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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Geld ist ausschließlich zum Gebrauch seiner Bewegung bestimmt, das heißt auch für Fischer und Studenten, korrekt ausgezahlt und koscher, mit Quittungen und allem Drum und Dran«, schloß er mit dankbarer Verneigung vor seinem Onkel Benny.
    Doch Osnard reagierte nicht so, wie Pendel erwartet hatte. Im Gegenteil, sein aufgedunsenes Gesicht schien während Pendels Rede aufzuleuchten.
    »Das wird sich machen lassen«, sagte er vollkommen einsichtig, nachdem er gebührend lange über dieses interessante Ansinnen nachgedacht hatte. »London dürfte auch nichts einzuwenden haben. Ich werde es ihnen schmackhaft machen, und dann sehen wir weiter. Die meisten da sind gar nicht so unvernünftig. Engagiert. Wenn nötig auch flexibel. Fischer kann man nicht mit Scheck bezahlen. Wäre ziemlich blödsinnig. Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    »Ich denke, das reicht erst mal. Danke, Andy«, erwiderte Pendel brav und versuchte, sich seine Verblüffung nicht anmerken zu lassen.
     
    Marta stand am Herd und kochte griechischen Mokka, den Pendel besonders gern trank. Er lag auf ihrem Bett und studierte ein komplexes Diagramm aus Linien und Kreisen und Kombinationen von Großbuchstaben und Ziffern.
    »Das ist eine Schlachtordnung«, erklärte sie. »Wie wir sie auch schon als Studenten entworfen haben. Kodenamen, Zellen, Kommunikationswege, dazu eine spezielle Verbindungsgruppe für Gespräche mit den Gewerkschaften.«
    » Und wo ist Mickie darin zu finden?«
    »Nirgends. Mickie ist unser Freund. Das wäre nicht angebracht.«
    Der Kaffee siedete auf und setzte sich wieder. Sie füllte zwei Tassen.
    »Und der Bär hat angerufen.«
    »Was hat er gewollt?«
    »Er sagt, er plant einen Artikel über dich.«
    »Ist doch prima.«
    »Er will wissen, wieviel der neue Clubraum dich gekostet hat.«
    »Wieso interessiert ihn das denn?«
    »Weil er ein schlechter Mensch ist.«
    Sie nahm ihm die Schlachtordnung aus der Hand, reichte ihm den Kaffee und setzte sich dicht neben ihn aufs Bett.
    »Und Mickie will noch einen Anzug. Alpaka mit Hahnentritt-Muster, so einen, wie du für Rafi gemacht hast. Ich habe ihm gesagt, den bekommt er erst, wenn er den letzten bezahlt hat. War das in Ordnung?«
    Pendel nippte an seinem Mokka. Er hatte Angst, wußte aber nicht, warum.
    »Wenn’s ihn glücklich macht, soll er ihn haben«, sagte er, ihrem Blick ausweichend. »Er hat es verdient.«

11
    Alle waren begeistert, wie gut es sich mit dem jungen Andy anließ. Selbst Botschafter Maltby, bei dem man Begeisterungsfähigkeit im herkömmlichen Sinn gar nicht vermutet hätte, ließ die Bemerkung fallen, daß ein junger Mann, der beim Golf mit Handicap Acht antritt und zwischen den Schlägen den Mund hält, kein ganz schlechter Mensch sein könne. Nigel Stormont hatte seine bösen Befürchtungen nach wenigen Tagen vergessen. Osnard erhob keinen Anspruch auf seine Stellung als Leiter der Kanzlei, bewies gebührenden Respekt vor den Empfindlichkeiten seiner Kollegen und machte bei den diversen gesellschaftlichen Anlässen einen guten, wenn auch nicht glänzenden Eindruck.
    »Haben Sie irgendwelche Vorschläge, wie ich Ihre Anwesenheit hier in der Stadt erklären soll?« fragte Stormont ihn bei ihrer ersten Begegnung nicht allzu freundlich. »Ganz zu schweigen von der Botschaft«, fügte er noch hinzu.
    »Wie wär’s mit Kanalbeobachter?« meinte Osnard. »Großbritanniens Handelswege im postkolonialen Zeitalter. Stimmt doch sogar in gewisser Weise. Kommt nur drauf an, wie man beim Beobachten vorgeht.«
    Stormont fand an diesem Vorschlag nichts auszusetzen. Jede bedeutende Botschaft in Panama hatte ihren Kanalexperten, nur die Briten nicht. Aber kannte Osnard sich überhaupt damit aus?
    »Wie steht es denn mit den US-Basen?« Mit dieser Frage wollte Stormont Osnards Befähigung für seinen neuen Posten prüfen.
    »Kann Ihnen nicht folgen.«
    »Bleiben die US-Soldaten oder nicht?«
    »Ist noch völlig offen. Viele in Panama wollen die Basen noch behalten, als Sicherheit für ausländische Investoren. Kurzsichtige Leute. Sehen das als Übergangsstadium.«
    »Und die anderen?«
    »Für die ist jeder weitere Tag zuviel. Müssen die Amis seit 1904 als Kolonialmacht ertragen, Schande für die Region, sollen endlich abhauen. Von hier aus sind US-Marines in den zwanziger Jahren über Mexiko und Nicaragua hergefallen, 1925 haben sie die Streiks in Panama niedergeschlagen. Seit dem Bau des Kanals sind die US-Soldaten hier. Das gefällt keinem außer den Bankleuten. Zur

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