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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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dem katzbuckelnden Fahrer begleitet, die Treppe hinabschritten.
    Er hatte es kaum erwarten können, daß sie endlich gingen. Himmlische Chöre sangen ihm in den Ohren, als er die heimlichen hinteren Seiten seines Schneider-Notizbuchs aufschlug und hastig notierte:
    Die Spannungen zwischen US-Militärs und diplomatischem Personal haben nach Ansicht des US-Geschäftsträgers einen äußerst kritischen Punkt erreicht ; Zankapfel ist die Frage , wie mit der Studentenrevolte umzugehen sei , falls diese ihr häßliches Haupt erheben sollte . Nach den unter dem Siegel absoluter Verschwiegenheit dem Informanten mitgeteilten Äußerungen des Geschäftsträgers …
    Was hatten sie ihm mitgeteilt? Wertloses Zeug. Was hatte er gehört? Erstaunliche Neuigkeiten. Und das war erst die Probe gewesen.
     
    »Dr. Sancho«, rief Pendel und breitete entzückt die Arme aus. »Lange nicht mehr gesehen, Sir. Señor Lucullo, welch ein Vergnügen. Marta, wo haben wir das gemästete Kalb?«
    Sancho: plastischer Chirurg, Besitzer diverser Kreuzfahrtschiffe, verheiratet mit einer reichen Frau, die er nicht ausstehen konnte. Lucullo: Friseur mit guten Karriereaussichten. Beide aus Buenos Aires. Letztesmal ging es um Mohairanzüge mit zweireihigen Westen für Europa. Diesmal brauchen wir unbedingt weiße Smokingjacken für die Yacht.
    »Und an der Heimatfront ist alles ruhig?« begann Pendel oben bei einem Gläschen, sie kunstfertig auszufragen. »Nirgendwo ein großer Putsch in Planung? Ich sage immer, Südamerika ist der einzige Ort der Welt, wo es passieren kann, daß man heute einem Gentleman einen Anzug schneidert und morgen seine Statue damit bekleidet sieht.«
    Keine großen Putsche, bestätigten sie kichernd.
    »Aber, Harry, haben Sie gehört, was unser Präsident zu Eurem Präsidenten gesagt hat, als die beiden sich unbelauscht glaubten?«
    Pendel hatte es nicht gehört.
    »Also, drei Präsidenten sitzen in einem Zimmer, ja? Panama, Argentinien, Peru. ›Nun‹, sagt der Präsident von Panama. › Ihr habt es gut. Ihr werdet für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Aber bei uns in Panama ist eine Wiederwahl durch die Verfassung verboten. Das ist doch einfach nicht fair.‹ Worauf unser Präsident ihm antwortet: ›Tja, mein Lieber, vielleicht liegt das daran, daß ich zweimal machen kann, was Sie nur einmal machen können!‹ Und dann sagt der peruanische Präsident …«
    Doch was der peruanische Präsident sagte, hatte Pendel nicht mitbekommen. Wieder sangen himmlische Chöre in seinen Ohren, als er pflichtgemäß in sein Notizbuch eintrug, daß der ebenso hinterhältige wie heuchlerische Ernie Delgado seiner bewährten Privatsekretärin und unentbehrlichen Assistentin Louisa, auch als Lou bekannt, im Vertrauen mitgeteilt habe, der pro-japanische Präsident von Panama verfolge insgeheim die Absicht, seine Macht ins einundzwanzigste Jahrhundert auszudehnen.
     
    »Gestern abend haben die Schweine von der Opposition eine Frau in die Sitzung geschickt, die mich geschlagen hat«, berichtet Juan Carlos von der Gesetzgebenden Versammlung stolz, während Pendel die Schulterpartie seines Tagesanzugs mit Kreidelinien markiert. »Ich hatte das Weibsbild vorher noch nie gesehen. Löst sich aus der Menge und läuft mir strahlend entgegen. Fernsehkameras, Zeitungsreporter. Und ehe ich mich versehe, hat sie mir auch schon einen rechten Haken verpaßt. Was soll ich da wohl machen? Ihr vor den Kameras auch eine reinhauen? Juan Carlos, der Frauenschläger? Wenn ich nichts tue, werd ich als Weichei ausgelacht. Wissen Sie, was ich getan habe?«
    »Ich kann es mir nicht vorstellen« – die Taille nachmessen und einen Zoll hinzufügen, damit Juan Carlos bei seinem Aufstieg zum Ruhm auch weiterhin genügend Platz hat.
    »Ich habe sie auf den Mund geküßt. Ihr meine Zunge in den dreckigen Schlund gesteckt. Grauenhafter Mundgeruch. Jetzt beten sie mich an.«
    Pendel perplex. Pendel außer sich vor Bewunderung.
    »Was ist eigentlich an den Gerüchten Juan Carlos, daß Sie Vorsitzender irgendeines besonderen Sonderausschusses werden sollen?« fragt er ernst. »Demnächst werde ich Sie wohl noch für die Amtseinführung als Präsident einkleiden müssen.«
    Juan Carlos brach in schallendes Gelächter aus.
    »Besonders? Der Armutsausschuß? Ausschuß! Das kann man wohl sagen! Kein Geld, keine Zukunft. Wir sitzen da und glotzen uns an; wir sagen, das ist schon ein Jammer mit der Armut; und dann gehen wir erstmal anständig was essen.«
    In einem weiteren

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