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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Seitenblick zu und hob die Augenbrauen. »Sie können sich wahrscheinlich denken, wie schwierig es ist, entsprechende Probanden zu finden.«
    »Gott, wie sind Sie denn auf die Idee gekommen?«
    »Ach, fragen Sie bloß nicht«, meinte Jan. »Wenn ich könnte, würde ich das Thema noch wechseln, aber der Zug ist abgefahren. Mein Doktorvater ist geradezu versessen auf das Thema.«
    »Herr Floss, selbst wenn ich Ihnen helfen wollte, ich kann Ihnen natürlich keine Adressen geben – zumal ich persönlich im Moment gar keine wüsste. Wie wär es, wenn Sie unten im Foyer einen Aushang machen?«
    »Und wie ist das mit älteren Fällen?«
    »Älter? Wie alt?«
    Jan überlegte fieberhaft. Er hatte den Mann unter der Brücke ja nur kurz gesehen, und die Ornamente in seinem Gesicht hatten sein Alter recht gut versteckt. »Siebziger oder achtziger Jahre.«
    Die Frau lachte. Es klang nach Bartresen, 10   000 Zigaretten, und er sah eine Mittfünfzigerin vor sich. »Da fragen Sie sowieso die Falsche. Ich bin erst seit sechs Jahren hier. Und die Akten aus dieser Zeit sind längst vernichtet.«
    »Gibt es denn noch irgendjemand in Ihrem Team, der sich möglicherweise erinnert?«
    »Sie meinen, jemand mit einem Elefantengedächtnis? Das dreißig oder vierzig Jahre zurückreicht?«
    Jan seufzte. Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Ich versteh schon. Das ist wirklich mehr als unwahrscheinlich«, gab er zu.
    »Hätten Sie vor drei Jahren angerufen, dann hätte ich Sie an unsere Leiterin verwiesen, Dr. Maria Hülscher. Aber die ist mittlerweile pensioniert.«
    Plötzlich war Jan hellwach. »Ihre ehemalige Leiterin? Könnten Sie mir vielleicht ihre Telefonnummer geben?«
    Wieder das raue Lachen. »Das wird Ihnen nicht viel bringen.« Ihre Stimme wurde plötzlich ernst. »Frau Dr. Hülscher ist inzwischen in einem Heim. Sie leidet an Demenz.«
    »Wie heißt denn das Heim?«
    Es wurde still am anderen Ende der Leitung. Sofort ärgerte Jan sich, dass er mit der Tür ins Haus gefallen war. Wäre er doch nur etwas subtiler vorgegangen!
    Als die Frau ihm wider Erwarten doch den Namen des Heims sagte, fühlte es sich an wie ein Tiefschlag. Er bedankte sich mechanisch, dann legte er auf, schloss die Augen.
    Bitte nicht, dachte er. Bitte nicht.
    »Ich fasse es nicht, wie gut du lügen kannst«, hörte er Katy sagen. Es klang, als sei sie kilometerweit weg. Der Asphalt flüsterte unter den Reifen des Cherokee, der Fahrtwind rauschte, als puste er durch sein Gehirn. Er hielt die Augen geschlossen und das Handy in der reglosen Hand.
    »Alles klar?«, fragte Katy besorgt. »Hast du eine Adresse?«
    »Ja«, antwortete Jan tonlos.
    »Und? Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«
    »Dr. Maria Hülscher ist in demselben Heim wie Papa. In der Residenz Blankenburg.«

Kapitel 35
    Berlin, 21. Oktober, 19:18 Uhr
    Laura war noch benebelt vom Chloroform. Sie hatte Kopfschmerzen. Um sie herum war es unerträglich eng, und sie lag gekrümmt auf der Seite, an Händen und Füßen gefesselt. Die Dunkelheit umgab sie wie ein böser Traum. Alles vibrierte, und bei jeder Bodenwelle stieß ihr Kopf an dürftig ausgekleidetes Metall. Plötzlich knirschte Kies unter den Reifen. Es klang, als rieben die Steine direkt an ihrem Schädelknochen.
    Ein letztes Knirschen, dann stand der Wagen. Es rumpelte, als lüde Buck etwas aus. Türen schlugen. Dann ging der Kofferraumdeckel auf.
    Instinktiv schloss sie die Augen. Sie war wach, doch sie wollte nicht, dass er es sah. Buck – ihr Onkel. Bei dem Gedanken wurde ihr schlecht.
    Sie hatte nicht gewusst, wer er war. Aber sie hatte von Anfang an gewusst, was er war. Sie kannte diese Gestalten von der Straße. Die fleckige Haut, die abgebrochenen gelblichen Fingernägel, die schlechten Zähne, die geplatzten Äderchen in den Augen. Alkohol, kaputter Stolz und eine Dreimeilenzone aus Zynismus. Sie war zu oft in ihrem eigenen Erbrochenen aufgewacht, um darin nicht auch einen Teil von sich selbst wiederzuerkennen – einen früheren Teil.
    Hoffte sie jedenfalls.
    Zwei Hände packten sie. Unter den Achseln roch er nach Schweiß. Er zerrte sie mehr aus dem Kofferraum, als dass er sie hob.
    Sie rutschte zu Boden und stieß mit dem Kopf voran in den Kies. Oder war es Schotter? Kleine spitze Steinchen stachen ihr in die Kopfhaut. Schmerzen und eine unbändige Wut loderten in ihr auf. Am liebsten hätte sie um sich geschlagen und getreten.
    Einen Moment blieb alles still.
    Sie wusste, dass er da stand und auf

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