Der schottische Verfuehrer
zerknitterte Kleidung auf und wie schwer ihre müden Augen waren. „Du hast kaum geschlafen.“ Sie musste erschöpft sein, da sie ihn mehr oder weniger zu der Höhle getragen hatte, um dann Hilfe zu holen. Und offensichtlich hatte sie seit ihrer Rückkehr die ganze Zeit hier bei ihm in seinem Gemach verbracht. Schuldgefühle mochten sie zu all dem getrieben haben, aber dennoch machte er sich Sorgen um sie.
Sie zuckte mit den Achseln. „Ich habe immer wieder kurz geschlafen.“
„Aber nicht genug.“
Ihre Miene wurde zurückhaltend, als wäre sie eine Fremde. „Es geht mir gut. Wenn du dich weiter darüber aufregst, wirst du bald wieder völlig erschöpft sein.“
Er drehte sich zur Seite, um sie bequemer anschauen zu können. „Anscheinend hat das Amulett Seathan überzeugt, wie dringend ich Hilfe benötigte. Aber das erklärt nicht, wie du meinen Bruder dazu gebracht hast, jetzt für mich sorgen zu dürfen.“ Sie schaute an ihm vorbei. „Er denkt sehr pragmatisch.“
Ihre vorsichtigen Worte befeuerten seine Neugierde. Pragmatisch, aye, aber sein älterer Bruder verteidigte auch wild entschlossen die Familie. Als ihr Vater gestorben war, hatte er ohne Zögern die Erziehung von ihm, Alexander und, bis zu dessen Tod, Patrik übernommen. An dem Tag, an dem Seathan von Isabels Verrat erfuhr, hatte er geschworen, sie dürfe nie wieder einen Fuß in die Burg setzen.
Es musste also etwas Bedeutendes vorgefallen sein, wenn er sie nicht nur auf Lochshire Castle duldete, sondern sie sich sogar um Duncan kümmern durfte.
„Was hast du Seathan erzählt, damit du dich anstelle unseres Heilers um mich kümmern darfst?“
Ein Luftzug drang heulend durch das Fenster. Die Kerze flackerte auf, aber verlosch nicht. Er atmete den süßlichen Geruch von schmelzendem Wachs ein und wartete auf ihre Antwort.
Sie seufzte, ein schwacher und einsamer Klang. Tränen schimmerten in ihren Augen auf, kurz nur, dann verschwanden sie, als wären sie ein Trugbild gewesen. „Dass du beinahe gestorben wärest, als du mich befreit hast, und ich daher tief in deiner Schuld stehe.“
„Das mag wahr sein. Aber du verschweigst mir etwas.“
Da sie nicht antwortete, wurde er misstrauisch. Was mochte sie Seathan gesagt haben? Dass sie ihn liebte? Welch ein törichter Gedanke! Selbst wenn Isabel zu ihm zurückkehren wollte, gab es für ihn kein Zurück. Außerdem hätte Seathan ihr ein Liebesgeständnis niemals geglaubt.
Verärgert über seine wirren Gedanken schaute er aus dem Fenster. Es war noch Nacht, der Himmel hing voller Sterne, aber erste Streifen der Morgenröte kündigten bereits den beginnenden Tag an. Er erinnerte sich an so viele Nächte in seiner Jugend, in denen er hinausgeschaut und seinen Träumen nachgehangen hatte. Nur war er jetzt ein erwachsener Mann, und nichts war mehr wie einst.
Sein Traum, für immer mit Isabel zusammen zu sein, war zerbrochen, genauso wie sein Vertrauen zu ihr.
Leise öffnete sich die Tür und Seathan kam herein, wobei ein Ausdruck der Erleichterung über Isabels Gesicht huschte.
Duncan sah ihre Miene. Er würde alles herausfinden, aber nach Seathans strengem Blick zu urteilen, würde es quälend werden.
„Du bist also wach“, sagte sein Bruder.
„Aye.“
Neben Duncan sagte Isabel steif: „Mylord.“
Seathan schaute sie ernst an und meinte: „Lasst uns alleine.“
8. Kapitel
Isabel zuckte bei Seathans Befehl zusammen. Duncan entging nicht der gepeinigte Ausdruck auf ihrem Gesicht. Was mochten die beiden nur miteinander beredet haben, während er schlief? Nun, er würde es bald erfahren, das verriet ihm der Zorn in Seathans Augen.
„Er ist gerade erst aufgewacht“, mahnte Isabel, „und braucht noch Ruhe.“
Seathan trat zum Bett und schickte sie mit einem Kopfnicken fort. „Ich werde mich um ihn kümmern.“
„Wie Ihr wünscht.“ Nervös schaute sie zu Duncan, dann ging sie, die Tür hinter sich schließend.
Die beiden Brüder schwiegen, die Atmosphäre zwischen ihnen war höchst angespannt.
Seathan starrte Duncan an. „In deiner Nachricht stand, du seiest den Rebellen zur Hilfe geeilt. Du hast absichtlich Alexander und mir Symons Tod und dein Versprechen ihm gegenüber verschwiegen. Kannst du mir bitte erklären, warum?“
Duncan setzte sich aufrecht hin, indem er sich mit den Armen abstützte. Die Bewegung ließ seinen Kopf beinahe explodieren. Jeder Zoll seines Körpers schmerzte, und eine unendliche Müdigkeit erfüllte ihn. Aber trotz allem hatte er Glück gehabt.
Weitere Kostenlose Bücher