Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
Regung in McKees Mimik achtend.
»Nein«, erklärte McKee schließlich in bestimmtem Ton. Auch sein Gesichtsausdruck war die ganze Zeit über fest geblieben. »Ich kann nur sagen, dass bei keinem dieser anderen Namen irgendetwas bei mir klingelt. Natürlich werde ich Sie informieren, falls mir später noch etwas einfallen sollte.«
»Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar«, sagte Parrish, zog eine Visitenkarte hervor und schob sie über den Tisch.
Nachdem McKee das Zimmer verlassen hatte, schwiegen Parrish und Radick eine Weile.
»Ich habe nichts Verdächtiges an ihm entdeckt«, ergriff Radick schließlich das Wort. »Na gut, vielleicht hat er irgendwann einmal ein paar Pornomagazine besessen. Na und? Die meisten Leute würden es für abnormal halten, wenn ein Kerl sich nicht irgendwann einmal ein paar Pornos kauft.«
»Ich dagegen glaube, dass so etwas einen ausreichenden Grund für eine Verhaftung darstellt«, erwiderte Parrish mit bitterem Lächeln. »Tatsache ist, dass er mir kaum anders vorgekommen wäre als alle, mit denen wir vorher gesprochen haben, wenn da nicht die paar Sätze von Mr Lavelle gefallen wären, die mich ein wenig beeinflusst haben.«
»Mir ist bis jetzt keiner verdächtig vorgekommen. Sie alle wirken wie anständige, verantwortungsbewusste Menschen, die versuchen, einen richtig, richtig harten Job in einem völlig beschissenen System zu erledigen.«
Parrish beugte sich vor. »Einverstanden, aber wir haben bisher mit – wie vielen? – mit vierzehn Männern gesprochen. Heute erwarten uns noch zwölf, und dann noch mal gut zwanzig am Montag.«
»Ich brauche eine Pause«, erklärte Radick. »Ehrlich.«
Parrish schaute zur Uhr. »Wir müssen weitermachen«, sagte er. »Ich will im Laufe des Tages mit den Leuten hier durchkommen, dann können wir sie heute Abend und morgen überprüfen. Am Montag fangen wir mit dem Rest von vorn an.«
Radick fielen keine ernsthaften Gegenargumente ein, also widersprach er nicht. Diese Art von Arbeit ließ sich nicht aufschieben. Unter denjenigen, die bisher noch nicht befragt worden waren, würden sich Gerüchte ausbreiten, und für den Fall, dass ihr Mann sich unter ihnen befand und seine Antworten etwas Belastendes ergeben mochten, durften sie ihm keinen zeitlichen Spielraum einräumen. Wenn sie ihn nach Hause gehen ließen, vorgewarnt über ihre Untersuchung, konnte er möglicherweise belastendes Material verschwinden lassen. Zwar schien die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommen würde, ziemlich gering, doch führte der dünnste Faden hin und wieder zu den entscheidenden Spuren.
Radick und Parrish machten weiter – andere Gesichter, dieselben Fragen und immer wieder die Namen der Mädchen. Es kam so, wie Parrish erwartet hatte. Im Grunde sahen sie sich herzensguten Menschen gegenüber, vielleicht ein wenig abgestumpft, ein bisschen erschöpft durch die Frustrationen eines Berufs, dessen Basis das Bedürfnis zu helfen darstellte. Auf den ersten Blick zumindest schienen die Männer nicht mehr oder nicht weniger zu sein als das, was zu sein sie behaupteten. Als sie mit allen fertig waren, erinnerte er sich eigentlich nur an Harold Kinnear und Richard McKee. An Kinnear wegen seiner nachdenklich machenden Kommentare, an McKee einfach wegen Lavelles Bemerkung zu seinen Pornoheften.
Lavelle war der Letzte. Inzwischen war es nach sechs Uhr. Die Büros waren mittlerweile verwaist, und Parrish und Radick fühlten sich geistig ziemlich erschöpft.
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen sollte«, begann Lavelle. »Ich habe draußen mit den Leuten geredet. Einige erinnern sich an die Mädchen, andere nicht. Ich glaube nicht, dass ich mit irgendeinem der Fälle persönlich zu tun hatte, und kann mich auch nicht erinnern, mit einem der Mädchen je gesprochen zu haben. Allerdings sind ein Teil der Akten über meinen Schreibtisch gegangen, als es um die Verteilung der Zuständigkeiten ging, verstehen Sie? Die Sache ist die … nun, man erwartet ja nicht, dass so etwas passiert, und man kann niemals vorhersagen, welche Jugendlichen in Schwierigkeiten geraten. Also kann man nichts anderes tun, als alle auf genau die gleiche Art und Weise zu behandeln. Ganz ehrlich, für die meisten von uns gibt es keinen bestimmten Fall, der wichtiger ist als irgendein anderer.«
»Und erschien Ihnen in den Bürogesprächen heute Nachmittag – sowohl mit den Männern, die schon bei uns gewesen waren, als auch mit denen, die noch auf ihre Befragung warteten – irgendeine Bemerkung
Weitere Kostenlose Bücher