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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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irgendwie komisch aus, wie sie da so stand. So … hübsch und duftend zwischen all dem blätternden Putz. Das Haus war heruntergekommen. Der Familie ging es nicht gut. Na ja, sie hat mich jedenfalls gar nicht erst zu dem Jungen gelassen. Ich hab ihn nicht einmal gesehen.«
    »Wenn Sie ihn noch nicht einmal gesehen haben«, fragte Katy, »warum können Sie sich dann noch so gut daran erinnern?«
    Maria Hülscher zuckte zusammen, als sie Katys Stimme hörte. Sie sah zu ihr hinüber und kniff die Augen zusammen, um Katy besser sehen zu können. Jan fluchte innerlich wegen der Unterbrechung, verkniff sich aber eine Zurechtweisung. Jede Bemerkung von ihm würde die Unterbrechung nur noch verschlimmern.
    »Wegen …«, Maria Hülscher senkte ihre Stimme zu einem heiseren Flüstern, »… den roten Augen.«
    Jan erstarrte. Es lief ihm eiskalt den Rücken herunter, auch wenn das, was die alte Frau gerade gesagt hatte, nicht stimmen konnte. »Rote Augen?«, fragte er. »Woher wissen Sie das?«
    Die Psychologin kicherte. »Sie sind mir ein Schlauberger. Ich weiß nicht, wo mein Karl Sie aufgetrieben hat, aber Sie sind wirklich ein Schlauberger! Wissen Sie, die ganze Sache hat mich nie so richtig losgelassen. Kennen Sie das? Wenn Ihnen so etwas wie ein Geist durch den Kopf spukt? Ich bin später noch einmal dort vorbeigekommen, an dem Haus. Das war … warten Sie …« Maria Hülscher runzelte die Stirn, dann winkte sie ab. »Ach, ich weiß nicht mehr, wann. Jedenfalls habe ich das Haus gesehen und mich erinnert. Ich habe geklingelt, und mir hat ein junger Mann aufgemacht. Er sah ganz normal aus, braune Haare, schlank … nur seine Augen, die waren hell, sehr hell. Und die Haut sah aus wie gepudert. Ich habe ihn nach seinen Eltern gefragt. Er hat gesagt, sie wären tot. Ich dachte damals, na gut, das ist vielleicht das Beste, was ihm passieren konnte. Nur die Art, wie er es gesagt hat, die war so … merkwürdig –«
    Er hat seine Eltern umgebracht? Meint sie etwa das damit?
    Jan spürte die kühle feuchte Luft förmlich unter seine Kleidung kriechen. Er fror. Hatte eiskalte Hände. Das Prasseln des Regens war angeschwollen und erinnerte ihn an die Nacht in Südfrankreich, in der Laura verschwunden war.
    »Und da war noch etwas«, fuhr Maria Hülscher fort, »in dem Haus war noch jemand, eine Frau. Ich glaube, eine junge Frau. Sie rief nach ihm, wollte wissen, wer da an der Tür sei. Wenn es ihre Mutter wäre, dann solle er sie zum Teufel schicken, sie hätte schon genug Unheil angerichtet. So oder so ähnlich hat sie das gesagt.«
    Maria Hülscher nickte, als wolle sie sich selbst bestätigen, dass ihre Erinnerungen richtig waren. »Ich weiß das noch so genau, weil seine Antwort so eiskalt war. Er hat ihr zugerufen, sie müsse sich keine Sorgen machen. Ihre Mutter würde ihr nie wieder Probleme machen. Dabei sah er mich die ganze Zeit an, mit diesen Augen.« Maria Hülscher stockte, als könnte sie den Blick noch jetzt spüren. »Und dann sind sie rot geworden, seine Augen. Ganz plötzlich, nur für einen kurzen Moment. Ich schwöre, es war so. Rot! Diesen Anblick werde ich nie vergessen. Vielleicht denken Sie ja, ich bin verrückt … aber es war so …«
    Maria Hülscher verstummte. Die Welt stand für einen Augenblick still. Niemand im Zimmer schien zu atmen. Das einzige Geräusch war der Regen.
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Jan leise. »Erzählen Sie weiter.«
    »Weiter … ja.« Sie atmete seufzend aus. »Er hat gesagt, ich solle verschwinden. Ich würde hier nicht gebraucht. Ich … ich hatte den Eindruck, wenn ich nicht sofort gehe, könnte es gefährlich werden. Also habe ich gemacht, dass ich davonkomme.«
    Wieder seufzte sie. Ein Zittern durchlief ihren mageren Körper in der Decke. Ihre grauen Haare bildeten eine wirre Aura um ihren Kopf, in der sich das gelbe Licht der Kerze fing. Eine Weile starrte sie wortlos in die zitternde Flamme.
    »Karl?«, fragte sie unvermittelt. »Wer hat erlaubt, dass hier eine Kerze steht?«
    Mit einem Mal war der Faden gerissen. Karl Floss wollte etwas sagen, doch Jan brachte ihn mit einem energischen Wink zum Schweigen. »Maria? Können Sie sich noch an den Namen der Familie erinnern? Oder den des Jungen?«
    Keine Reaktion.
    »Oder vielleicht den Straßennamen, wo das Haus der Familie stand? Oder wann ungefähr das passiert ist?«
    Wieder nichts.
    Als wäre eine Quelle versiegt.
    Dann erhellte sich ihr Gesicht ganz plötzlich. Triumphierend hob sie einen Zeigefinger in

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