Der schottische Seelengefährte (German Edition)
Schritt war geschafft.
Wie immer saß Mary in ihrem Zimmer und wieder einmal leistete Elizabeth ihr Gesellschaft. Während Elizabeth an einem Tuch für ihre Hochzeit stickte, las Mary glücklich aus einem Buch vor. Nach ihrem Gespräch mit Iain, dass sie sich so langweilte was sie langsam in den Wahnsinn trieb, war kurz danach eine große Kiste mit Büchern in ihr Zimmer gebracht worden. Es war eine Mischung aus kirchlichen Büchern, ein paar historische und sogar eines über Kräuter. Gerade las sie ein Buch, das angeblich die Geschichten von den McAllisters Vorfahren behandelte. Manchmal kam sie ins Stocken, weil ein paar Wörter in einem ihr fremden Dialekt niedergeschrieben waren, aber dann schaffte sie es wenigstens den Sinn zu erfassen. Es waren traurige und schaurige Geschichten, über Schlachten und deren Verluste, aber auch sehr fröhliche oder nüchterne, wie die Angaben über die Mengen der nächsten Aussaat und die Einnahmen durch die Pächter oder große Festberichte. Beide hielten sich gerade den Bauch vor Lachen, da eine Seite die Brautwerbung eines Flechters an eine McAllister beschrieb. In der Woche vor der Hochzeit hatte er ihr unter anderem einen ganzen Sack voll getrockneter Schweineohren für ihre Hunde geschickt.
Prustend meinte Elizabeth: „Wehe, Adam lässt sich auch so etwas Widerliches einfallen, das werde ich sofort zurückschicken und etwas Neues für den Tag verlangen.“ Auf Marys verständnislosen Blick hatte Elizabeth ihr von dem Brauch erzählte, dass der Bräutigam in der letzten Woche vor der Hochzeit der Braut jeden Tag ein kleines Geschenk zu schicken hatte. Dies sollte sie wohlwollend auf die Vermählung einstimmen. Nachdenklich betrachtete Mary das junge Mädchen.
„Bist du glücklich?“ fragte sie leise in einer kurzen Pause, als Elizabeth gerade etwas trank. Elizabeth blickte zuerst erstaunt auf, dann erwiderte sie ruhig:
„Ich denke schon. Iain hat mir vor kurzem in einem privaten Gespräch erzählt, dass er vor ein paar Tagen noch einmal bei den McGregors gewesen ist und mit ihnen gesprochen hat. Er hat deutlich gemacht, dass es ihm wichtig ist, dass Adam und ich uns gut verstehen und deshalb wird er schon ein paar Tage vor der Hochzeit herkommen, damit wir uns ein wenig kennenlernen können.“ Sie lächelte verschmitzt.
„Ich denke, dass ihn deine Schimpftirade über herzlose Bündnisse dazu bewegt hat. Vielleicht auch sein vorheriges Gespräch mit mir, als ich ehrlich meinte, dass ich schon unsicher wäre, da Adam eigentlich ein völlig Fremder für mich ist und es schön wäre, am Hochzeitstag nicht vor lauter Entsetzen in Ohnmacht zu fallen, wenn mein Bräutigam völlig unakzeptabel wäre.“
Leise vor sich hin kichernd gab sie zu: „Ich habe mich an das erinnert, was du mir bei unserem ersten Treffen gesagt hast und gedacht, wer nicht gewagt, der nicht gewinnt. Aber mein Herz ist mir dabei fast aus der Brust gesprungen, so aufgeregt war ich. Ich wusste nicht, wie Iain darauf reagieren würde. Aber er war schon immer ein großartiger Bruder, ganz anders als Liam“ seufzte sie leise.
Ich muss wohl noch besser aufpassen, was ich sage, dachte Mary erschrocken. Erst die Entdeckung ihrer ungewöhnlichen Unterwäsche, von der Elizabeth so fasziniert gewesen war, dass sie Iain gesagt hatte, dass sie auch solche wollte, was verständlicherweise zu einem großen Aufruhr und ihn an ihre Badewanne geführt hatte. Und nun, durch ihre neuzeitliche Einstellung hinsichtlich Partnerschaften, saß hier nun eine fordernde statt gefügige Braut. Himmel, was für ein Durcheinander! Aber Iain hatte ihr versprochen, wahrscheinlich auf Elizabeths Drängen hin, dass Mary spätestens zu ihrer Hochzeit ihr kleines Gefängnis verlassen und mitfeiern durfte und so zählte sie schon die Tage.
„Wer kommt denn eigentlich alles?“ fragte Mary nun doch neugierig geworden. Mit der Aussicht, an einer für sie wirklich historischen Hochzeit in den schottischen Highlands teilzunehmen, verspürte sie ein aufgeregtes Kribbeln. Würde es genau wie in den Büchern sein, von denen sie schon so viele gelesen hatte? Aber direkt und persönlich dabei zu sein, war noch einmal eine ganz andere Sache. Gespannt lauschte sie Elizabeth, die ihr jede Menge Clannamen um die Ohren warf, und was es alles zu essen geben würde. Plötzlich erstarrte Mary innerlich zu Eis. Konnte es sein? Nein, das war doch nicht möglich, oder?
„Sag mir noch einmal, wer eure Nachbarn sind und wer davon kommt!“
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