Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
Vom Netzwerk:
die Höhe. »Es war irgendwas mit ›O‹, daran erinnere ich mich noch.«
    »Vielleicht doch Nolte«, half Jan. »Peter Nolte.«
    »Nein, nein. Er war nicht so gewöhnlich. Oder?« Maria Hülscher kratzte sich am Kopf. »Aber ja! Stadtneurotiker!«
    »Was?«
    »Der Stadtneurotiker. Von Woody Allen. Der hat doch damals einen Oscar bekommen. Und Diane Keaton auch. Ich liebe Diane Keaton. Ich habe den Film dreimal gesehen.«
    »War das nicht Ende der siebziger Jahre?«, fragte Katy.
    »Ich weiß nicht. Karl? Was sagst du? Waren wir da nicht zusammen drin?« Plötzlich schrak sie zusammen. »Karl, es regnet, hörst du? Sebastian ist noch draußen. Kannst du eben gehen?«

Kapitel 37
    Berlin, 21. Oktober, 22:29 Uhr
    Fjodor atmete ruhig und konzentriert, obwohl es ihm mehr als schwerfiel. Innerlich kochte er. Doch er wusste, wie wichtig es war, sich zusammenzureißen. Gerade jetzt. Gerade nach den letzten Stunden.
    Das Auftragen der Ornamente war der beste Weg, um wieder zu einer höheren inneren Ordnung zu finden. Der Druck des Stiftes auf der Haut, das Abfahren der Linien, die er in über dreißig Jahren Tausende Male gezeichnet hatte.
    Es gab keinen Moment, in dem er sich selbst intensiver spürte. Sein Wille konzentrierte sich gleichsam in der winzigen schwarzen Stiftspitze, die seine Haut entlangfuhr, mit sanftem, unnachgiebigem Druck. Er spürte jedem Strich nach, jeder Bewegung. Erst im Gesicht, dann am Hals. Immer wieder tauschte er die stumpf werdenden Stifte aus. Für den Hinterkopf schloss er meist die Augen. Die äußeren Linien konnte er blind malen; seine Kopfhaut wies ihm den Weg. Nur beim Ausmalen brauchte er die seitlichen Spiegel.
    Danach spitzte er die stumpfen Stifte wieder, jeden einzelnen mit vierzehn halben Umdrehungen im Spitzer. Er musste nicht prüfen, ob sie gleich lang waren. Er wusste es. Früher hatte er die Stifte nebeneinander aufgereiht. Inzwischen steckte er sie mit der Spitze nach oben in ein Glas. Insgesamt 37 Stifte. Mehr passten nicht hinein. Der Anblick gefiel ihm. Aufwärts gerichtete schwarze Pfähle.
    Als er fertig war, ging es ihm besser. Die Zerrissenheit hatte nachgelassen. Die Linien waren wieder klar.
    Er nahm sein Telefon und wählte Lauras Festnetznummer – zum siebzehnten Mal an diesem Tag.
    Niemand hob ab.
    Warum war sie immer noch nicht in der Wohnung? Warum versteckte sie sich vor ihm? Er hatte doch sogar die Fotos in ihrem Flur abgehängt, damit sie sie nicht länger ertragen musste.
    Zumindest wusste er seit heute, dass sie nicht bei Jan war. Auch Jan suchte immer noch nach ihr. Versteckte sie sich am Ende deshalb? Hatte sie Angst vor Jan?
    Nein. Er wusste, dass er das glauben wollte . Aber so war es nicht. Schon in Südfrankreich hatte sie sich nach ihm verzehrt. Er hätte es sofort erkennen müssen. Und wie sie ihm dann seinen Namen verschwiegen hatte und gekämpft hatte für diesen Schwächling!
    Bisher war es sein wichtigstes Ziel gewesen, Jan zu beseitigen. Aber jetzt, da Laura wie vom Erdboden verschluckt war, spürte er den Verlust so stark wie nie zuvor. Er bereute, dass er sie hatte gehen lassen. Das war gegen die Natur der Dinge. Ein Planet hatte sich um die Sonne zu drehen. Doch aus irgendwelchen Gründen blieb Laura nie auf ihrer Umlaufbahn. Als wäre sie ein Irrlicht und kein Planet. Und schuld daran war Jan. Dieser Schwächling verhielt sich wie ein scheiß Asteroid auf Kollisionskurs! Einer, der unweigerlich auf Laura zusteuerte. So wie sie auch auf ihn zusteuerte.
    Gravitation. Es war alles eine Frage der Anziehungskraft.
    Laura musste zurück in ihre Umlaufbahn. Für immer! Und um Laura zurückzuholen, brauchte er Jan. Den Rest würde die Anziehungskraft erledigen.
    Er wusste jetzt, was zu tun war. Doch zuallererst musste er das Chaos reduzieren.
    Zu viele Planeten um die Sonne waren nicht gut.
    Man verlor den Überblick. Wusste nicht mehr, wer sich wo und wie drehte.
    Er stand vor der Galerie und wandte sich nach links, zur nächstliegenden Tür. Die Stifte im Zylinderschloss klackten, als er den Schlüssel einführte.
    Wärme schlug ihm entgegen und ein leichter Geruch nach Fäkalien. Widerwärtig! Doch heute musste es egal sein.
    Von der hinteren Wand des Raumes kam ein leises Schaben. Nackte Haut auf Beton.
    »Hallo, Prinzessin«, flüsterte er.
    Nichts. Keine Antwort.
    Seit der Panne vor vier Tagen war sie kaum mehr ansprechbar. Als wenn mit dem bisschen Blut auch ihr Verstand ausgelaufen wäre. Vielleicht hätte er sie doch besser gleich

Weitere Kostenlose Bücher