Der schottische Seelengefährte (German Edition)
Gespräch, das ich nun führen muss“ seufzte Iain gequält.
Der Weg zur Kapelle dauerte länger als geplant, weil er immer wieder von Kriegern angesprochen wurde, die etwas mit ihm klären mussten. So kam er genau zur Mittagsandacht. Er setzte sich ruhig in die hinterste Bank und hörte seinem Onkel Graham zu. Dieser war ebenfalls der zweitgeborene Sohn gewesen und hatte sich schon früh für das Priestertum entschieden. Außerdem war es praktisch, einen eigenen Priester aus der Familie in der Burg zu haben. Anders als sein Bruder, Iains Vater, war er eher ruhig und ernst, aber man konnte sehen, dass er ein McAllister war. Seine ehemals schwarzen Haare waren mit den Jahren fast ergraut und trotz seines hohen Alters war er noch großgewachsen und blickte eindrucksvoll auf seine kleine Gemeinde.
Ich werde ihm mehr Essen schicken müssen, dachte Iain besorgt, als er sah, wie die Kutte am Körper seines Onkels schlabberte, der sich vorne am Altar bewegte. Zum ersten Mal seit langer Zeit nahm er seinen Onkel wieder bewusst wahr und stellte erschrocken fest, wie hager und alt ergeworden war.
Nach der Messe ging Iain zu Graham in die Sakristei und wartete, bis er sich wieder umgezogen hatte.
„Welch seltener Gast in meiner bescheidenen Kirche“ begrüßte ihn Graham und drückte kurz seine Schulter. Er hatte seinen Onkel schon immer gemocht, vielleicht, weil sie das gleiche Schicksal der Geburtenfolge teilten. Aber auch Grahams ausgeglichenes Wesen und seine offene Art, trotz der Tatsache, dass er ein Kirchenmann war, hatten ihn oft seine Nähe suchen lassen.
„Ich habe ein etwas ungewöhnliches Anliegen und brauche dabei Eure Hilfe.“
Innerlich widerstrebte es Iain, andere um Hilfe zu bitten, er war es eher gewohnt, seine Probleme alleine zu regeln. Aber zu einer Vermählung benötigte er nun mal einen Geistlichen.
„Was kann ich für Euch tun?“ fragte Graham und deutete auf eine kleine Bank.
„Danke, ich stehe lieber, aber setzt Ihr Euch doch“ bat Iain, „ich muss mich bewegen.“
„Ah, etwas Wichtiges also!“
Verdutzt blickte er seinen Onkel fragend an.
„Nun, wenn immer Ihr etwas Wichtiges zu sagen habt, so erledigt Ihr es im Stehen. Sei es im großen Saal, auf dem Übungsplatz oder halt hier“ antwortete Graham nüchtern. „Also, was ist es?“
Noch etwas abgelenkt durch die ungewöhnliche Feststellung ging Iain vor seinem Onkel auf und ab. „Ich möchte, dass Ihr eine Heirat abhaltet.“
„Natürlich. Wessen?“
„Meine. Morgen“ kam die abgehakte Antwort und in diesem Moment wusste Iain, dass er es wirklich wollte.
Graham musterte ihn scharf. „Aber?“
„Nun ja, die Braut ist nicht ganz so willig“ druckste Iain herum.
„Spuckt es aus, und zwar so, dass ich es verstehen kann“ kam es völlig untypisch für einen Geistlichen. Iain seufzte und erzählte ihm die ganze Geschichte über Mary, ihrer Mutter Megan und den Fergussons. Währenddessen lief er immer wieder auf und ab und Graham hörte sich alles ohne zu unterbrechen an. Als er geendet hatte, schwieg Graham einige Zeit.
„Aber wenn sie zurück will und kann, was dann?“ hakte er nach.
Wieso kamen eigentlich alle mit der gleichen unangenehmen Frage um die Ecke? Hielten sie ihn etwa für einen Tyrannen, der Mary seinen Willen aufzwingen würde? Iain war völlig genervt.
„Dann werde ich ihr wie versprochen helfen. Aber vielleicht kann ich sie bis dahin zum Bleiben überreden“ fügte er leise hinzu. Er war im Gotteshaus und sollte sich gebührlich verhalten und nur die Wahrheit sagen.
Wieder entstand eine längere Pause, in der beide Männer den eigenen Gedanken nachgingen. Schließlich stand Graham auf.
„Ich werde Euch morgen trauen, aber es muss alles genau nach den kirchlichen Bestimmungen erfüllt werden. Das heißt, ich will ihr „Ja ich will“ wortwörtlich hören.“ Ernst blickte er in Iains braune Augen, die Graham im ersten Moment an seinen älteren Bruder erinnerten. Er wusste von Iains Weigerung zu heiraten aus Angst, sich zu einem tyrannischen Ehemann zu entwickeln wie sein Vater. Doch er kannte Iain seit seiner Geburt und wusste, dass in ihm die Güte seiner Mutter schlummerte. Wenn er nun zu diesem Schritt bereit war, musste diese Frau wichtiger für ihn sein, als er jetzt bereit war zuzugeben.
„Ich helfe Euch nur, weil ich spüre, dass Euch etwas an ihr liegt. Wir sehen uns morgen.“ Damit drehte er sich um und ließ Iain alleine zurück. Erleichtert atmete Iain durch, ein weiterer
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