Der Schoepfer
einen ganz sentimental, oder das kommt von dem Schlag auf den Kopf«, dachte er, als ihm plötzlich die Brandgefahr wegen der Glühbirne einfiel, die halb in der kaputten Fassung steckte, und der ganze Strom, der von dem kaputten Zeug ausging.
»Lárus«, sagte er und zeigte auf den Lichtschalter. »Drück mal für mich auf den Schalter.«
Lárus setzte sich ungefragt hinten in den Krankenwagen und vermied es, Sveinn in die Augen zu schauen, so als fürchte er, bei der geringsten Gelegenheit weggeschickt zu werden.
»Liegen Sie gut?«, fragte die Frau.
»Ja, Schätzchen«, antwortete Sveinn.
»Sie haben Glück, dass Ihr Freund Sie gefunden hat«, sagte die Frau.
Lárus’ rote Ohren wurden noch röter.
»Apropos«, sagte Sveinn und drehte seinen Kopf unter Mühen zu Lárus. »Was hattest du eigentlich in meinem Haus zu suchen?«
Die Frau grinste, kletterte nach vorne und lehnte sich über den Beifahrersitz, als wolle sie das Privatgespräch hinten nicht stören. Vielleicht war sie anders, als sie wirkte, vielleicht war sie gar nicht einfältig oder brutal, sondern eine dieser Frauen, die mit unsichtbaren Fühlern Stimmungen wahrnahmen und genau wussten, wie sich die Anwesenden fühlten.
»Ich hab ein paar Mal versucht, Sie anzurufen«, sagte Lárus hastig. »Sie wissen schon, wegen der Sache, über die wir gesprochen haben. Aber Sie sind nicht rangegangen, und ich dachte schon, Sie hätten Ihr Handy verloren oder so. Dann bin ich an Ihrem Haus vorbeigefahren und hab Ihr Auto gesehen und gedacht, dass es nichts schaden kann, mal anzuklopfen, und als ich am Fenster vorbeigegangen bin, haben Sie dagelegen, und ich hab sofort gesehen, dass irgendwas nicht stimmt, und bin einfach reingegangen.«
Sveinn atmete so tief er konnte ein, ohne sein Schlüsselbein zu sehr zu belasten, und wunderte sich darüber, dass er eingeschnappt war. Er sollte froh und dankbar sein, anstatt das Bedürfnis zu haben, seinem Wohltäter an die Gurgel zu gehen.
»Und was war so dringend, dass du es mir unbedingt sagen
wolltest?«, fragte Sveinn, obwohl er genau wusste, dass er Lárus’ Fantasie, sie seien in irgendwelche geheimen Machenschaften verwickelt, völlig zerstörte, wenn er in Anwesenheit der Sanitäter so gleichgültig über die Sache redete.
Als Lárus nicht antwortete, fügte er hinzu: »Tu doch nicht so geheimnisvoll, wir haben weder die Mafia noch die Polizei auf den Fersen.«
Lárus’ Stimme klang verletzt, als er sagte: »Nein.« Einen Moment blieb er störrisch, dann fügte er hinzu: »Ich hab nur das rausgekriegt, was Sie wissen wollten. Sie können zu ihr fahren, sobald Ihre Schulter wieder okay ist, und sich holen, was sie Ihnen geklaut hat.«
»Das ging aber schnell. Ich hab schon überlegt, ob wir ihr das Püppchen nicht einfach überlassen sollen, wenn sie es unbedingt haben will, was meinst du, mein Junge?«
Lárus zuckte mit den Achseln, völlig niedergeschmettert. Er sehnte sich nach Sveinns Aufmerksamkeit und hätte sich am liebsten unentbehrlich gemacht. Der arme Junge wusste eben nicht, dass er, wenn er sich bei ihm einschmeicheln wollte, nur in einen anderen Landesteil ziehen oder tot umfallen musste.
VIII
Sonntag
Lóa stand an der Spüle in der Küche und schaute aus dem Fenster auf die schrägen, gelben und roten Wellblechdächer und das frische Gras, das aus dem gelbbraunen Durcheinander vom letzten Jahr hervorspross. Die Farben im gleißenden Morgenlicht hyperrealistisch. Ein merkwürdiges Vibrieren im Kopf und im Körper, als spiele jemand Basstöne, die zu tief für das Gehör waren. Es war keineswegs so schlimm, dass man es als Kater bezeichnen konnte, und eigentlich ein gutes, heimeliges Gefühl: Das Nervensystem summte wie die Milchkühlung im Stall nach dem Melken.
Langsam spülte sie die Kanne und das Messer des Mixers. Der Energiedrink wartete darauf, zu Margrét ins Zimmer gebracht zu werden, in einem hohen, mattrosafarbenen Glas, das neben der Obstschale stand und an eine Werbung erinnerte, die sie mal für die Molkereibetriebe entwickelt hatte, für einen Joghurtdrink, der neu auf dem Markt war.
Der Gedanke an die Arbeit war wie eine undeutliche Erinnerung aus der Schulzeit und das Büro in Borgartún in ihrem Kopf zweidimensional – wie auf einem Fernsehbildschirm.
Die Autofahrten mit ihrem Vater, als sie noch so klein war, dass ihre Füße nicht auf den Boden des Wagens reichten, waren
in der Erinnerung viel klarer: seine großen, fleischigen Hände wie festgewachsen am
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