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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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wirkte ihre Reglosigkeit allerdings unheimlich, und nach einer Weile sah sie nicht mehr so aus, als warte sie, sondern als liege sie in einem tiefen, verzauberten Schlaf.
    Lóa hatte plötzlich das Gefühl, keine missratene Mutter mehr zu sein, die ihrer Aufgabe nicht gerecht wurde, sondern eine Heldin in einem Abenteuer, deren Aufgabe es war, das Mädchen im Schlafanzug zu wecken. Alles, was sie tun musste, war, gefährliche Drachen zu töten, um ein halbes Königreich zu erobern. Sie musste Schatzkisten füllen, musste Antworten auf Rätsel finden.
    Da tauchte Sveinn plötzlich auf. Er wiederum schien zu glauben, sie beschützen zu müssen. Was auch immer ihm das brachte. Seelenheil vielleicht. Vergebung seiner Sünden. Er sah besorgt aus, ging mit großen Schritten und zog die grüne Wachsjacke über, die sie an einem Haken bei ihm zu Hause im Flur hatte hängen sehen. Ein Ärmel baumelte lose herunter und schlug im Wind.
    Lóas Gefasstheit reichte gerade aus, um sich auf den Beinen zu halten und einigermaßen deutlich zu sprechen. Sie wischte mit einer Handbewegung alle Bedenken weg, lief mit schnellen Schritten in das helle Gebäude, durch einen Flur und fand schnell eine Mitarbeiterin, eine Frau in einem blauen Kittel, die damit beschäftigt war, aus einem großen Behälter auf Rädern Wäsche zusammenzufalten.
    »Verzeihung«, sagte Lóa und ignorierte das Zittern in ihrer Stimme. »Wohnt Marta Jónasdóttir bei Ihnen?«

    Die Frau nickte.
    »Darf ich mal kurz mit ihr sprechen? Es ist dringend, dauert aber nicht lange.«
    »Ich weiß nicht, ob sie in ihrem Zimmer ist«, antwortete die Frau und legte ein halb gefaltetes Laken beiseite.
    Lóa sah, dass Sveinn wie ein Idiot im Flur stand, während er aussah, als wäre er jetzt lieber woanders. Dennoch humpelte er auf sie zu und ließ sich nicht abschrecken.
    Die Frau brachte sie ein Stockwerk höher in einen langen Flur, zeigte auf eine Tür in der Mitte, klopfte leicht an und eilte dann grußlos davon.
    »Wer ist da?«, schnurrte es von drinnen, und Lóa erschrak, weil sie Martas Stimme anders in Erinnerung hatte. Dann stand Marta selbst gebückt in der Tür und starrte Lóa an, als hätte sie sie noch nie gesehen. Ein geduldiges Lächeln umspielte ihre Lippen, und in ihren Augen lag ein mildes Fragen, als hätte sie keinen eigenen Willen. Lóa spürte, wie die altvertraute Abneigung in ihr hochwallte. Sie bemühte sich vergeblich, das drohende Knurren tief in ihrer Seele zum Schweigen zu bringen. Marta hatte nun mal diesen Einfluss auf sie, daran ließ sich nichts ändern. Außer, ihn mit allen verfügbaren Satintüchern der Zivilisation zu verhüllen.
    Marta setzte sich in einen großen Sessel, der mit brodierten Rosen verziert war, und Lóa bemerkte, dass ihre Füße nicht bis auf den Boden reichten, sondern schlaff von dem bestickten Polster hingen. Sie trug hautfarbene, kniehohe Nylonsocken und weiße Gesundheitslatschen mit Luftlöchern sowie ein zwei Nummern zu großes, hellbraunes Kleid mit dunkelbraunem Laubmuster.
    »Wollt ihr meine Uhr sehen?«, fragte sie neckisch und zeigte ihnen ein altes, zerkratztes Zifferblatt.

    Lóas Mund wurde noch trockener. »Wie hübsch«, sagte sie, »woher hast du das?«
    Marta zog ihre Hand mit verängstigtem Gesicht zurück, versteckte die Kostbarkeit hinter ihrem Rücken und wich Lóas Blick aus. Sie schien vergessen zu wollen, dass sie da waren, und sich einzureden, sie sei allein im Raum – sie murmelte vor sich hin, schlug mit ihrem kleinen Fuß einen Takt in der Luft und schielte in alle Ecken, aber nie zu Lóa oder Sveinn.
    Lóa hätte am liebsten aufgegeben – nicht die Sache mit Marta, sondern einfach alles –, wäre zum Auto gerannt und losgefahren. Aber wohin? Rund um Island? Mit der Fähre zu den Färöern? Diese Art von Dramatik konnte nur lächerlich wirken, wenn man auf einer Insel lebte – etwa so, wie wenn man bei einem Wutanfall den Ausgang nicht fand, schwungvoll in den Schrank stürmte und die Tür hinter sich zuknallte.
    Bei dem Gedanken lächelte sie eisig, bis sie merkte, dass Sveinn sie anschaute.
    »Kannst du einen Moment draußen warten?«, fragte sie, und obwohl ihr gespaltener Geist ihm misstraute, spürte sie eine Leere, als er hinaushumpelte und die Tür hinter sich zuzog. Ihr schauderte davor, mit Marta allein zu sein. In der Ecke neben der Tür standen ein kleines Schreibpult und ein Stuhl, beides aus dunklem Holz, und Lóa zog den Stuhl heran und setzte sich, obwohl sich jeder

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