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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Ausbildung hat man Ihnen nichts davon erzählt?«
    Nichts wovon? fragt sich Osnard.
    »Nichts, Sir.«
    »Von einem gewissen hochgeheimen Gremium, das Planung & Anwendung genannt wird, ist nie die Rede gewesen?«
    »Nein, Sir.«
    »Und von dessen Vorsitzenden, einem gewissen Geoff Cavendish, einem Mann mit bemerkenswertem Weitblick, der sich in den Künsten der Einflußnahme und der friedlichen Überredung bewährt hat?«
    »Nein, Sir.«
    »Ein Mann, der Amerika kennt wie kein zweiter?«
    »Nein, Sir.«
    »Und es war nie die Rede davon, daß sich ein neuer Realismus in den Huren des Geheimdienstes ausbreitet? Daß die Basis verdeckter politischer Maßnahmen erweitert wird? Gute Männer und Frauen aus allen Lebensbereichen um die Fahne der Geheimdienste geschart werden sollen?«
    »Nein.«
    »Daß dafür zu sorgen ist, daß diejenigen, die unsere Nation groß gemacht haben, auch bei ihrer Rettung mitwirken sollen, seien es nun Minister ihrer Majestät, Industriebarone, Pressezaren, Bankiers, Reeder oder andere erfahrene Männer und Frauen?«
    »Nein.«
    »Daß wir gemeinsam planen und, wenn die Pläne fertig sind, sie auch ausführen ? Daß man künftig, durch behutsame Hinzuziehung erfahrener Außenstehender, in solchen Fällen auf Skrupel verzichtet, bei denen Handeln den Verfallsprozeß eindämmen könnte? Nichts?«
    »Nichts.«
    »Dann muß ich den Mund halten, junger Mr. Osnard. Und Sie auch. Künftig reicht es unserem Service nicht mehr, Länge und Stärke des Seils zu kennen, an dem man uns aufhängen wird. Mit Gottes Hilfe werden wir auch das Schwert schwingen, mit dem man dieses Seil zerschneiden kann. Vergessen Sie, was ich eben gesagt habe.«
    »Jawohl, Sir.«
    Damit ist die Betstunde beendet, und Luxmore kommt mit neu belebter Selbstherrlichkeit auf das Thema zurück, das er vorübergehend hat fallenlassen.
    »Kümmert es unser tapferes Außenministerium oder die hochgesinnten Liberalen vom Capitol eigentlich im geringsten, daß die Panamaer nicht einmal fähig sind, eine Kaffeebude zu betreiben, geschweige denn den bedeutendsten Handelsweg der Welt? Daß sie korrupt und vergnügungssüchtig sind und käuflich bis zur Unbeweglichkeit?« Er dreht sich um, als wolle er einen Einwand aus den hinteren Reihen zurückweisen. »An wen werden sie sich verkaufen, Andrew? Wer wird sie kaufen? Zu welchem Zweck? Und mit welchen Auswirkungen auf unsere lebenswichtigen Interessen? Katastrophal ist ein Wort, das ich nicht leichtfertig in den Mund nehme, Andrew.«
    »Wie wär’s dann mit kriminell?« schlägt Osnard hilfsbereit vor.
    Luxmore schüttelt den Kopf. Der Mann muß erst noch geboren werden, der Scottie Luxmores Adjektive ungestraft korrigieren darf. Osnards selbsternannter Mentor und Führer hat noch eine Karte auszuspielen, und Osnard muß ihm dabei zusehen, denn real sind Luxmores Handlungen meist nur dann, wenn sie von anderen beobachtet werden. Er greift zu dem grünen Telefon, das ihn mit anderen Unsterblichen auf dem Olymp von Whitehall verbindet, und verzieht ebenso schelmisch wie bedeutsam das Gesicht.
    »Tug!« ruft er entzückt – und Osnard hält dieses Wort zunächst für eine saloppe Grußformel und nicht für den Spitznamen, der es letztlich ist. »Sagen Sie, Tug, gehe ich richtig in der Annahme, daß die Planer & Anwender am nächsten Donnerstag im Haus einer gewissen Person eine kleine Zusammenkunft haben? – Also doch. Gut, gut. So zuverlässig arbeiten meine Spione nicht immer, hm, hm. Tug, erweisen Sie mir die Ehre, Sie an diesem Tag zum Lunch einladen zu dürfen, damit Sie, haha, desto besser auf die Tortur vorbereitet sind? Und falls unser Freund Geoff sich uns anschließen könnte, darf ich davon ausgehen, daß Sie nichts dagegen hätten? Nein, Tug, ich bestehe darauf, diesmal bin ich an der Reihe. Fragt sich nur noch, wo wir uns treffen sollen. Ich schlage vor, irgendwo abseits vom Getümmel. Also nicht in den üblichen Lokalitäten. Ich denke da an ein kleines italienisches Restaurant am Embankment – haben Sie was zum Schreiben da, Tug?«
    Unterdessen schwenkt er auf dem Absatz herum, wippt auf den Zehenspitzen und hebt, langsam von einem Fuß auf den andern tretend, die Knie, um nicht über die am Boden liegende Telefonschnur zu stolpern.
     
    » Panama? « rief der Personalchef erheitert. »Als erster Posten? Sie? In Ihrem zarten Alter da draußen auf sich allein gestellt? All die verführerischen Prachtweiber da? Drogen, Sünden, Spione, Gauner? Scottie muß den Verstand verloren

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