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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Zeit dient Panama den USA als Basis für Schläge gegen die Drogenbarone in den Anden und in Mittelamerika und als Ausbildungslager für lateinamerikanische Soldaten, die von ihren Regierungen in den Kampf gegen Feinde geschickt werden sollen, die erst noch gefunden werden müssen. Auf den US-Basen sind viertausend Panamaer beschäftigt, weitere elftausend Jobs hängen zusätzlich dran. Offizielle Truppenstärke der USA siebentausend Mann, aber vieles wird verschwiegen, jede Menge ausgehöhlte Berge, vollgestopft mit Kriegsgerät und so weiter. Angeblich entfallen vier Komma fünf Prozent des Bruttosozialprodukts auf die militärische Präsenz der USA, aber das ist natürlich Quatsch, wenn man Panamas versteckte Gewinne mit einbezieht.«
    »Und die Verträge?« fragte Stormont, insgeheim beeindruckt.
    »Nach dem Vertrag von 1904 gehört die Kanalzone für alle Zeiten den Amis, der Torrijos-Carter-Vertrag von ’77 schreibt vor, daß der Kanal mit allem, was dazugehört, zur Jahrhundertwende unentgeltlich an Panama zurückzugeben ist. Amerikas Rechte sieht das immer noch als Ausverkauf. Das Protokoll läßt die weitere Anwesenheit von US-Militär zu, falls beide Seiten damit einverstanden sind. Die Frage, wer wem wann wofür wieviel bezahlt, hat man ausgeklammert. Hab ich bestanden?«
    Er hatte bestanden. Osnard, der offizielle Kanalbeobachter, bezog pünktlich seine Wohnung, gab Einstandspartys, drückte tausend Hände und hatte sich binnen weniger Wochen zu einer erfreulichen kleinen Bereicherung der diplomatischen Landschaft entwickelt. Und ein paar Wochen später galt er schon als feste Größe. Er spielte nicht nur Golf mit dem Botschafter, sondern auch Tennis mit Simon Pitt, er beteiligte sich an den fröhlichen Strandpartys der jüngeren Botschaftsangestellten ebenso wie an den regelmäßigen hektischen Aktivitäten der diplomatischen Gemeinde, wenn es darum ging, zur Beruhigung des eigenen Gewissens Geld für die unterprivilegierten Bürger Panamas zu sammeln, von denen es erfreulicherweise einen unerschöpflichen Vorrat gab. Als die Botschaft eine Pantomimenaufführung plante, wurde Osnard einstimmig die Rolle des Freifräuleins zugewiesen.
    »Darf ich Sie mal was fragen?« wandte sich Stormont an ihn, als sie sich etwas besser kennengelernt hatten. »Was macht eigentlich dieser Ausschuß Planung & Anwendung, wenn er zusammenkommt?«
    Osnard drückte sich undeutlich aus. Absichtlich, vermutete Stormont.
    »Weiß ich nicht genau. Untersteht dem Finanzminister. Bunte Mischung aus diversen Ämtern. Dazu Leute aus allen möglichen Lebensbereichen. Frischer Wind, der die Spinnweben vertreiben soll. Unabhängige und Gesalbte des Herrn.«
    »Irgendwelche bestimmten Bereiche?«
    »Parlament. Presse. Hier und da. Mein Chef hält das für eine Riesensache, spricht aber kaum davon. Den Vorsitz hat ein gewisser Cavendish.«
    » Cavendish? «
    »Vorname Geoff.«
    » Geoffrey Cavendish?«
    »So eine Art Freischaffender. Zieht die Fäden von außerhalb. Büro in Saudi-Arabien, Häuser in Paris und im West End, Schloß in Schottland. Mitglied im Boodles-Club.«
    Stormont starrte Osnard ungläubig an. Cavendish, der Vitamin-B-Händler, dachte er. Cavendish, der Rüstungslobbyist. Cavendish, der selbsternannte Freund der Staatenlenker. Cavendish, der Zehn-Prozent-Mann: Stormont kannte ihn aus seiner Dienstzeit im Londoner Außenministerium. Kanonen-Cavendish, Waffenmakler. Geoff der Ölscheich. Wer mit Obengenanntem in Beziehung tritt, hat vor jedem weiteren Schritt unverzüglich die Personalabteilung zu informieren.
    »Wer noch?« fragte Stormont.
    »Ein gewisser Tug. Nachname unbekannt.«
    »Vielleicht Kirby?«
    »Nur Tug«, sagte Osnard mit einer Gleichgültigkeit, die Stormont ziemlich sympathisch war. »Zufällig am Telefon mitbekommen. Mein Chef hatte sich vor der Sitzung mit Tug zum Essen verabredet. Mein Chef hat bezahlt. War wohl so üblich.«
    Stormont biß sich auf die Lippe und fragte nicht weiter. Er wußte bereits mehr als er wollte und wahrscheinlich auch mehr als er sollte. Statt dessen wandte er sich dem heiklen Problem von Osnards künftigen Erkenntnissen zu, worüber sie unter vier Augen in einem neuen schweizerischen Restaurant diskutierten, in dem es Kirsch zum Kaffee gab. Osnard hatte das Lokal ausgesucht, Osnard bestand darauf, die Rechnung aus seinem, wie er es nannte, Reptilienfonds zu bezahlen, Osnard schlug vor, sie sollten Cordon bleu und Gnocchi essen, das Ganze mit einem chilenischen Roten

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