Der schottische Verfuehrer
waren.
Duncan stieß Isabel von sich, als habe er sich an ihr verbrannt. Erschrocken stolperte sie, fing sich aber sogleich wieder.
„Warum trägst du ein Priestergewand?“, fragte sie und reckte das Kinn empor. „Hat Frasyer dich gesandt?“
„Frasyer? Nein. Ich bin hier, um dir bei der Flucht zu helfen.“ Sie schaute ihn eindringlich an, als wollte sie herausfinden, ob er die Wahrheit sagte. „Warum?“
Langsam wurde er ärgerlich. „Schau dich doch um. Willst du etwa in dem Dreckloch bleiben?“
Sie schüttelte den Kopf und atmete vorsichtig aus. Sein Blick fiel auf die Kleidung, die ihr um den Leib schlotterte. Offenbar ließ Frasyer sie hungern. Duncan fragte sich, auf welche Weise der Schuft sie wohl außerdem noch gequält hatte.
„Du solltest nicht hier sein“, sagte sie. „Du riskierst dein Leben.“
Empört schnaufte er und entgegnete: „Ausgerechnet du machst dir Sorgen um mich?“
„Bitte geh.“
Nein, ganz gewiss würde er ihrer verzweifelt vorgetragenen Bitte nicht entsprechen. Interessanter war es, warum sie ihn zum Gehen aufforderte. Nur einen Grund konnte Duncan sich vorstellen ... Er griff ihre Handgelenke. „Ist dies eine Falle? Machst du etwa gemeinsame Sache mit Frasyer?“
Wütend verzog sie das Gesicht, und mit einem Ruck wollte sie ihre Hände befreien. „Wie kannst du so etwas nur denken? Das würde ich niemals machen.“
„Nein“, meinte er höhnisch, „so wie es auch niemals deine Absicht war, dein Verlöbnis mit mir zu brechen, um Frasyers Bettgenossin zu werden. “ Verdammt! Er hatte sie nicht zur Rede stellen wollen. Er wollte gar nicht wissen, was sie dazu zu sagen hatte. Stattdessen wollte er in sich das Gefühl des bitteren Verrats von damals aufrechterhalten - aber jetzt war es zu spät, die Bemerkung war heraus.
Isabel erstarrte. „Ich will nur nicht, dass dir ein Leid geschieht.“
Seltsamerweise glaubte er ihr. Soweit es die Dunkelheit erlaubte, blickte er sich in der trostlosen Zelle um. Außer der Bettstatt aus altem Stroh und einer mottenzerfressenen Wolldecke sowie einer halb leeren Schüssel, deren Inhalt er lieber nicht genauer wissen wollte, enthielt der Raum nichts.
„Wie ich sehe, macht Frasyer seiner Geliebten den Aufenthalt so bequem wie möglich.“
Sie errötete, doch wandte sie sich nicht ab, als sie ihn fragte: „Warum bist du gekommen?“
Er ließ sie frei. „Weil Symon mich darum gebeten hat.“
Als er den Namen ihres Bruders nannte, wich alles Blut aus ihrem Gesicht. Dann aber ließ die Hoffnung ihr Gesicht aufblühen wie der Frühling eine Rose.
„Symon?“ Sie zeigte ein vorsichtiges Lächeln und trat zu ihm.
„Er lebt? Heilige Jungfrau, ich danke dir. Und ich war mir sicher, dass er tot ist.“ Sie legte Duncan die Hand auf den Arm. „Wo ist er? Ich muss ...“
„Isabel.“ Als sie seine raue Stimme hörte, rutschte ihre Hand herunter. In Duncans Kopf begann es, dumpf zu pochen. Ein Missverständnis! Keinesfalls hatte er ihr Hoffnungen machen wollen, aber jetzt schaute sie ihn erwartungsvoll an.
„Duncan?“ In ihren goldbraunen Augen schimmerte immer noch so etwas wie Vertrauen. Da er nicht antwortete, ballte sie ihre zitternden Hände zusammen. „Wo ist Symon?“
Es fiel ihm schwer, ihr die Wahrheit zu sagen, und doch konnte er sich nicht davor drücken. Er reichte ihr die Stickerei. „Symon ist tot.“
„Tot?“ Isabel rang nach Atem, als sie das kostbare Stoffstück umklammerte. Sie hatte sich hinreißen lassen, hatte sich ausgemalt, er würde noch leben, einfach weil sie an das Unmögliche hatte glauben wollen. Die Zelle rund um sie verschwamm vor ihren Augen.
Symon.
Ihr Bruder, Vertrauter, Freund.
Tot.
Verloren in einem Nebel fühlte sie, wie Duncan sie stark und entschlossen an der Schulter fasste und an seinen tröstenden Körper zog, um sie zu stützen.
„Es tut mir leid.“
Sein geflüstertes Beileid drang langsam in ihr Bewusstsein. Wie hatte sie nur so dumm sein können, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen und anzunehmen, ihr Bruder würde noch leben? Alles, was sie jetzt noch wollte, war, sich ganz fest an Duncan zu schmiegen. Nur er konnte sie gegen diese furchtbare Wahrheit beschützen, die ihr das Herz zerriss. Konnte man nicht so tun, als hätte es die letzten drei Jahre nie gegeben? Als wäre Symon gesund und munter und als wäre Duncans Umarmung das Natürlichste von der Welt, nicht nur eine Geste, mit der er ihr kurz Trost schenkte?
Ein Schrei im Hof holte sie in die
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