewundern konnte.
    »Und die Rocklänge, Sir, ganz allgemein? Darf’s ein wenig länger sein, oder sind wir so zufrieden?«
    »Harry, wir sind zufrieden. Erstklassige Arbeit. Verzeihen Sie, wenn ich heute etwas zerstreut bin. Wir versuchen gerade, einen Krieg zu verhindern.«
    »Bei solchem Bemühen können wir Ihnen nur Erfolg wünschen, Sir«, sagte Pendel ernst, als der Geschäftsträger und sein Adjutant, von

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