Der Schoepfer
das Dach, der Himmel.
Seine linke Schulter war doppelt so groß wie vorher, oder lag er auf etwas drauf? Unter Anstrengungen schaffte er es, den Kopf so zu drehen, dass seine Nase, die keineswegs gebrochen war, gegen einen dicken Buchrücken stieß, und seine Augen kämpften damit, die doppelten, nebelhaften Buchstaben zu fokussieren, r … man , las er. Sherman.
Es war ein dicker Schinken mit Fotos von Cindy Sherman. Ein Buch, das er vor vielen Jahren auf einer Reise gekauft, mit nach Hause gebracht und seitdem kaum angeschaut hatte. Was machte es auf dem Fußboden?
»Wer einem nicht das Rückgrat bricht, wartet auf die Gelegenheit, einem das Schlüsselbein zu brechen, ob man ihn nun kennt oder nicht«, dachte er völlig zusammenhanglos.
Er wusste nicht, wie lange er schon dort gelegen hatte, bis er endlich versuchte, auf die Beine zu kommen, hatte aber das Gefühl, jede Menge wirre Träume im halbwachen Zustand geträumt und sofort wieder vergessen zu haben. Immer wieder versuchte er, mit dem rechten Fuß aufzutreten, aber der Schmerz zog sich in seine Leiste und füllte seinen Kopf mit kochend heißem Dampf – er lähmte seine Gedanken und machte ihn noch hilfloser. Schließlich stand er auf einem Bein – nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es nicht möglich war, mit dem anderen aufzutreten –, hüpfte eine halbe Schrittlänge Richtung Tür, bis ihm von dem Schmerz, der wie eine wilde Trommel in seinem Schulterblatt hämmerte, schwarz vor Augen wurde.
Er legte sich schnell wieder hin, bevor er das Gleichgewicht verlor, legte sich mit unerträglichen Schmerzen kraftlos auf den Boden und versuchte, seinen Kopf in Gang zu bringen. Denken. Wo war das Telefon?
Das Telefon lag auf dem Küchentisch. Er hatte es aus seiner Hosentasche genommen, um Platz für die Glühbirnen zu schaffen. Die neue Birne in die eine Tasche, die kaputte in die andere. War das nicht wahnsinnig schlau gewesen? Jetzt lag er hier – wälzte sich auf dem staubigen Fußboden zwischen dreckigen Klamotten, die aus dem Korb gefallen waren, den er im Fall mitgerissen hatte –, und das Telefon lag dort, in weiter Ferne.
Er versuchte, sich besser zu konzentrieren, aber Schwärze legte sich über seine Augen, und im Traum wurde er in einem fremden Haus an der Wand entlanggezogen, sein Bein war am Knie abgetrennt, schwarzes Blut tropfte heraus, und sein Arm hing wie Hackfleisch in seinem durchnässten Hemdsärmel, den er sich nicht traute hochzukrempeln, er traute sich noch nicht mal, diesen Fetzen anzuschauen, der an seiner Seite herunterhing wie irgendetwas Abartiges aus dem Weltraum.
Am liebsten hätte er ihn abgerissen. Vielleicht hatte er so auch sein Bein verloren. Es hatte ihn angeekelt, und er hatte es einfach abgerissen. Was wollte er noch mal tun? Ach ja, er suchte das Telefon, das im Nachbarzimmer ununterbrochen klingelte. Oder er versuchte, das Bad zu finden. Verdammt, er musste echt pinkeln. Er legte die Hand auf den Bauch und spürte, dass er aufgeschlitzt war, spürte seine Eingeweide unter dem Hemd und hoffentlich Haut, versuchte, sie so gut er konnte zusammenzuhalten, während Panik ihn übermannte und sämtliche Gedanken auslöschte, außer, dass er nicht allein sein wollte. Auf keinen Fall. Der Tod spielte keine Rolle, wenn er nur nicht alleine sterben müsste. Warum war niemand hier, um ihm zu helfen?
»… einen Krankenwagen gerufen«, sagte jemand mit eifriger Stimme, berührte seine Stirn und legte zwei zitternde Finger auf die Schlagader an seinem Hals, um den Puls zu kontrollieren.
Sveinn schlug die tastende Hand weg. »Ich bin noch nicht tot, du Arschloch«, hörte er sich selbst sagen. »Fass mich nicht an. Du ekelst mich an. Wie heißt du?«
»L … Lárus«, sagte der Junge – der, der ihn heute im Laden angesprochen hatte. »Der Krankenwagen ist unterwegs. Sie dürfen sich nicht bewegen oder sprechen. Die Frau am Telefon hat gesagt, Sie dürfen sich nicht bewegen«, fügte er hinzu, bibbernd wegen etwas, das Sveinn nicht ausmachen konnte, das ihn aber stinksauer machte. Doch, es war Aufregung. Der Junge fand die Sache spannend. Jetzt durfte er den Helden spielen. Die Situation retten. Am liebsten wäre es ihm natürlich, wenn sie draußen in der Wildnis wären und er die Wunden selbst verbinden müsste. Einen Ast suchen, um ihn als Schiene zu benutzen, sein eigenes Hemd in Verbandsstreifen reißen.
Immerhin machte es die Situation ein wenig besser, dass sie nicht in der Wildnis, sondern in der
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