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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Mal.«
    »Aber es gibt viele Leute, die gruseliger sind als Sie«, sagte Nummy und wünschte, er könnte lügen, wenn er damit seine Nase retten konnte.
    »Nenne mir einen«, forderte Mr Lyss ihn auf.
    Nummy O’Bannon deutete durch die Gitterstäbe auf die angrenzende Zelle. »Jeder von denen ist gruseliger als Sie.«
    Als hätte er sie bisher überhaupt nicht wahrgenommen, drehte sich Mr Lyss um und sah sich die neun Leute in der benachbarten Zelle und die zehn in der Zelle dahinter an. »Was soll an denen so gruselig sein?«
    »Sie brauchen sie nur zu beobachten, Sir.«
    »Sie sehen aus, als hätten sie sich alle freiwillig gemeldet, um an einer Gasleitung zu nuckeln, und jetzt warten sie still und brav auf die Erlaubnis. Ein Haufen Dumpfbacken.«
    »Sehen Sie genauer hin«, wiederholte Nummy.
    Mr Lyss starrte die anderen Gefangenen an. Er stellte sich an die Gitterstäbe zwischen den Zellen, um sie genauer zu betrachten. Dann sagte er: »Was zum Teufel wird hier gespielt?«
    11.
    In der nachlassenden Oktoberdunkelheit, als sich die Erde von den ersten Sternen der Nacht fortdrehte und der Mond unterging, trat Deucalion mit einem einzigen Schritt aus dem kalifornischen Kloster in den Moment unmittelbar vor dem Morgengrauen in New Orleans.
    Vor zweihundert Jahren hatte der einzigartige Blitz, der ihn in jenem Laboratorium in den Bergen Zentraleuropas zum Leben erweckt hatte, ihm auch Langlebigkeit verliehen. Und weitere Gaben.
    Zum einen verstand er auf einer intuitiven Ebene die Quantenstruktur des Universums: wie in jedem Moment der Gegenwart verschiedene Zukunftsoptionen enthalten waren und sie alle nicht nur im selben Maß möglich, sondern auch im selben Maß real waren; wie der Geist über die Materie triumphierte; wie der Flug eines Schmetterlings in Tokio das Wetter in Chicago beeinflussen konnte; wie auf der tiefsten strukturellen Ebene jeder Ort auf Erden ein und derselbe Ort war. Er brauchte weder Räder noch Flügel, um an das Ziel seiner Reise zu gelangen, und auch eine abgeschlossene Tür stellte für ihn niemals ein Hindernis dar.
    In New Orleans schlenderte er durch die Straßen des gediegenen Garden District, wo Victor Frankenstein einst unter dem Namen Victor Helios gelebt hatte. Die prächtige Villa war in der Nacht von Victors Tod restlos abgebrannt. Das Grundstück war geräumt und verkauft worden. Ein neuer Besitzer hatte mit dem Bau eines Hauses begonnen.
    Deucalion wusste nicht, warum er hierhergekommen war. Selbst wenn Victor auf irgendeine Weise noch am Leben wäre, würde er es niemals wagen, in diese Stadt zurückzukehren.
    Da er vor langer Zeit selbst ein Monster gewesen war, jetzt jedoch Jagd auf ein Monster machte, hatte Deucalion vielleicht erwartet, in New Orleans würde er eine Vision haben, die ihm Anhaltspunkte gab, um zu hellsichtigen Schlussfolgerungen bezüglich des Aufenthaltsorts seines Schöpfers zu gelangen. Aber paranormale Anlagen zählten nicht zu seinen Gaben.
    Ein Polizeiwagen bog um die Ecke und kam auf ihn zu.
    Eine Hälfte von Deucalions Gesicht war, nach allgemeinen Maßstäben, attraktiv, doch die andere war zerstört – zerklüftet, eingesunken und mit dickem Narbengewebe überzogen – , eine Folge seines zwei Jahrhunderte zurückliegenden Versuchs, seinen Schöpfer zu töten. Ein tibetanischer Mönch hatte diese Verwüstungen unter einer kunstvoll gearbeiteten, vielfarbigen Tätowierung verborgen, eine geschickte Tarnung, die andere davon abhielt, das Ausmaß der Zerstörung wahrzunehmen und zu erkennen, dass ein gewöhnlicher Mensch solche Wunden nicht überlebt hätte.
    Dennoch ging Deucalion vorzugsweise nachts aus dem Haus – oder bei stürmischem Wetter, das seiner Natur ganz besonders entgegenkam. Und er mied jede Obrigkeit, denn die Staatsgewalt war ihm selten gewogen gewesen.
    Als die Scheinwerfer des Streifenwagens auf Fernlicht geschaltet wurden, begab sich Deucalion mit einem einzigen Schritt aus dem Garden District in einen anderen Stadtteil, in eine Straße, die von moosbewachsenen Eichen gesäumt wurde. Hier hatten einst die Hände der Barmherzigkeit gestanden, ein altes katholisches Krankenhaus, in dem später die Laboratorien untergebracht worden waren, in denen Victor seine fehlerhafte Neue Rasse erschaffen hatte. Auch dieses Gebäude war verschwunden, vollständig abgebrannt, und der Schutt war abtransportiert worden. Gegenwärtig wurde kein neues Bauwerk auf diesem Gelände errichtet.
    Mit einer halben Drehung und einem Schritt verließ

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