Der schottische Verfuehrer
ausließen. Eine der Wachen schrie etwas. Aus einiger Entfernung antwortete jemand. Es dauerte lange, aber schließlich wurden die Geräu-sche immer leiser, bis die Männer endlich die Suche im oberen Geschoss aufgaben.
Duncan seufzte befreit auf. „Die Wächter werden erst einmal wieder unten weitermachen. Und bei der Größe von Frasyers Burg kann es etwas dauern, bis sie erneut hier aufkreuzen.“ „Mag sein. Aber du kannst dir sicher sein, dass sie nicht eher ruhen, bis sie mich gefunden haben.“
Wie Duncan sich eingestehen musste, hatte sie vermutlich recht. „Wir können noch immer fliehen. Jetzt sofort.“
Isabels Miene war eindeutig. „Ich gehe nicht. Nicht ohne die Bibel meiner Mutter.“
„Also gut“, meinte er. Nichts anderes hatte er erwartet. „Dann werde ich dafür sorgen, dass die Wächter nicht hierher zurückkehren, bevor wir die Heilige Schrift in Händen halten.“
„Wie willst du das machen?“
„Ich werde sie ablenken. Das verschafft uns Zeit, um die Bibel ausfindig zu machen und anschließend zu fliehen.“
„Nein. Das ist viel zu gefährlich, solange die Männer noch überall in der Burg umherschwärmen. Aber ich kenne mich hier aus, darum kann ich ...“
„Niemals.“
Sie schaute ihn mit stechendem Blick an. „Mein Leben steht genauso auf dem Spiel wie deins. Wenn du glaubst, ich würde hier ruhig weiter knien, dann kennst du mich schlecht.“
Mit ein paar entschlossenen Schritten war er bei ihr und nahm ihren Kopf zwischen die Hände, bis sie ihn anschauen musste. „Habe ich dich denn jemals gekannt?“ Er hatte es ausgesprochen, ehe er sich besinnen konnte.
In ihren Blick schlich sich etwas Sanftes, und ihr Mund öffnete sich. „Duncan ...“
Er ließ sie los und trat zurück, wütend, weil er sich nicht kontrolliert hatte. „Du wartest hier. Und glaub nicht, dass ich nachgeben werde.“
Isabel schaute ihn unverwandt an. Schon oft hatte er diesen störrischen Blick bei ihr gesehen; nur ungern folgte sie seinen Anordnungen. Sie wollte noch etwas einwenden, doch ein resignierter Ausdruck in ihren Augen verdrängte ihre Aufsässigkeit. Vermutlich dachte sie an ihren Vater.
„Was willst du unternehmen?“, fragte sie schließlich.
„Mir wird schon etwas einfallen.“ Vorfreude erfüllte ihn bei dem Gedanken, dem Schuft Frasyer einen weiteren schweren Schlag zu versetzen. „Sobald ich zurückkomme, werden wir die Bibel retten.“
Als er die Heilige Schrift erwähnte, senkte sie ihren Blick zu Boden.
Sie schien ihm ausweichen zu wollen. Ein lächerlicher Gedanke drängte sich ihm auf. „Weißt du etwa, wo die Bibel ist?“
4. Kapitel
Isabel, sag mir, ob du weißt, wo die Bibel ist.“
Ein Flüstern, mehr war Duncans Bitte nicht. Isabel begegnete seinem fragenden Blick und wünschte sich, es zu wissen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.“
Seine grünen Augen verfinsterten sich. „Warum hast du dann den Eindruck erweckt, du wüsstest es?“
Sie fühlte sich nicht schuldig, schließlich hatte sie ihm genügend Gelegenheiten eingeräumt, um zu gehen. „Ich wollte dich überzeugen, mich alleine zurückzulassen.“
„Und selbst wenn ich jetzt gehe: Erwartest du wirklich, genügend Zeit zu haben, um gründlich nach der Bibel zu suchen? Bei all den Wachen, die die Burg nach dir durchkämmen?“
„Ich muss es einfach versuchen.“
Unten hörte man erneut die Wachen etwas rufen. Es war offensichtlich, dass sie noch immer keine Spur hatten.
„Hast du vielleicht eine Idee, wo Frasyer die Bibel versteckt haben könnte?“
Isabel nickte, wenn auch nur zaghaft, denn der Ort, an den sie dachte, war wirklich der Ort, an den sie Duncan zuallerletzt schicken wollte.
„Wo?“
Isabel riss sich zusammen. „In Frasyers Schlafgemach.“ Duncans Kiefermuskeln traten hervor. Verdammt! Seine Wangen färbten sich rot und die Augen verengten sich zu Schlitzen.
Isabel lief es kalt den Rücken herunter. Jetzt war also der Augenblick gekommen, in dem er sie alleine zurücklassen würde. Wie konnte es anders sein? Hatte sie es nicht sogar gewollt? Und dennoch schmerzte es sie.
„Sei bereit zum Aufbruch, wenn ich zurückkehre.“ Er strebte zur Tür.
Wieso zurückkehren? Wollte er nicht fortgehen? „Duncan?“
Er drehte sich um, schon an der Tür. „Was?“
Seine unnachgiebige Miene reizte sie, ihn erneut herauszufordern und ihm zu sagen, dass er nicht bleiben durfte. Dieser sture ehrenwerte Dummkopf! Er schien sein Leben für sie und ihren Vater
Weitere Kostenlose Bücher