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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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die in New Orleans erschaffen worden waren, war sie so programmiert, dass sie unfähig war, die Hand gegen ihren Schöpfer zu erheben oder ihm den Gehorsam zu verweigern.
    Dennoch war sie ein Geschöpf aus Fleisch und Blut, nicht nur eine Maschine, und sie war zu resolutem Handeln fähig. Außerdem hatte sie Grund zu glauben, im Lauf der letzten Nacht in Louisiana, als Victors Imperium zusammengebrochen war, sei die Programmierung der Neuen Rasse aus ihr herausgefallen und seitdem hätte sie einen freien Willen.
    Ob sie nun stärker war als Victor oder nicht – fest stand, dass sie schneller war als er, so flink, wie es alle Angehörigen der Neuen Rasse gewesen waren. Sie war schneller, hatte ein besseres Gehör, bessere Augen und raschere Reflexe.
    Er würde ihr nicht auflauern, da er unmöglich wissen konnte, dass sie im ländlichen Montana Zuflucht gesucht hatte. Und hätte er es gewusst, hätte er längst vor ihrer Tür gestanden, um sie wieder für sich zu fordern, und sei es auch nur, um sie zur Strafe für ihre Aufsässigkeit zu foltern und zu töten.
    Ihre bisherigen Erfahrungen hatten bewiesen, dass jeder Zufall im Leben in Wirklichkeit einen Hinweis auf eine verborgene Ordnung gab und dass alles einen Sinn hatte. Sie liebte die Welt nicht ausschließlich wegen ihrer Schönheit, sondern auch um ihrer Rätselhaftigkeit willen, und sie war nicht in der Lage, sich von einem Rätsel abzuwenden, wenn dessen eingehendere Erkundung sie einem Verständnis ihres Daseinszwecks näherbringen konnte.
    Erika stellte die Automatik auf Parken, zog die Feststellbremse an und schaltete den Motor aus.
    Sie blieb neben dem Geländewagen stehen und lauschte dem Tag. Der bewaldete Landstrich erschien ihr gespenstisch still.
    Sie stieg auf die nahe Hügelkuppe und blieb am Straßenrand stehen. Von dort aus konnte sie die Straße gut überblicken, die sowohl rechts als auch links von ihr bergab führte. Kein Fahrzeug war in Sicht. Sie wartete eine Minute. Nicht ein einziger Wagen tauchte auf. Seit sie von der Schnellstraße abgebogen war, waren ihr Explorer und Victors Mercedes-Geländewagen die beiden einzigen Fahrzeuge auf dieser Landstraße gewesen.
    Montana war ein riesiger Staat mit geringer Bevölkerungsdichte, doch hier waren die Leute fleißig und emsig. Selbst auf dem schmalsten Feldweg herrschte mehr Verkehr als auf dieser gut ausgebauten Landstraße.
    Hoch über ihr zerschnitt ein goldener Adler mit einer Flügelspannweite von etwa zwei Metern den Himmel und zog stumme Kreise in der Luft, die er ganz für sich allein hatte. Alle verfügbaren Hinweise schienen zu besagen, dass Erika und der Vogel die beiden einzigen warmblütigen Lebewesen im Umkreis von Meilen waren.
    Sie lief nach Westen, bis sie das Gestrüpp erreichte, das von Reifen abgeknickt worden war, das zerdrückte Gras, das sich noch nicht wieder vollständig aufgerichtet hatte, seit ein Fahrzeug darübergefahren war. Sie folgte diesem Pfad und betrat nach zehn Schritten den Wald, in dem noch lange nach Tagesanbruch Dunkelheit herrschte.
    Licht besaß eine messbare Kraft; und im All, außerhalb der Schwerkraft der Planeten, konnte es zu der Bewegung eines treibenden Gegenstandes beitragen, falls dieser Gegenstand auf dem Pfad der Lichtausstrahlung eines Sternes lag. Licht besaß auch ein Gewicht, und der Sonnenschein, der auf einem Hektar Land lag, wog tatsächlich ein paar Tonnen.
    Trotz all seiner Kraft und seines Gewichts leisteten die dicht gedrängten Bäume verschiedener Höhe und die miteinander verflochtenen Äste dem Sonnenschein, der auf diese bewaldete Region fiel, grimmigen Widerstand. Auf dem Waldboden würde immer nur Nacht oder Dämmerung herrschen. Derzeit war der Morgen im Wald lediglich zu erahnen, und nur vereinzelte schmale Lichtstrahlen bohrten sich hier und da ohne große Wirkung durch Lücken in der Vegetation.
    Kiefern und Hochgebirgsfichten gaben der Luft Würze. Der Duft der immergrünen Bäume war so überwältigend, dass Erika ihn schmecken konnte. Es war ein strenger, aber keineswegs unangenehmer Geschmack auf der Zunge.
    In so schwachem Licht konnte weder Gras noch sonstiges Kraut gedeihen, ganz zu schweigen von nennenswertem Unterholz. Moos könnte auf Felsformationen wachsen und Pilze in feuchten Winkeln, aber ansonsten waren der Waldboden und die Fahrspur, der sie folgte, nur mit toten Kiefernnadeln und vermodernden Zapfen bedeckt.
    Der Pfad, dem der GL 550 gefolgt war, war weiterhin deutlich zu erkennen. Zu beiden Seiten des

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