Der schottische Verfuehrer
von dem weitergegeben zu haben, was Ihr wusstet?“, fragte Alexander.
„Ich hätte Frasyer niemals von Wallaces Versteck erzählt. Und ebenso nichts anderes über die Rebellen.“ Sie unterdrückte ihre Verärgerung. „Es ist lächerlich, so etwas auch nur zu glauben. Hätte ich es ihm erzählt, hätte Frasyer dann nicht schon längst Wallace ergriffen, da König Edward ihn doch unbedingt ausschalten will?“
Alexander schüttelte angewidert den Kopf. „Das ergibt alles keinen Sinn. Ein schönes Durcheinander ist das, was Ihr da erzählt. Aber feststeht: Frasyer weiß jetzt, dass Ihr Informationen zu den Rebellen habt.“
„Ja.“ Sie schaute zu Duncan und begegnete seinem Blick, ohne auszuweichen. „Wie ich Duncan bereits erklärt habe, wurde ich ins Verlies gesperrt, weil ich Wallace nicht verraten habe.“ „Das beantwortet meine Frage, warum der Earl Euch gefangen gehalten hat“, meinte Seathan, „aber nicht die Frage, warum Ihr nichts über die Bibel Eurer Mutter gesagt habt.“
Duncans Blick wurde schärfer, als sie zögerte. „Los, erzähl es.“
Sie reckte ihr Kinn noch ein wenig weiter nach oben. „Ich habe keinen Grund gesehen, es Euch mitzuteilen. Ich bin es, die die Bibel finden und Lord Monceaux als Beweis überbringen muss.“ „Und wenn Ihr sie tatsächlich finden würdet“, wollte Seathan wissen, „wie würdet Ihr sie dann zum Lord bringen?“
„Ich werde einen Weg finden“, antwortete sie.
„Im tiefsten Winter, mit einem Schneesturm, der über uns hinwegfegt, und Frasyers Leuten, die jetzt wahrscheinlich schon auf Rothfield Castle angelangt sind?“, erkundigte sich Alexander ungläubig. „Selbst wenn Ihr heute noch aufbrechen solltet, glaubt Ihr wirklich, Ihr würdet es noch rechtzeitig zu Lord Monceaux schaffen, um das Schicksal Eures Vaters zu wenden?“ Verdrossen schaute sie zu Boden und fluchte still. „Er ist mein Vater. Frasyer hat mir vierzehn Tage Zeit gegeben, um ihm Wallaces Aufenthalt zu verraten. Bis dahin wird man meinen Vater nicht hängen.“
„Und du nimmst ihm das ab?“, fragte Duncan ruhig.
Bis zu diesem Augenblick hatte sie nicht erwogen, Frasyer könnte gelogen haben. Bei allen Heiligen! Sie rang ihre aufkommende Angst nieder. „Er hat es versprochen.“ Was würde es ihr bringen, an Frasyers Wort zu zweifeln? Aber während sie noch sprach, wurde ihr klar, wie wenig man - wie wenig sie - seiner Versicherung glauben konnte.
Kalt strömte es durch ihre Adern, ein eisiger Fluss, der jede Wärme aus ihrem Körper vertrieb. „Ihr habt recht. Um Wallace zu finden und ihn an König Edward auszuliefern, würde Frasyer alles tun.“ Hatte sie mit ihrer Flucht das Todesurteil für ihren Vater gesprochen? Sie klammerte sich an die Hoffnung, Frasyer würde ganz von der Suche nach ihr eingenommen sein und hätte deshalb die Frist noch nicht aufgehoben, die er ihr eingeräumt hatte. „Egal, was alles sein könnte, ich kann einfach nicht anders, als weiter darauf zu vertrauen, dass mein Vater noch lebt. Und ich werde alles tun, um rechtzeitig zu ihm zu gelangen.“ „Also werdet Ihr auch nach Moncreiffe Castle zurückgehen, um die Bibel zu suchen?“, fragte Seathan ruhig.
Sie schaute Duncan vorwurfsvoll an. Warum hatte er davon erzählt? Sie stellte sich Seathans Blick. „Ja.“
Er nickte seinen Brüdern zu. „Lasst uns alleine. Ich möchte mit Isabel reden.“
Duncan blieb wie angewurzelt stehen. Seine Überraschung zeigte Isabel, er hatte nicht mit der Bitte seines Bruders gerechnet.
Als er weiter zögerte, wies Seathan zur Tür. „Geh!“
Duncan warf Isabel noch einen letzten Blick zu, dann ging er hinaus, gefolgt von Alexander.
Die Tür schlug zu, und in dem großen Raum gab es einen unheilvollen Widerhall.
Alleine mit Seathan, der sie musterte, hielt Isabel den Atem an und bereitete sich auf das Schlimmste vor.
Isabel verließ das Burggebäude, um eine Zeit lang ungestört auf dem Hof zu sein. Sie war sich bewusst, dass ihr versteckte Blicke aus dem großen Saal folgten und man sich hinter ihr neugierig irgendwelche Dinge zuflüsterte. Ein kalter Wind umtoste sie und peitschte den Schnee auf, während sie auf dem steinernen Innenhof umherschritt, ihren Überwurf fester an sich ziehend. Seathans Befragung hatte sie erschöpft.
Zum Glück hatte er Duncan aufgefordert, den Raum zu verlassen. Sie hätte es sich denken können, dass Seathan aufgefallen war, wie sehr sie Duncan noch immer liebte - allein daran, wie sie ihn gepflegt hatte. Hatte
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