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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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Kopf drehte sich alles, und sein Sichtfeld erschien ihm an den Rändern eingeschränkt. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass er nur noch zwei Tabletten übrig hatte, wenn er vorhatte, morgen früh nach Hause zu fahren. Anschließend musste er sich sofort neue beschaffen.
    Lóa schaute ihn kaum an, als er in der Tür zum Wohnzimmer erschien – sie war völlig vertieft und schrieb etwas auf ein
Blatt Papier. Der Schein des Computerbildschirms verlieh ihr eine blauweiße Aura, Gesicht und Brust schienen zu leuchten, während alles andere in den milden Schein der Kerzen gehüllt war. Es wäre ein friedlicher, schöner Anblick gewesen, wenn nicht diese bedrohlich aufgeladene Spannung in der Luft gelegen hätte. Zeit und Raum wurden von der Schwere nahezu erdrückt. Es war ohnehin schwierig, unter diesen Umständen etwas zu sagen, geschweige denn, etwas anzusprechen, das kompliziert und sensibel war.
    Schweigend hinkte er an ihr vorbei, fand das Badezimmer, ließ das Wasser laufen, bis es so kalt war, dass seine Finger unter dem Strahl schmerzten. Er trank direkt aus dem Hahn, bis sich seine Lippen und sein Gaumen fast gefühllos und sein Magen ausgeweitet anfühlten.
    Dann ging er mit belebender Kälte in Mund und Speiseröhre und vor Erleichterung feuchten Augen zurück ins Wohnzimmer. Er setzte sich Lóa gegenüber an den schweren Eichentisch, musterte sie über den silbernen Laptop hinweg, musterte ihre Brille, die bestimmt sündhaft teuer gewesen und von einem schwulen Künstler in Paris oder New York entworfen worden war. Musterte ihre blonden Locken, die bei dieser Beleuchtung an Engelshaar erinnerten, mit dem man früher zu Weihnachten Lichterketten geschmückt hatte.
    »Ólöf, genannt Lóa«, sagte er. »Heißt du Hansdóttir?«
    »Was meinst du?«, entgegnete sie vollkommen ungerührt.
    Sie schaute geradewegs durch ihn hindurch, hob eine Augenbraue, öffnete den Mund und drückte ihre Zunge gegen die Zähne, als wolle sie etwas sagen, drehte sich dann aber wieder schweigend zum Bildschirm.
    Sveinn spürte eine intensive Empfindung, konnte sie aber nicht einordnen. Er wusste nur, dass dieses Gespräch nicht dem
Manuskript entsprach, das er im Kopf hatte. Etwas stimmte nicht. Etwas, das er nicht kannte und nicht verstand, aber gerne in Ordnung bringen wollte. Es war ihm ein Seelenanliegen: etwas geradezubiegen, was auch immer es war. Alles, was er in diesem Haus beobachtet hatte, war ein einziger, stummer Hilfeschrei, und er war mittendrin eingeschlafen. Aber jetzt war er hellwach und kaum noch wütend. Die arme Frau hatte die Situation einfach nicht mehr unter Kontrolle, denn sie reagierte weder auf sein plötzliches Auftauchen noch auf seinen Hinweis, er wüsste, dass sie die unverschämte Briefeschreiberin war. Das lief nicht so, wie er gedacht hatte. Er musste sich einen besseren Überblick über die Situation verschaffen.
    Er wollte nicht in anderer Leute Unglück hineingezogen werden, aber jetzt war es zu spät. Lóa saß direkt vor ihm wie ein beleuchtetes Schild mit einer verschlüsselten Botschaft, die anscheinend für ihn bestimmt war. Er war dazu bestimmt, den Code zu knacken. Warum? Das spielte keine Rolle. Wahrscheinlich aus purem Zufall, aber die Aufgabe war deshalb nicht weniger dringlich. Der gesamte Lauf der Welt wurde von Zufällen angetrieben. Manche Menschen glaubten nicht daran, und er selbst glaubte auch nicht an das Schicksal, nur an Zufälle, die die Leute mit unterschiedlicher Heftigkeit von Ort zu Ort trieben wie Figuren auf einem Schachbrett. Nein, nicht wie Figuren auf einem Schachbrett, das war zu berechnend. Mehr wie Abfall im Wind. Und die ewige Aufgabe des Menschen bestand darin, sofort auf sie zu reagieren und sich damit abzufinden, dass sie das waren, was sie waren: Zufälle.
    Sveinn lehnte sich über den Tisch, stützte das Kinn auf den Rand des Computerbildschirms und schaute Lóa an, bis sie aufhörte zu schreiben und ihn ansah.
    »Ich ersetze dir den Schaden«, sagte sie und nickte in Richtung
der Schwarzhaarigen. »Ich wollte sie zurückbringen. Und ich bezahle alles, Benzingeld, Arbeitsausfall, Reparaturen, falls was kaputt ist. Wenn du willst, zahle ich auch den vollen Preis, und du kannst sie trotzdem mitnehmen. Ich will so was nicht im Haus haben.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Was willst du dann?«, fragte sie. »Hast du Hunger?«
    »Ja«, sagte er, »aber das ist egal. Ich will nur, dass du mir sagst, was hier los ist. Ich finde, ich habe ein Recht, das zu

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