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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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auf.
    Er wirkte gedankenverloren, als er mit den Händen in den Taschen seiner Jeans und gesenktem Kopf voranschritt, den Blick auf den Bürgersteig vor seinen Füßen gerichtet. Die Wolken seines warmen Atems lösten sich in der kalten Morgenluft auf.
    Für den Fall, dass er aufblickte und sie am Steuer des Geländefahrzeugs sah, hätte Erika ihr Gesicht abwenden sollen, doch sein Anblick lähmte sie. Sie konnte ihren Blick nicht von ihm losreißen.
    Er ging in Reichweite an dem Explorer vorbei, ohne sie wahrzunehmen. An der linken Schläfe hatte er ein vertrautes kleines braunes Muttermal, nicht größer als ein Radiergummi am Ende eines Bleistifts, das ihr bestätigte, dass er nicht einfach nur jemand war, der Victor ähnelte.
    Nachdem er an Erika vorbeigelaufen war, beobachtete sie ihn im Seitenspiegel. Kurz vor der nächsten Kreuzung öffnete er die Tür eines Fahrzeugs, bei dem es sich um eine Art Lieferwagen zu handeln schien, und stieg ein. Die geparkten Wagen zwischen ihr und ihm versperrten ihr die Sicht auf sein Fahrzeug.
    Im Rückspiegel sah sie ihn anfahren und beugte sich zur Seite, als befasste sie sich intensiv mit etwas, was auf dem Beifahrersitz lag, nur für den Fall, dass er im Vorbeifahren einen Blick in ihre Richtung warf.
    Als die Motorengeräusche erst lauter und dann wieder leiser wurden, hob sie den Kopf und sah, dass er einen Geländewagen fuhr, einen silbernen Mercedes GL 550 mit Nummernschild von Montana. An der nächsten Kreuzung hielt er an einer roten Ampel an.
    Nachdem sie Victors Kontrolle entkommen war, war sie mehr als achtzehnhundert Meilen gefahren, um an einem Ort, der keinerlei Ähnlichkeit mit New Orleans hatte, ein neues Leben zu beginnen. Schon die Tatsache, dass Victor die Katastrophe in New Orleans überlebt hatte, war kaum zu glauben, aber dass er unter allen Orten, an die er hätte gehen können, ausgerechnet in demselben Städtchen wie sie Zuflucht gesucht hatte, erschien ihr schier unmöglich.
    Erika ließ den Explorer an, lenkte ihn vom Straßenrand auf die Straße und schloss zu dem GL 550 auf, als die Ampel auf Grün umschaltete. Furchtsam, aber entschlossen, ihren Ängsten nicht zu erliegen, folgte sie ihrem Schöpfer über die breite Straßenkreuzung. Als sie sich dem Ortsrand näherten, blieb sie ein Stück zurück und ließ sich von einem Lieferwagen überholen, damit ihm nicht auffiel, dass sie seine Verfolgung aufgenommen hatte.
    Obwohl ihr allzu deutlich bewusst war, dass es keine Zufälle gab und dass es ihr nicht zustand, über den Sinn ihres Lebens zu entscheiden, sondern nur, ihn zu entdecken, fasste sie einen Entschluss: Was auch immer passieren würde, sie würde nicht aufhören, Erika Swedenborg zu sein, und sie würde nie wieder Erika fünf werden.
    13.
    Am Donnerstagmorgen um 8:48 Uhr stieg der neue Polizeichef Rafael Jarmillo, der äußerlich nicht von dem früheren Rafael Jarmillo zu unterscheiden war, gemeinsam mit Dr. Henry Lightner in den Aufzug, und die Türen schlossen sich hinter ihnen.
    Mit hundertsechs Betten war das Memorial Hospital von Rainbow Falls in erster Linie ein Akutkrankenhaus für kurzzeitige Notversorgung. Sowie sich ihr Zustand stabilisiert hatte, wurden Patienten mit chronischen Leiden oder mit kritischen Akutzuständen entweder im Krankenwagen oder im Rettungshubschrauber nach Great Falls befördert – oder zu einem der drei Bestattungsunternehmen der Stadt, wenn der Rettungshubschrauber nicht rechtzeitig kam.
    Als einer der beiden Fachärzte für Allgemeinchirurgie in der Stadt und Chefarzt im Memorial Hospital nahm Henry Lightner keine Herzoperationen vor, doch im Lauf der Jahre hatte er Hunderte von erkrankten Gallenblasen, bestimmt tausend Blinddärme, zahllose gutartige Zysten und mehr als ein paar Kugeln aus Schussverletzungen entfernt. Er hatte Opfer von Verkehrsunfällen, Messerstechereien, Schusswechseln und Selbstmordversuchen gerettet und genoss bei den Einwohnern von Rainbow Falls nicht nur wegen seiner Fähigkeiten als Arzt hohes Ansehen, sondern auch, weil er gut mit Kranken umgehen konnte, und aufgrund seiner bürgerfreundlichen Gesinnung.
    Der derzeitige Dr. Lightner war nicht der echte Dr. Lightner. Sein Download hatte eine ausreichende Menge der Erinnerungen des Arztes umfasst, um sich als der Doktor auszugeben, aber selbst bei dem simpelsten Eingriff hätte er nicht die geringste Aussicht auf Erfolg gehabt.
    Der Schöpfer hatte bisher noch keine Methode zum Anzapfen eines Gehirns entwickelt, die komplexes

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