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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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erzählen, Andy.«
    »Bitte tun Sie das, Sir.«
    Das Sir , traditionsgemäß eigentlich dem Chef des Service vorbehalten, ist Osnards Beitrag zu Luxmores bereitwilligen Offenbarungen.
    »Sie können einen schlechten Kontaktmann haben, junger Mr. Osnard. Sie können ihn vor den Safe der Gegenseite stellen, und obwohl ihm die Kombination in den dummen Ohren dröhnt, wird er mit leeren Händen zu Ihnen zurückkommen. Ich habe so etwas selbst erlebt. Wir hatten so einen während der Falkland-Krise. Aber wenn Sie einen guten haben, können Sie ihn mit verbundenen Augen in der Wüste absetzen, und trotzdem wird er sein Ziel nach einer Woche ausgeschnüffelt haben. Warum? Weil er zum Dieb geboren ist« – er saugt. »Ich kenne viele solcher Leute. Merken Sie sich das, Andy. Wer nicht zum Dieb geboren ist, ist überhaupt nichts.«
    »Ich merk’ es mir«, sagt Osnard.
    Schaltet in einen anderen Gang. Läßt sich jäh hinterm Schreibtisch nieder. Greift nach dem Hörer. Läßt ihn liegen. »Rufen Sie im Archiv an«, befiehlt er Osnard. »Die sollen uns irgendeinen Kodenamen aus dem Hut zaubern. Ein Kodename zeugt von Entschlossenheit. Entwerfen Sie mir eine Vorlage, nicht länger als eine Seite. Die da oben sind beschäftigte Leute.« Greift nun doch zum Hörer. Tippt eine Nummer. »Unterdessen führe ich ein paar Privatgespräche mit einigen einflußreichen Personen des öffentlichen Lebens, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und ewig namenlos bleiben werden« – er saugt – »diese Amateure vom Finanzministerium werden überall ihre Knüppel dazwischenwerfen. Denken Sie immer nur an den Kanal, Andrew. Alles dreht sich um den Kanal.« Unterbricht sich, legt den Hörer wieder auf. Sein Blick richtet sich auf das Rauchglasfenster, hinter dem gefilterte schwarze Wolken das Parlament der Parlamente bedrohen. Sekunde. »Das werde ich Ihnen sagen, Andrew«, flüstert er. » Alles dreht sich um den Kanal . Das soll unser Slogan sein, wenn wir mit Leuten aus allen Lebensbereichen zu tun bekommen.«
    Doch Osnards Gedanken bleiben bei irdischen Dingen. »Wir werden uns ziemlich komplizierte Zahlungsmodalitäten für ihn ausdenken müssen, oder, Sir?«
    »Wozu? Unsinn. Regeln sind dazu da, daß man sie bricht. Hat man Ihnen das nicht beigebracht? Natürlich nicht. Diese Ausbilder leben alle hinter dem Mond. Ich sehe, Sie wollen noch was loswerden. Raus damit.«
    »Nun ja, Sir.«
    »Ja, Andrew.«
    »Ich wüßte gern Genaueres über seine derzeitige finanzielle Lage. In Panama. Falls er nämlich einen Haufen Geld verdient …«
    »Ja?«
    »Nun, dann werden wir ihm schon eine Menge anbieten müssen, richtig? Angenommen, er macht eine Viertelmillion Dollar netto im Jahr, und wir bieten ihm noch mal fünfundzwanzigtausend, dann wird ihn das wohl kaum vom Hocker reißen. Falls Sie mir folgen können.«
    »Und?« – amüsiert, den Jungen reden lassend.
    »Nun, Sir, ich frage mich, ob einer Ihrer Freunde in der Stadt sich unter einem Vorwand an Pendels Bank wenden und den Kontostand ermitteln könnte.«
    Luxmore ist bereits am Telefon, die freie Hand stramm an der Hosennaht.
    »Miriam, meine Liebe. Verbinden Sie mich mit Geoff Cavendish. Wenn der nicht da ist, versuchen Sie’s bei Tug. Und, Miriam. Es ist dringend.«
     
    Erst nach weiteren vier Tagen wurde Osnard das nächstemal vorgeladen. Pendels jämmerliche Bankauszüge lagen mit freundlicher Genehmigung von Ramón Rudd auf Luxmores Schreibtisch. Luxmore selbst stand reglos am Fenster und genoß den historischen Augenblick.
    »Er hat sich die Ersparnisse seiner Frau unter den Nagel gerissen, Andrew. Bis auf den letzten Penny. Kann es nicht lassen, dicke Schulden zu machen. Das können die nie. Jetzt haben wir ihn bei den Eiern.«
    Er wartete, während Osnard die Zahlen las.
    »Ein Gehalt würde ihm demnach nichts nützen«, sagte Osnard, der in Geldangelegenheiten weitaus erfahrener war als sein Vorgesetzter.
    »Ach. Und warum nicht?«
    »Weil es direkt in die Tasche seines Bankdirektors wandern würde. Wir werden ihn vom ersten Tag an mit Bargeld füttern müssen.«
    »Wieviel?«
    Inzwischen hatte Osnard einen Betrag errechnet. Er verdoppelte ihn, da es ja nur vorteilhaft war, so anzufangen, wie er weiterzumachen beabsichtigte.
    »Mein Gott, Andrew. So viel?«
    »Es könnte auch mehr sein, Sir«, sagte Osnard düster. »Ihm steht das Wasser bis zum Hals.«
    Luxmores Blick richtete sich trostsuchend auf die Londoner Skyline.
    »Andrew?«
    »Sir?«
    »Ich habe Ihnen einmal

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