Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
zu spähen, und mit den Zehen über Louisas Wade streicht, was sie gleichzeitig wütend und scharf macht, Emily, ich hasse dich, Rafi, laß mich in Ruhe, du Schleimscheißer, und glotz Donna nicht so an, und Gott, Harry, wirst du’s mir heut nacht endlich mal wieder besorgen?
     
    Warum Harry die Oakleys eingeladen hatte, war Louisa ebenfalls ein Rätsel, bis ihr einfiel, daß Kevin an irgendwelchen Spekulationsgeschäften im Zusammenhang mit dem Kanal beteiligt war, denn Kevin handelte mit Rohstoffen und anderen Dingen und war darüber hinaus ein, wie ihr Vater gesagt haben würde, verdammter Amigangster, während seine Frau zu Jane-Fonda-Videos Aerobic machte, in hautengen Shorts durch die Gegend joggte und für jeden hübschen panamaischen Jungen mit den Hüften wackelte, der ihr im Supermarkt den Einkaufswagen schob, und nicht nur den Einkaufswagen, wenn sie recht informiert war.
    Und sie saßen kaum, da mußte Harry natürlich gleich vom Kanal anfangen; als erstes nahm er sich Delgado vor, der mit aristokratisch würdevollen Platitüden antwortete, dann zog er alle anderen in die Diskussion, ob sie etwas dazu beizutragen hatten oder nicht. Seine Fragen an Delgado waren so plump, daß es ihr peinlich war. Nur Rafis stromernder Fuß und die Erkenntnis, daß sie ein wenig benebelt war, hielten sie davon ab, ihm zu sagen: Harry , Mr .  Delgado ist mein Chef , verdammt , nicht deiner . Mußt du dich denn so zum Idioten machen , du Saftsack? Aber so hätte die Hure Emily gesprochen, nicht die tugendhafte Louisa, die niemals fluchte, jedenfalls nicht vor Kindern und nie, wenn sie nüchtern war.
    Nein, beantwortete Delgado höflich Harrys aufdringliche Fragen, man habe auf der Reise des Präsidenten keine Abkommen getroffen, aber es seien einige interessante Ideen aufgetaucht, Harry, es herrsche allgemein der Wille zur Kooperation, und der gute Wille sei ja erst einmal das Wichtigste.
    Gut gemacht, Ernesto, dachte Louisa, stoß ihm ordentlich Bescheid.
    »Aber jeder weiß doch, daß die Japaner hinter dem Kanal her sind, Ernie«, sagte Harry und ging damit zu hirnrissigen Verallgemeinerungen über, die er mangels Wissen niemals aufrechterhalten konnte. »Die Frage ist doch nur, wie sie sich an uns ranschleichen werden. Was sagen Sie denn eigentlich dazu, Rafi?«
    Rafis Fußspitze steckte in Louisas Kniekehle, Donnas Dekolleté stand offen wie ein Scheunentor.
    »Ich will Ihnen sagen, was ich von den Japanern denke, Harry. Sie wollen wissen, was ich von den Japanern halte«, sagte Rafi mit seiner ratternden Auktionatorstimme und trommelte sein Publikum zusammen.
    »Ja, das würde mich interessieren«, sagte Harry salbungsvoll.
    Doch Rafi mußte jeden zum Zuhörer haben.
    »Ernesto, wollen Sie wissen, was ich von den Japanern denke?«
    Delgado gab huldvoll zu verstehen, es interessiere ihn, was Rafi von den Japanern denke.
    »Donna, wollen Sie hören, was ich von den Japanern denke?«
    »Nun sagen Sie’s schon, Rafi, Herrgott noch mal«, sagte Oakley gereizt.
    Aber Rafi war noch nicht zufrieden.
    »Louisa?« fragte er und wackelte mit den Zehen in ihrer Kniekehle.
    »Ich glaube, wir alle hängen an Ihren Lippen, Rafi«, sagte Louisa in ihrer Rolle als charmante Gastgeberin und Hurenschwester.
    Und dann rückte Rafi endlich mit seiner Meinung zu den Japanern heraus:
    »Ich denke, daß diese verdammten Japsen letzte Woche vor dem großen Rennen meinem Pferd Dolce vita eine doppelte Dosis Valium gespritzt haben!« rief er und lachte mit so vielen glänzenden Goldzähnen so laut über seinen Witz, daß sein Publikum notgedrungen mitlachte: Louisa am lautesten, Donna knapp dahinter.
    Aber Harry ließ sich nicht ablenken. Sondern warf sich auf das Thema, das, wie er wußte, seine Frau mehr aufregte als alle anderen: das Verfügungsrecht über die ehemalige Kanalzone.
    »Seien wir doch mal ehrlich, Ernie, das ist ein sehr hübsches kleines Grundstück, daß ihr da unter euch aufteilt. Fünfhundert Quadratmeilen vom Garten Amerika, gepflegt und bewässert wie der Central Park, mehr Swimmingpools als im ganzen übrigen Panama – da muß man doch ins Grübeln kommen. Steht eigentlich das Projekt von der ›Stadt des Wissens‹ noch auf der Tagesordnung, Ernie? Einige meiner Kunden scheinen diese Idee für eine Totgeburt zu halten, eine Universität mitten im Dschungel. Kaum vorstellbar, daß irgendein superschlauer Professor das als den Gipfel seiner Karriere betrachten könnte, aber ich weiß nicht, ob die das richtig

Weitere Kostenlose Bücher