Der Schoepfer
lesen«, sagte Nummy. »Großmama, die hat mir oft gute Geschichten vorgelesen. Bevor sie gestorben ist, hat Großmama Bänder aufgenommen, damit ich mir anhören kann, wann ich will, wie sie mir meine Lieblingsgeschichten erzählt.«
»Es hat dir nicht gefallen, als ich die Post aus dem Briefkasten gezogen und sie durchgeblättert habe«, sagte Mr Lyss. »Aber es war nicht das erste Mal, dass ich mir hier die Post angesehen habe, und dabei habe ich wichtige Dinge in Erfahrung gebracht.«
Als sie die Küche betraten, sagte Nummy: »Was für Dinge?«
»Zum einen habe ich, als ich das erste Mal hierherkam, gesehen, dass die Post an den Reverend und Mrs Kelsey Fortis adressiert war, was mir bestätigt hat, dass sie hier wohnen, wie ich es mir dachte.«
»Sie meinen, wir sind bei einem Prediger eingebrochen?«
Mr Lyss öffnete eine Tür, sagte: »Keller«, und schloss die Tür wieder. Er sagte: »Als ich neu in der Stadt war, habe ich mir das Käseblättchen gekauft und nachgelesen, was hier los ist. Dabei habe ich besonders auf das geachtet, was in diesem armseligen Kaff als gesellschaftliches Leben gilt. Ein schlechter Mensch wie ich muss wissen, was gute Menschen treiben, um zu wissen, wann die beste Zeit ist, um ihnen einen Besuch abzustatten.«
»Wann ist die beste Zeit, um ihnen einen Besuch abzustatten?«, fragte Nummy.
»Natürlich dann, wenn sie nicht zu Hause sind.« Mr Lyss öffnete eine andere Tür und ließ seinen Blick über die Regale einer Speisekammer gleiten. »In der Lokalzeitung habe ich gelesen, dass am ersten Dienstag jeden Monats ein geselliges Beisammensein stattfindet, das Reverend Fortis in irgendeinem beschissenen Rasthaus veranstaltet. Tut mir leid, Peaches.«
»Das ist gut.«
»Was ist gut?«
»Wenn einem leidtut, dass man ein schmutziges Wort benutzt hat. Wenn es einem leidtut, dann ist das schon mal ein guter Anfang.«
»Ja, klar. Also habe ich mir die Adresse von Fortis rausgesucht und auf einen ersten Dienstag im Monat gewartet, und der ist heute. Als ich eben in den Briefkasten geschaut habe, habe ich gesehen, dass die Post von heute noch drinliegt, und daher wusste ich, dass noch niemand nach Hause gekommen ist. Und wenn man bedenkt, dass die Veranstaltung in kaum mehr als einer halben Stunde beginnt, würde ich meine gesamte Barschaft darauf wetten – damit meine ich drei Fünfer, zehn Einer, noch mal zehn Einer und dann noch drei Einer – , dass sie erst hinterher nach Hause kommen.«
»Wetten ist verrucht.«
Mr Lyss schloss die Tür zur Speisekammer und sagte: »Wahrscheinlich bewahrt er sie im Arbeitszimmer auf, falls es hier ein Arbeitszimmer gibt.«
»Wer bewahrt was auf?«, fragte Nummy.
»Ein Geistlicher braucht ein Arbeitszimmer, um seine Predigten zu schreiben«, sagte Mr Lyss und fand das Arbeitszimmer an dem Flur, in den er durch die Küche gelangt war.
Das Zimmer war mit Ledergarnitur, Bildern und Statuen von Pferden und einem großen Schreibtisch eingerichtet.
Nummy glaubte, Mr Lyss ginge es um den Schreibtisch, damit er die Predigten des Geistlichen finden und sie lesen konnte, aber er interessierte sich überhaupt nicht für den Schreibtisch. An einer Wand stand eine große Vitrine mit vier hohen Türen, die alle Glaseinsätze hatten. Hinter dem Glas lagen Waffen, deren Anblick Mr Lyss glücklich machte.
»Vor einer Woche, als ich mir die Post des braven Reverend zum ersten Mal vorgenommen habe, war eine Zeitschrift von der National Rifle Association dabei. Also habe ich mir in der Bruchbude der LaPierres ausgerechnet, hier könnte ich mich mit Waffen eindecken, um mich gegen die Marsmenschen zu verteidigen.«
Mr Lyss versuchte, die Türen der Vitrine zu öffnen, aber sie waren abgeschlossen. Statt sein Werkzeug zu benutzen und die Schlösser zu knacken, nahm er eine Skulptur von einem Pferd vom Schreibtisch und benutzte sie, um die vier Glasscheiben einzuschlagen.
»Die werden Sie auch von dem Geld bezahlen müssen, das Sie in der Lotterie gewinnen«, sagte Nummy.
»Kein Problem. Es wird eine Menge Geld sein.«
Nummy wurde nervös, während er zusah, wie Mr Lyss verschiedene Schusswaffen und Schachteln mit Munition aus der Vitrine nahm.
Statt ihn weiterhin zu beobachten, lief er im Zimmer umher und sah sich all die Fotografien von Pferden an. Auf manchen waren nur Pferde zu sehen, auf einigen standen Leute neben Pferden, und auf anderen saßen Leute auf Pferden, aber keiner davon war Jesus.
Nummy hörte das Knarren wieder.
»Da ist es«, sagte
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