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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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wissen. «
    Er fürchtete, dass sie jetzt in Verteidigungsposition gehen, ihre Krallen ausfahren und ihre Zähne zeigen würde. Aber die Frau war unberechenbar. Da saß sie und schien sich gut unter Kontrolle zu haben, obwohl sie eindeutig aufgewühlt war. Sie wirkte vernünftig und beherrscht. Und er hatte gedacht, ihre hässliche Seite würde mit all ihrer bedrohlichen Aggressivität hervorbrechen, wenn man sie unter Druck setzte. Aber sie starrte nur teilnahmslos auf die Wand hinter ihm und zeigte ihm das Blatt, auf dem sie Notizen gemacht hatte: Namen, Adressen und Telefonnummern, etwa zehn Stück.
    »Meine ältere Tochter ist von zu Hause weggelaufen«, sagte sie. »Das sind die Nummern ihrer Freunde, oder besser gesagt, ihrer früheren Freunde. Sie haben ihr alle den Rücken zugekehrt. Ich weiß, dass es nichts bringt, sie anzurufen, aber ich kann nicht länger hier sitzen und warten.«
    Sie wich seinem Blick aus, während sie sprach. Es war, als schäme sie sich. Und da erinnerte er sich dunkel an etwas, das sie an jenem Abend gesagt hatte. Ihre ältere Tochter war krank im Kopf. Wie hatte sie das noch mal formuliert? Er wusste es nicht mehr, nur, dass es nicht ganz eindeutig gewesen war. Sie war betrunken gewesen, aber nicht betrunken genug, um ihm,
einem fremden Mann, alles anzuvertrauen, was ihr auf der Seele lag. Nur gerade betrunken genug, um vage Andeutungen zu machen, bevor sie das Gespräch auf etwas anderes lenkte.
    »Hast du schon mit der Polizei gesprochen?«
    »Die haben mir gesagt, ich soll morgen wiederkommen«, antwortete sie und strich sich immer wieder mit den Fingern durch ihr wirres Haar. Ihre Wangen waren gerötet, als sei sie gerannt. »Sie haben auch gesagt, sie würde heute Abend oder heute Nacht zurückkommen, aber da bin ich mir nicht so sicher. Margrét ist es todernst mit allem, was sie tut. Trotzdem möchte ich nicht wegfahren, falls sie nach Hause kommt und keinen Schlüssel dabeihat.«
    Sveinn hatte Mitleid mit ihr. Sie wirkte so allein auf der Welt, und es gab kein Rezept dafür, wie man sich in einer solchen Situation verhalten sollte. Er war sich nicht sicher, ob sie alles richtig machte, hatte aber auch keine bessere Idee.
    »Ich könnte sie ja reinlassen, wenn sie kommt, während du weg bist«, sagte er – obwohl er es eigentlich nicht ertragen konnte, alleine zurückzubleiben, mit einer schmerzenden Schulter, zwei Tramol und dem unangenehmen Gefühl, dass er niemandem wichtig war und niemand seine Hilfe brauchte. Zugleich hoffte er, dass Lóa seine Hilfe annehmen würde, am besten sofort von ihm abhängig wäre.
    »Das ist nett von dir«, sagte sie, »aber Margrét ist so labil, dass sie noch nicht mal mit Leuten klarkommt, die sie kennt. Bei Fremden fühlt sie sich überhaupt nicht wohl. Sie war nicht immer so, aber was glaubst du, wie sie reagiert, wenn sie nach Hause kommt und du ihr die Tür aufmachst? Das ist nicht böse gemeint, aber du siehst aus wie der böse Wolf, der gerade Rotkäppchen und die Großmutter gefressen hat. Zerzaust und unrasiert und mit diesen ganzen Verbänden. Was ist denn
passiert? Du warst doch noch ganz gesund, als ich dich das letzte Mal gesehen habe.«
    »Ich bin auf einen Wäschekorb geklettert und hab mich zum Spaß runtergestürzt«, sagte er.
    Sie reagierte nicht, und als er ihr teilnahmsloses Gesicht sah und merkte, dass sie ihm gar nicht zuhörte, nahm er ihr das übel.
    »Das war natürlich nur eine Übung, um dem Tod ins Auge zu schauen, der mich, wenn ich das richtig verstanden habe, nächsten Monat erwartet. Ich soll aus dem Weg geräumt werden, damit andere Leute ein normales Familienleben führen können. Das ist doch der Plan, oder?«, sagte er und starrte in ihre Augen.
    Sie schaute eine Weile zurück, wandte dann den Blick ab und sagte: »Es geht mich ja nichts an, wie du dich verletzt hast, aber du kannst mir ruhig glauben, dass Margrét dir nicht begegnen will, und du willst ihr wahrscheinlich auch nicht begegnen.«
    Sie spielte mit dem drahtlosen Telefon herum, massierte ihr Kreuz und fügte dann hinzu, es sei schon elf Uhr und sie werde ein paar Anrufe machen, bevor es zu spät sei. »Du kannst dir was aus dem Kühlschrank holen, bevor du dich wieder hinlegst. Ich habe nicht den Eindruck, dass du in diesem Zustand nach Hause fahren kannst.«
    Im selben Moment, als sie das gesagt hatte, spürte er, dass es genau das war, was er wollte. Essen und schlafen. Auch wenn diese Wohnung nicht gerade seine Vorstellung vom Paradies

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