Der Schoepfer
Nur waren es keine Wespen, und diese gefräßige Masse brodelte nach oben und löste die Hülle ihres Gesichts auf, und es war immer noch kein Tropfen Blut zu sehen.
Jean-Anne war nicht bewusst gewesen, dass sie sich bewegt hatte, bis sie mit dem Rücken an die Wand stieß und der Nerv, der durch ihren linken Ellbogen führte, einen stechenden Schmerz aussandte.
Julian warf die Blumen und das Taschenbuch mit den Kätzchen auf dem Geschenkpapier hin und stürmte an ihr vorbei zur Tür.
Sie wollte mit ihm fliehen, doch sie schien durch den Schmerz in ihrem Ellbogen an die Wand genagelt zu sein und durch die Absätze ihrer Schuhe an den Fußboden.
John Martz hielt einen Schlagstock in der Hand, mit dem er ausholte und so kraftvoll auf Julians Kopf einschlug, dass es klang wie ein Baseballschläger, mit dem ein Batter einen Homerun erzielt, indem er den Ball über die Spielfeldbegrenzung schlägt. Julian sackte in sich zusammen, und John Martz beugte sich über ihn und hämmerte mit dem Schlagstock auf seinen Kopf ein. John Martz, dessen Frau zur Red Hat Society gehörte, John Martz, der als Auktionator bei der alljährlichen Wohltätigkeitsgala für das Krankenhaus so lustig war, schlug mit grausamer Schadenfreude immer wieder auf ihn ein.
Das Gesicht des attraktiven jungen Mannes war eine Maske unbändiger Verzückung, als er mit seiner rechten Hand in den Stumpf von Lauraine Polsons Hals hineinzugreifen schien wie ein Zauberer in einen Zylinder, um ein Kaninchen hervorzuholen. Er rammte seinen Arm bis zum Ellbogen in sie hinein, und ihr Körper begann nach innen zu sacken, als sei er aufgeblasen gewesen, und der junge Mann begann anzuschwellen, als sei Lauraines Substanz jetzt ein Teil von ihm; sein Kopf wurde unförmig, und sein Gesicht blähte sich zu einer anzüglich grinsenden Fratze auf, regelrecht dämonisch. Von seinem ganzen Körper stieg ein schimmernder silberner Dunst auf, und er brodelte von Kopf bis Fuß, wie zuvor schon seine Hand gebrodelt hatte, als sei er vollständig aus Milliarden von winzigen geflügelten Piranhas zusammengesetzt.
Einer der Patienten, die Jean-Anne nicht kannte, ein Glatzkopf mit einem roten Schnurrbart, war aus seinem Rollstuhl aufgesprungen und zur Tür gewankt. Er versuchte John Martz abzuwehren, doch der Schlagstock brach ihm erst die Finger und zerstörte dann sein Gesicht. Als sie von dem Toten oder Sterbenden aufblickte, grinste John Martz sie an, schwang seinen Schlagstock in ihre Richtung und sagte: »Willst du auch was abkriegen? Komm, hol dir deinen Teil. Na, mach schon, du willst doch sicher auch was haben.«
Susan Carpenter war aus ihrem Rollstuhl geflohen und kauerte in einer Ecke, und die beiden anderen Patienten drückten sich in andere Ecken des Raumes, und sie alle schrien oder riefen um Hilfe.
Jean-Anne wollte schreien, sie versuchte es immer wieder, aber sie brachte keinen Ton heraus und konnte sich nicht rühren, sondern nur mit dem Behälter mit den Miniaturmuffins dastehen, ihn vor sich halten, die Tupperware-Dose so fest packen, dass ihre Finger sie verbeulten, und sie präsentieren, als seien die Muffins eine Opfergabe, um den barbarischen Gott zu beschwichtigen, der sich urplötzlich in dem jungen Mann manifestiert hatte. Doch dieser böswillige Gott gab sich nicht mit preisgekrönten Muffins zufrieden. Er wollte mehr als das, was den Preisrichtern auf der Kirmes gefallen hatte. Er wollte viel mehr von ihr. Er wollte alles .
Als wollte er sich über die Schreie seiner wartenden Opfer lustig machen, öffnete der grotesk entstellte Mann, den niemand mehr schön finden konnte, seinen Mund weit, und aus seinem Inneren rannen dicke silberne Bänder. Als sie über Jean-Annes Gesicht schwappten und sie von einem Moment auf den anderen erblindete, erinnerte sie sich an die großen, birnenförmigen Säcke aus silbrigem Material, die mit etwas Schwerem gefüllt waren und von der Decke hingen, und jetzt dachte sie, und das war ihr letzter Gedanke: nicht Säcke. Kokons.
Als sie sich auf dem Haupttrakt dem südlichen Ende des Dachs näherten, hörte Bryce schwache Schreie wie jene, denen er durch das Abluftgitter im Bad gelauscht hatte.
Travis hörte sie auch. Er packte Bryce am Ärmel seines Bademantels. »Warten Sie. Was ist das?«
»Das, was ich schon früher gehört habe.«
»Es kommt von dort drüben.«
»Außer uns ist niemand auf dem Dach.«
»Dort drüben«, wiederholte der Junge.
»Verschließe deine Ohren davor, mein Sohn. Komm
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