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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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in Bewegung waren, wie Kleidungsstücke, die in einem Wäschetrockner hinter dem kleinen runden Fenster umhergeworfen wurden, nur hatte man es hier weder mit einem Wäschetrockner noch mit einem Fenster noch mit Kleidungsstücken zu tun, sondern mit einem wirren Durcheinander von menschlichen Teilen in einer großen Masse von hässlichem grauem Zeug, und das leuchtende Rot wurde dunkler und immer dunkler, dann kastanienbraun, und die Teile der Menschen verblichen schnell und wurden grau.
    Nummy knallte gegen die Gitterstäbe der Zelle, noch ehe er wusste, wer ihn dagegengeschleudert hatte, und dann sah Nummy dicht vor seinem Gesicht das Gesicht eines wilden Affen, das Mr Lyss gehörte, und roch den Atem, der nach verfaulten Tomaten stank – » Gib her! « – , und Mr Lyss steckte seine Hand in Nummys Hosentasche und zog das gelbe Plastikrohr heraus, das er vor etwa einer Minute selbst hineingesteckt hatte, und schraubte die Kappe ab. Nummy fiel wieder ein, woher das Rohr kam, und er würgte, und Mr Lyss behielt zwei der winzigen Stahlstäbe und versuchte, Nummy die anderen vier in die Hand zu drücken. »Lass sie nicht fallen, es kann gut sein, dass wir sie noch brauchen.« Aber Nummy wollte nicht in die Hand nehmen, was aus Mr Lyss’ Hintern kam. Graue Zähne spuckten Nummy Wörter ins Gesicht: »Ich werde nicht sterben. Wenn du sterben willst, dann stirb eben, aber ich nicht.« Und irgendwie kam es, dass Nummys Faust die vier Stahlstifte zum Schlösserknacken umklammerte, und die seltsam geformten Spitzen schauten aus seiner Faust heraus wie winzige Dornen und Blumen.
    In der benachbarten Zelle tat sich immer noch einiges, aber Nummy wollte nicht noch mehr sehen. Er hatte so schnell hintereinander so viel verrücktes Zeug gesehen, dass er nicht mehr verstehen konnte, was er sah und was das zu bedeuten hatte, und es geschah so schnell, dass er nicht wusste, was er davon halten sollte, während er es sah. Er verstand die Dinge, die er gesehen hatte, immer noch nicht, doch jetzt wusste er, dass schreckliche Dinge passierten, und er wusste auch, was er empfinden sollte. Er hatte Angst, so große Angst, dass ihm übel davon wurde, und die armen Leute, denen all das zustieß, taten ihm furchtbar leid. Er schaute nicht mehr in die angrenzende Zelle, sondern hielt seinen Blick auf Mr Lyss gerichtet, während dieser das Schloss knackte, und er konnte hören, wie sich die stummen Menschen Gehör verschaffen wollten, aber sie konnten immer noch nicht schreien. Ihre Schreie blieben ihnen in der Kehle stecken, und nur ein leises Quieken und Wimmern wie von kleinen Tieren kam heraus. Und ein Stöhnen wie nichts, was Nummy jemals zuvor gehört hatte, und er wollte auch nicht zuhören, weil es so grässlich war, kein Stöhnen vor Schmerz, sondern vor Angst, und dieses Stöhnen schien zu bewirken, dass Nummy die Knie weich wurden, bis er sich kaum noch auf den Füßen halten konnte. Und es waren auch andere Geräusche zu hören, Geräusche von Nässe, ein Sickern und ein Gluckern, das Nummy noch mehr auf seinen ohnehin schon angegriffenen Magen schlug.
    Er schaute nicht hin, aber es war nicht leicht, es nicht zu hören, und daher redete er auf Mr Lyss ein, nur damit er etwas anderes hörte, und bat Mr Lyss immer wieder, sich zu beeilen, sich noch mehr zu beeilen. Mr Lyss beschimpfte ihn nicht als Schwachkopf oder als Blödmann oder als Dummkopf, und er sagte auch nicht, er würde Nummy die Augen ausbeißen. Er murrte nur vor sich hin, während er das Schloss in der Zellentür zu knacken versuchte. Er murrte und knurrte es an und fletschte die Zähne, bis es schien, als brächte er die Tür durch Einschüchterungsmanöver dazu, sich zu öffnen.
    Dann waren sie im Korridor und in Bewegung. Mr Lyss lief voran, an der Zelle vorbei, in der die Menschen getötet wurden. Getötet . Getötet zu werden schien das Schlimmste zu sein, was einem Menschen zustoßen konnte, aber irgendwie wusste Nummy irgendwoher, dass sie mehr als nur getötet wurden, dass es viel schlimmer war, als getötet zu werden, obwohl er nicht wusste, was schlimmer sein könnte.
    Als sie an der vordersten Zelle vorbeikamen, wo bisher noch niemand getötet wurde, schob eine Frau ihre Hand durch die Gitterstäbe, streckte sie nach Nummy aus und versuchte, etwas zu ihm zu sagen. Aber sie hatte ein glänzendes Ding seitlich am Kopf, und sie bekam die Wörter nicht richtig hin. Sie kamen nuschelig und falsch aus ihr heraus, so ähnlich, wie Wörter aus dem armen Fred

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