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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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er.
    »Was ist da?«
    »Sie haben es gehört.«
    »Du erschrickst zu leicht.«
    »Jetzt hat es wieder aufgehört.«
    Mr Lyss trug einen langen, schweren Mantel, den er sich von dem armen Fred geborgt hatte, und nachdem er die Waffen geladen hatte, steckte er eine in jede der zwei großen Manteltaschen. In seine anderen Taschen ließ er Munition fallen, ganze Hände voll davon, als seien es Karamellbonbons, die er später lutschen würde. Er hatte auch eine lange Waffe, eine, die in keine Tasche passen würde, und an seinem Lächeln konnte man erkennen, wie gut sie ihm gefiel.
    »Ich fürchte mich«, sagte Nummy.
    »Solange man sich nicht zu leicht erschrecken lässt, ist es eine gute Sache, sich zu fürchten. In dieser Stadt ist etwas Fieseres als der Satan selbst am Werk. Wenn du keine Angst hättest, wärst du der größte Dummkopf auf Erden, und du bist bei Weitem nicht der größte. Die Welt ist voller gebildeter, vermeintlich intelligenter Idioten.«
    »Damit kenne ich mich nicht aus«, sagte Nummy.
    »Ich aber. Komm schon, du brauchst einen Mantel.«
    Als er dem alten Mann aus dem Arbeitszimmer folgte, sagte Nummy: »Was für einen Mantel?«
    »Hauptsache, er ist warm und er passt dir.«
    In dem Garderobenschrank neben der Haustür fand Mr Lyss einen blauen Mantel, der wie eine Bettdecke gesteppt war. Er hatte eine Kapuze mit Pelzbesatz, die man aufsetzen konnte, und Nummy zählte sechs Taschen mit Reißverschlüssen.
    »Das ist ein hübscher Mantel«, sagte Nummy.
    »Und er passt dir halbwegs.«
    »Aber ich kann doch nicht einem Geistlichen den Mantel stehlen.«
    »Wirst du endlich aufhören, mich des Diebstahls zu bezichtigen? Ich schreibe einen Schuldschein für die beschädigten Glasscheiben, die Waffen, die Munition, den Mantel und die Toilettenbenutzung, bevor wir fortgehen, und auch dafür, dass wir die Luft in ihrem Haus geatmet haben, und ich lege ihn dem Reverend mitten auf den Schreibtisch und verspreche, alles von meinem Lotteriegewinn zu bezahlen.«
    »Und Sie werden es wirklich bezahlen?«
    »Ich fürchte von Minute zu Minute mehr, dass ich es tatsächlich tun werde.«
    »Danke, Sir«, sagte Nummy. »Mein Mantel gefällt mir. Er gefällt mir besser als alle Mäntel, die ich je gehabt habe.«
    »Du siehst gut darin aus.«
    Nummy schlug die Augen nieder. »Nein, das tue ich nicht.«
    »Erzähl mir nicht, du sähst nicht gut darin aus. Das stimmt nämlich nicht. Und schon allein dadurch, dass du drinsteckst, sieht sogar der Mantel besser aus. Und jetzt komm.«
    Mr Lyss stieg die Treppe hinauf.
    »Wohin gehen Sie?«, fragte Nummy.
    »Nach oben, um mich mal umzusehen.«
    Nummy wollte nicht nach oben gehen und sich im Haus des Predigers umsehen, wenn der Prediger nicht da war. Aber er wollte auch nicht allein unten bleiben, mit all den geblümten Möbelstücken und dem Gemälde in der Diele, auf dem Cowboy-Engel Lassos schwangen, mit dem zerbrochenen Glas im Arbeitszimmer und der Standuhr, die wie eine Bombe tickte. Widerstrebend folgte er Mr Lyss.
    »Wonach wollen Sie sich umsehen?«
    »Nach allem, was ich dem Reverend sonst noch abkaufen und auf meinen Schuldschein schreiben könnte.«
    »Oben werden nur Betten und irgendwelches Zeug sein.«
    »Dann kaufe ich ihm vielleicht ein Bett ab.«
    »Wir können kein Bett tragen, Sir.«
    »Dann kaufe ich vielleicht das Zeug.«
    »Welches Zeug?«
    »Das Zeug, von dem du gesagt hast, es sei dort oben.«
    »Ich weiß nicht, was für Zeug dort oben ist.«
    »Warum hast du mich dann so neugierig darauf gemacht? Jetzt werde ich wahrscheinlich enttäuscht sein.«
    »Es tut mir leid, dass ich das sage, aber manchmal verstehe ich Sie überhaupt nicht.«
    Mr Lyss schaltete die Flurlampen an und sagte: »Manchmal verstehe ich mich auch nicht. Aber ich mache einfach weiter. Weißt du, wie viele Tage seines Lebens der Durchschnittsmensch darauf vergeudet, völlig unbegreifliches Zeug zu tun und zu sagen?«
    »Wie viele?«
    »Die meisten.«
    Mr Lyss ging in ein Schlafzimmer, schaltete die Lampen an und sagte wieder ein schmutziges Wort.
    Als Nummy das Schlafzimmer betrat, sah er drei große graue Säcke an der Decke hängen. Irgendwie sahen sie so aus wie die Kokons, aus denen Nachtfalter und Schmetterlinge ausschlüpften, nur würde jeder Nachtfalter oder Schmetterling, der aus diesen Säcken herauskam, so groß wie ein Mensch sein.
    55.
    Deucalion trat aus Erikas Küche in den Park im Stadtzentrum. Nach Anbruch der Dunkelheit konnte er die Lage auskundschaften, ohne allzu

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