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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Deucalion das unbebaute Grundstück und gelangte auf eine zweispurige Straße außerhalb einer Mülldeponie im Hochland nordöstlich von Lake Pontchartrain. Ein hoher Maschendrahtzaun mit Stacheldrahtabschluss und durchgehender Nylonbespannung als Sichtschutz umgab das Gelände von Crosswoods. Der Zaun selbst war größtenteils hinter Weihrauchkiefern verborgen, die in versetzten Reihen angepflanzt worden waren.
    Hier war Victor gestorben. Deucalion war Zeuge seiner Hinrichtung gewesen. Dieser mutwillige Zerstörer, der mit allen Mitteln gegen die Sonderstellung des Menschen in der Schöpfung aufbegehrte, dieser Feind der gesamten Menschheit, dieser Möchtegern-Designer einer Superrasse war selbst eben doch nur ein Mensch gewesen, war gestorben und lag unter Hunderten von Tonnen Abfall tief in der Mülldeponie. Sein zerquetschter und lebloser Körper konnte nicht auferstanden sein.
    Dicht über Deucalions Kopf schlugen Fledermausflügel.
    Die Luft über der Müllkippe war reich an Insekten, doch jetzt war das nächtliche Fressen vorüber. Die Flucht vor der nahenden Dämmerung hatte begonnen, und eine große Schar von Fledermäusen versammelte sich, aus allen Richtungen der weitläufigen Deponie kommend, wo sie auf Beutejagd herabgetaucht waren und sich neuerlich in die Luft aufgeschwungen hatten, und nun bildeten sie einen Kreis, der sich in der Luft direkt über Deucalion wie ein Rad drehte, erst Dutzende von flatternden Individuen, dann Hunderte in einem sich ausweitenden Kreis, die Schar jetzt zu einem Schwarm angewachsen, und abrupt wurden es tausend, wenn nicht noch mehr, und das Ganze ähnelte nichts, was Deucalion jemals zuvor erlebt hatte. Das anfängliche Rascheln ihrer Flugmembranen schwoll zu einem Brausen an, zu einem Summen, das Deucalion innerlich in Schwingungen zu versetzen schien, als sei seine Wirbelsäule eine Stimmgabel – oder als sei sein gesamtes Skelett eine Antenne für eine Nachricht, die die Fledermäuse aussandten.
    In diesem kurzen Intermezzo zwischen dem Monduntergang und dem Sonnenaufgang kreischte die Horde der fliegenden Nager wie aus einer einzigen Kehle und flog nach Norden, zu irgendeiner Höhle, die ihnen während der Stunden der Herrschaft der Sonne Zuflucht bot. Die Stille, die auf ihren Rückzug folgte, war so tief wie die stehenden Wassers in einem Teich.
    Wie ein Spiegelbild der äußeren Stille fühlte Deucalion eine plötzliche und einzigartige innere Ruhe von ungewöhnlicher Tiefe. All seine hektisch umherirrenden Gedanken waren augenblicklich verstummt, und seine Aufmerksamkeit wurde tief in die stillen Wasser seines Geistes hineingezogen, wo eine folgenschwere Erkenntnis langsam an die Oberfläche stieg: das Bewusstsein, dass die Fledermäuse ein Zeichen gewesen waren, das für ihn eine ganz bestimmte Bedeutung hatte.
    Ein Zeichen dafür, dass sein Verdacht begründet war. Seine intuitive Ahnung war hiermit zu einer klaren Ankündigung einer realen Bedrohung erhoben worden. Die Fledermäuse, die über seinem Kopf kreisten und seine Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren ein Symbol, das ihm sagen sollte, auf irgendeine Weise sei Victor tatsächlich am Leben.
    Wie die Fledermäuse war auch Victor ein Geschöpf der Nacht. Er war der Avatar der Nacht, die Verkörperung der Dunkelheit, denn seine Seele war längst verloren und in seine moralische Landschaft fiel nicht ein einziger Lichtstrahl. Durch eine Welt voller tieferer Bedeutung bewegte sich Victor im Blindflug und verließ sich darauf, dass seine Besessenheit ihm als Radar dienen würde.
    Nach dem Debakel in New Orleans würde er noch weniger als die Fledermäuse, die gar nicht daran dachten, auf die aufgehende Sonne zu warten, geneigt sein, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Er würde Großstädte zugunsten eines sicheren Hafens in einer ländlichen Umgebung meiden.
    Außerdem stand für Deucalion mit absoluter Gewissheit fest, dass er Victor, wenn er ihn aufspürte, unter dem Erdboden finden würde, wie die Fledermäuse in ihrer Höhle, unterirdisch verborgen, aber nicht tot, unterirdisch verborgen und mit irgendeiner neuen Schöpfung befasst.
    Obgleich übersinnliche Kräfte nicht zu den Gaben zählten, die der Blitz Deucalion verliehen hatte, glaubte er fest daran, seine Langlebigkeit sei ihm gewährt worden, damit er für die endgültige Vernichtung seines Schöpfers sorgte. Er hatte die Jahrhunderte durchquert wie ein Bluthund auf einer Fährte. Er war zwar nicht hellsichtig, doch von Zeit zu Zeit schien eine

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