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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Ampeln, Stoppschilder und Verkehrsregeln in einem bemerkenswerten Maß beachteten.
    Unter Einsatz seiner Gabe bewegte sich Deucalion von einem Dach aufs andere, von einer ruhigen Straßenecke zu einer schmalen Gasse, von einem dunklen Parkplatz, an dem die Straße vorbeiführte, auf weitere Dächer und verfolgte einen der Lieferwagen, bis er endlich ein Lagerhaus in der Nähe der Eisenbahnschienen erreichte. Ein breites unterteiltes Tor glitt nach oben, der Lastwagen verschwand in dem Gebäude, und das Tor senkte sich hinter ihm.
    Deucalion umkreiste das Lagerhaus auf der Suche nach einem Fenster, fand aber keines. Ebenso wie der Lieferwagen trug auch das Gebäude keinen Firmennamen.
    Er konnte so mühelos durch eine Wand gehen wie durch eine offene Tür, doch da er nicht wusste, was sich im Inneren des Lagerhauses befand oder was sich dort abspielen könnte, würde er beim Eintreten Gefahr laufen, gesehen zu werden. Falls die Lieferwagen etwas mit Victor zu tun hatten und Deucalion entdeckt wurde und Victor eine Beschreibung von ihm zu Ohren kam, würde Deucalion den Vorteil, seinen Gegner zu überraschen, einbüßen, wozu er noch nicht leichtfertig bereit war.
    Er blieb hinter einem Müllcontainer auf der anderen Straßenseite stehen, behielt das große Tor im Auge und wartete ab, um zu sehen, was als Nächstes geschehen würde.

56.
    Da sie nur zwei ereignisreiche Tage lang Victors Ehefrau gewesen war, hatte Erika fünf weniger gelitten als die früheren Erikas. Sie hatte Victor auch nicht so gut gekannt, wie sie ihn gekannt hatten, aber sie kannte ihn gut genug, um froh zu sein, dass er tot war, dass es ein schwerer Tod gewesen war und dass er von seinen eigenen Geschöpfen getötet worden war. Die Vorstellung, er könnte wieder am Leben sein – wenngleich auch nicht als dasselbe Individuum, sondern nur als Klon des Mannes – , löste Beklommenheit bei ihr aus.
    Sie war bereit, Deucalion, Carson und Michael in jeder Form beizustehen, die sich als notwendig erwies, aber bis sie sich ein Bild von der Lage gemacht und einen Schlachtplan entworfen hatten, war Erika es zufrieden, sich weiterhin an ihren üblichen Tagesablauf zu halten. Ihre liebste Beschäftigung war das Lesen, das ihre Abende in Anspruch nahm. Aber Bücher waren für sie nicht lediglich eine Form von Unterhaltung; durch Bücher lernte sie allmählich, was es hieß, ein Mensch zu sein.
    Als Produkt eines Laboratoriums war sie, obgleich sie aus Fleisch und Blut bestand, nicht im buchstäblichen Sinne ein Mensch, auch wenn sie – äußerlich – jederzeit als ein solcher durchgegangen wäre. Soweit sie wusste, gab es für sie keinen rechtmäßigen Platz in der bestehenden Welt. Sie war weder unschuldig wie die einfältigen Tiere in Wald und Feld, noch war sie eine der Gefallenen, denn sie war nie im Stand der Gnade gewesen, hatte also auch nie in Ungnade fallen können. Dennoch war in jeder Hinsicht bis auf die entscheidendste die menschliche Natur ihre Natur, und mit einem guten Buch, insbesondere einem Roman, konnte sie sich in das menschliche Abenteuer vertiefen und es von Seite zu Seite besser verstehen. Sie war kein Mensch, lechzte jedoch danach, einer zu sein.
    In den letzten zwei Jahren war Jocko es zufrieden gewesen, gemeinsam mit ihr im Wohnzimmer oder bei gutem Wetter auf der Veranda zu sitzen und sich ebenfalls von einem Buch bezaubern zu lassen. Eine verblüffende Wendung der Geschichte entlockte ihm gelegentlich Ausrufe wie: »Heiliger Bimbam! Nein, bloß nicht! Oh Schreck! Katastrophe!« Oder er seufzte vor Wonne oder kicherte. Aber wenn er mit einem Buch in den Händen – oder manchmal auch in den Füßen, mit denen er es genauso gut halten konnte – in einem Sessel saß, bekam das kleine Kerlchen nie seine Schübe von Hyperaktivität. Bücher waren sein Ritalin.
    An jenem Abend jedoch wies Jocko schon allein den Gedanken, sich mit einem Buch hinzusetzen, als sei nichts geschehen, entrüstet von sich. Victor Frankenstein war am Leben! Klon Victor! Und ging seinen Gemeinheiten ausgerechnet in Rainbow Falls oder in der näheren Umgebung nach! Oh Schreck! Katastrophe! Alles, was ihnen kostbar war, stand auf dem Spiel: ihr Glück, ihre Freiheit, ihr Leben, Jim James’ Zimtbrötchen! Noch schlimmer als die Gefahr, die plötzlich von allen Seiten drohte, war Jockos Unfähigkeit, etwas daran zu ändern. Deucalion, Carson und Michael waren in der Stadt, um Nachforschungen anzustellen, eine heiße Spur zu finden, Hinweisen nachzugehen und

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